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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dieburg; Diechlinge; Dieckhoff; Diede

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Dieburg - Diede.

Wegnahme von Getreide oder andrer zur Fütterung des Viehs bestimmter oder geeigneter Gegenstände wider Willen des Eigentümers, um dessen Vieh damit zu füttern, kein eigentlicher D., sondern eine in unserm Strafgesetzbuch (§ 370, Ziff. 6) mit besonderer Strafe bedrohte Übertretung.

Was die verschiedenen Einteilungen des Diebstahls anbelangt, so unterscheidet man zwischen gemeinem und privilegiertem D., indem unter letzterm der durch eine mildere Behandlungsweise ausgezeichnete zu verstehen ist. In diese Kategorie gehört aber namentlich der sogen. Haus- oder Familiendiebstahl. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 247) tritt nämlich in Ansehung eines Diebstahls, der gegen Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Adoptiv- und Pflegeeltern und Kinder, Geschwister und deren Ehegatten oder Verlobte oder gegen Vormünder oder Erzieher begangen wurde, strafrechtliche Verfolgung nur auf Antrag des Bestohlenen ein. Dasselbe gilt von Diebstählen zum Nachteil von Personen, zu welchen der Dieb im Lehrlingsverhältnis steht, oder in deren häuslicher Gemeinschaft als Gesinde er sich befindet, wofern nur Sachen von unbedeutendem Werte den Gegenstand des Vergehens bilden. Diebstähle, von Verwandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den andern begangen, bleiben ganz straflos. Auch der sogen. Mundraub gehört hierher, d. h. die Entwendung von Nahrungs- oder Genußmitteln von unbedeutendem Wert oder von geringer Menge zum alsbaldigen Verbrauch, welche von der modernen Strafgesetzgebung nicht als eigentlicher D., sondern als bloße Übertretung mit Geldstrafe oder Haft belegt wird. (Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 370, Ziff. 3.) Zu dem privilegierten D. sind auch der sogen. Forst- oder Holzdiebstahl, d. h. die Entwendung von Holz oder sonstigen Waldprodukten aus Forsten oder unter Forstschutz stehenden Orten, und der sogen. Felddiebstahl die Entwendung von Bodenerzeugnissen vom Feld, zu rechnen. Derartige Entwendungen werden bei Geringfügigkeit der entwendeten Forst- oder Feldprodukte nach den Forststrafgesetzbüchern und Feldpolizeiordnungen der einzelnen deutschen Staaten mit viel geringerer Strafe als der gemeine D. belegt. Eine weitere wichtige Einteilung ist die in einfachen und ausgezeichneten oder schweren D., welch letzterer dann vorliegt, wenn ein D. unter besonders erschwerenden Umständen verübt wurde. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch wird ein D. als schwerer bestraft, wenn er mittels Einbruchs oder Einsteigens in ein Gebäude oder einen umschlossenen Raum, oder mittels Erbrechens von Behältnissen, oder mittels Anwendung falscher Schlüssel oder andrer zur ordnungsmäßigen Eröffnung von Behältnissen oder Thüren nicht bestimmter Werkzeuge verübt wurde; ferner, wenn aus einem zum Gottesdienst bestimmten Gebäude dem Gottesdienst gewidmete Gegenstände gestohlen werden; wenn auf einem öffentlichen Weg, einer Eisenbahn, in einem Postgebäude oder an einem andern öffentlichen Ort Gegenstände der Beorderung mittels Abschneidens oder Ablösens der Befestigungs- oder Verwahrungsmittel, oder durch Anwendung falscher Schlüssel oder andrer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmter Werkzeuge entwendet werden; wenn der Dieb bei Begehung des Diebstahls Waffen bei sich führte; wenn der D. von mehreren ausgeführt wurde, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder D. verbunden haben; endlich, wenn der D. zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude, in welches sich der Thäter in diebischer Absicht eingeschlichen oder in dem er sich verborgen hatte, verübt worden ist. Was die Bestrafung des Diebstahls anbelangt, so ist die regelmäßige Strafe in Deutschland jetzt Freiheitsstrafe, neben welcher die französische Gesetzgebung fakultativ, die belgische obligatorisch auch Geldstrafe statuiert. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch wird der einfache D. mit Gefängnis bis zu 5 Jahren bestraft, so daß also die Minimalstrafe 1 Tag Gefängnis ist. Der schwere oder ausgezeichnete D. dagegen wird mit Zuchthaus von 1 bis zu 10 Jahren geahndet. Der Wert der entwendeten Sache ist ein Strafausmessungsgrund. Als besonderer Straferhöhungsgrund gilt der wiederholte Rückfall, und zwar läßt das deutsche Strafgesetzbuch eine strengere Bestrafung beim dritten D. eintreten. Es bestraft nämlich denjenigen, welcher im Inland als Dieb, Räuber oder gleich einem solchen oder als Hehler bestraft worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen begangen hat und wegen derselben bestraft worden ist, wenn er nun wiederum einen einfachen D. begeht, mit Zuchthaus bis zu 10 und, wenn er einen schweren D. begeht, mit Zuchthaus von 2 bis zu 15 Jahren. Beim Vorhandensein mildernder Umstände kann jedoch auch beim dritten ebenso wie beim schweren D. auf Gefängnis, jedoch nicht unter 3 Monaten, erkannt werden. Übrigens ist es zulässig, neben der wegen Diebstahls erkannten Gefängnisstrafe auch auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben der wegen Diebstahls erkannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht mit zu erkennen. Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 242-245, 247, 248.

