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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Definitiv; Definitivum; Definitoren; Definitorium; Definītum; Defiziént

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Definitiv - Defizient.

terie), als der Art, in welcher dieselben untereinander verbunden sind (was die Form desselben genannt wird). In der D. des Begriffs Mensch = sinnlich-vernünftiger Erdenbewohner machen die Merkmale: sinnlich-vernünftig, Erde, Bewohner, die Materie, dagegen die Anordnung derselben, durch welche der Hauptbestandteil: Bewohner, durch die Angabe des Wohnorts: Erde, auf diese eingeschränkt und durch die nähere Bestimmung der Sinnlichvernünftigkeit von andern Erdenwesen unterschieden wird, die Form der D. aus. Dieselbe ist eine bloße Namenerklärung (Nominaldefinition), wenn sie keinen weitern Wert hat, als anzugeben, welchen Sinn der Definierende mit einem gewissen Wort (Namen, nomen) verbinde; dagegen ist sie eine Sacherklärung (Realdefinition), wenn sie denjenigen Sinn angibt, der von jedermann mit einem gewissen Wort verbunden werden muß, wenn dasselbe einen richtigen und gültigen (d. h. der Sache gemäßen) Begriff bezeichnen soll. Jene hat sowie alles, was aus derselben (wenn auch folgerichtig) abgeleitet wird, nur für den Definierenden (subjektive), diese dagegen sowie die daraus gezogenen Konsequenzen für jedermann (objektive) Geltung. Solange nicht ausgemacht ist, ob eine gewisse D. eine wirkliche Sach- oder eine bloße Namenerklärung sei, ist ihre Geltung daher eine bloß provisorische; jene Untersuchung selbst aber fällt mit der Aufgabe wissenschaftlicher Forschung überhaupt zusammen, welche darin besteht, wahre, d. h. für jedermann gültige (objektive), Begriffe zu schaffen. Dieselbe wird je nach der verschiedenen Natur der zu definierenden Begriffe auf verschiedene Weise geführt werden müssen, anders bei rein empirischen und wieder anders bei mathematischen und im engern Sinn philosophischen (logischen, metaphysischen und ästhetischen) Begriffen, und die Anweisung zu derselben gehört daher in die Methodenlehre der besondern Wissenschaften. Dagegen lassen sich gewisse Eigenschaften angeben, welche jede D. notwendig besitzen muß, widrigenfalls sie unmöglich eine sachgemäße sein, die sie aber auch besitzen kann, ohne darum eine solche sein zu müssen. Dazu gehört: daß sie widerspruchsfrei sei, d. h. daß die von ihr zu einem Ganzen vereinigten Merkmale sich nicht untereinander ausschließen, z. B. rundes Viereck (daß sie keine contradictio in adjecto [s. d.] enthalte); ferner, daß sie vollständig sei, d. h. alle diejenigen Merkmale umfasse, welche im Inhalt eines gewissen Begriffs wirklich gedacht werden; weder zu weit, indem sie statt des Inhalts, welcher dem zu definierenden Begriff allein, einen solchen angibt, der ihm mit andern gemeinsam eigen ist, z. B. ein ebenes Dreieck ist ein System dreier Punkte (wobei der Umstand vergessen ist, daß diese nicht in derselben Geraden liegen dürfen); noch zu eng, indem sie statt des Inhalts des zu Definierenden denjenigen angibt, der nur einer Art desselben eigen ist, z. B. Catos D., ein Redner sei ein Mann, der trefflich und im Reden erfahren sei (da es doch auch Redner geben kann, die nicht eben treffliche Männer sind). Endlich gehört zu den Vorbedingungen einer guten D., daß sie dasselbe Merkmal nicht (versteckt oder offen) zweimal, und ebenso, daß sie den zu definierenden Begriff nicht selbst (heimlich oder augenscheinlich) in sich aufnehme, d. h. daß sie weder überfüllt noch eine Zirkelerklärung sei. Ersterer Fehler findet bei folgender Erklärung der Parallellinien statt: daß sie Linien seien, welche, in derselben Ebene gelegen, bei gleicher Richtung überall gleiche Abstände voneinander haben, da letztere Eigenschaft schon aus den beiden erstern folgt. Letzterer Fehler dagegen zeigt sich in der D. des vernünftigen Lebens, welche die stoische Schule gab, wonach dasselbe in der Übereinstimmung mit der Natur bestehen soll, während diese selbst als Weltenvernunft verstanden, das Vernunftgemäße daher durch sich selbst definiert wird. Weitere Fehler der D. sind: die Tautologie, wo statt des Inhalts des Begriffs nur ein gleichbedeutendes Wort (z. B. Lebenskraft = Kraft des Lebens); das Hysteron-Proteron, wo statt der Inhaltsangabe ein Begriff gesetzt wird, dessen Gültigkeit von jener des zu Definierenden abhängt (z. B. Größe ist das der Vermehrung und Verminderung Fähige, beides setzt die Erklärung der Größe schon voraus); die Substituierung eines bloßen (wenn auch noch so treffenden) Bildes (z. B. Platons Erklärung, daß das Gute die Sonne im Reich der Ideen sei); die Angabe des Umfanges des Begriffs statt seines Inhalts (z. B. Kegelschnitt ist diejenige Kurve, welche entweder Kreis, Parabel, Ellipse oder Hyperbel ist). Bei der Unzulänglichkeit bloßer Nominal- und der Seltenheit wirklicher Realdefinitionen (deren Ersetzung durch jene namentlich in der Philosophie oft zu den nachteiligsten Folgen geführt hat, wovon Spinozas D. des Substanz- und Fichtes D. des Ichbegriffs Beispiele liefern) kann die Stelle der D. durch die Angabe des nächsten Gattungsbegriffs und des spezifischen Artmerkmals (z. B. Phanerogamen sind Pflanzen mit sichtbaren Befruchtungswerkzeugen) vertreten werden, durch welche die Stellung des Begriffs sowohl nach oben zu dem zunächst übergeordneten als nach der Seite zu den ihm nebengeordneten angegeben, seine Stelle im System also genau angegeben ist, daher sich die klassifizierenden (besonders die beschreibenden Natur-) Wissenschaften dieser Form zu bedienen pflegen. Auch genügt oft zu besondern Zwecken eine bloße Verständigung durch Hervorhebung eines besonders charakteristischen Merkmals oder statt der Verdeutlichung des Begriffs (durch die D.) eine Veranschaulichung desselben durch die Beschreibung seines Gegenstandes entweder im fertigen oder im Zustand des Werdens (sogen. genetische D., welche jedoch als Konstruktion des Gegenstandes des Begriffs, z. B. der Kreisfigur, nicht mit der Konstruktion des Begriffs, d. h. mit dessen allmählicher Zusammensetzung aus seinen Merkmalen, zu verwechseln ist).

Definitiv (lat.), entscheidend, bestimmt.

Definitivum (lat.), in der Sprache der Diplomatie eine endgültige Erklärung oder Vertragsbestimmung; auch die endgültige Regelung eines Rechtsverhältnisses, im Gegensatz zu einem Provisorium, einer nur vorläufigen Ordnung der Dinge. In diesem Sinn stellt man auch dem provisorisch zu einem Amt Berufenen den definitiv Angestellten gegenüber.

Definitoren (lat.), s. Definitorium.

Definitorium (lat.), bei den Mönchsorden eine Anzahl in den Provinzialkapiteln gewählter Mönche, welche dem General oder Provinzial in allen wichtigen Ordensangelegenheiten beizustehen und mit ihm oder statt seiner die Visitation der Klöster zu besorgen hatten; in der protestantischen Kirche meist s. v. w. Konsistorium. Die in dem D. Angestellten heißen Definitoren.

Definītum (lat.), der zu definierende, wie Definiens, der oder die definierenden Begriffe. Vgl. Definition.

Defiziént (lat.), ein Fehlender, Abtrünniger, Schuldner, Invalide; daher Defizientenpriester, im katholischen Kirchenwesen ein zur Thätigkeit als Seelsorger untauglich gewordener Priester.