Dieburg, Kreisstadt in der hess. Provinz Starkenburg, an der Gersprenz und an der Eisenbahn von Darmstadt nach Aschaffenburg, in einer weiten Ebene nördlich vor dem Odenwald gelegen, hat ein Amtsgericht, 2 freiherrliche Schlösser, eine evangelische und eine kath. Kirche, ein schönes Stadthaus, eine Strafarbeitsanstalt für Arbeitsscheue und (1880) 4250 Einw. (darunter 340 Evangelische und 169 Juden), welche Blechwarenfabrikation, Rot- und Weißgerberei, Leinweberei und Töpferei betreiben; in der ehemaligen Burg Stockau befindet sich jetzt eine bedeutende Stärkemehlfabrik. D. ist römischen Ursprungs, wie die aufgefundenen Münzen, Aschenurnen u. dgl. und ein in der Altstadt entdecktes römisches Bad beweisen. Gegen Ende des 13. Jahrh. kam es an das Erzstift Mainz und 1802 an Hessen.

Diechlinge, in der mittelalterlichen Rüstung die zum Schutz der Schenkel dienenden Platten, welche anfangs aus Einem Stück bestanden, später aber zum Zweck größerer Bequemlichkeit in mehrere Metallstreifen gegliedert wurden. Man nannte sie auch Beintaschen. Vgl. Rüstung.

Dieckhoff, August Wilhelm, streng luther. Theolog, geb. 5. Febr. 1823 zu Göttingen, wirkte als Professor der Theologie daselbst seit 1854 und in Rostock seit 1861. Unter seinen Schriften nennen wir: "Die evangelische Abendmahlslehre im Reformationszeitalter" (Götting. 1854, Bd. 1); "Luthers Lehre von der kirchlichen Gewalt" (Berl. 1865); "Schrift und Tradition. Widerlegung der römischen Lehre vom unfehlbaren Lehramt" (Rostock 1870); "Die kirchliche Trauung, ihre Geschichte im Zusammenhang mit der Entwickelung des Eheschließungsrechts etc." (das. 1878); "Der Ablaßstreit dogmengeschichtlich dargestellt" (Gotha 1885). Mit Kliefoth gab er 1860-64 zu Schwerin die "Theologische Zeitschrift" heraus.

Diede, Charlotte, die "Freundin" W. v. Humboldts, geb. 1769 zu Lüdenhausen (Lippe) als Toch-^[folgende Seite]