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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dreißigjähriger Krieg

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Dreißigjähriger Krieg (der böhmische, der pfälzische, der niedersächsisch-dänische Krieg).

pen zurück und verbanden sich mit den Protestanten in Mähren und Schlesien. Als nach Matthias' Tod (20. März 1619) Ferdinand II., der erbittertste Verfolger des Protestantismus, Beherrscher von Österreich wurde, war jede Hoffnung auf gütlichen Vergleich verschwunden. Obwohl der Zug, den Graf Thurn mit dem siebenbürgischen Fürsten Bethlen Gabor im Juni bis vor die Mauern von Wien machte, erfolglos war, so weigerten sich die Stände von Böhmen, Mähren und Schlesien dennoch, Ferdinand als König anzuerkennen, und wählten 26. Aug. statt seiner das Haupt der Union, den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, zu ihrem König, welche Würde derselbe auch annahm, obwohl er keineswegs der geeignete Mann für eine so schwierige Stellung war. Während Friedrich die Zeit energielos verstreichen ließ, verband sich Ferdinand, welcher 28. Aug. 1619 seine Wahl zum Kaiser durchgesetzt hatte, mit dem Haupte der Liga, dem Herzog Maximilian von Bayern, wußte den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen durch die Aussicht auf den Erwerb der Lausitz zu gewinnen, zog spanische Truppen unter Spinola nach Deutschland und vermochte selbst die Union in dem Traktat zu Ulm (3. Juli 1620) dazu, daß sie an den böhmischen Wirren sich nicht beteiligte. Nachdem auch ein zweiter Angriff Thurns auf Wien erfolglos gewesen war, brach das kaiserlich-bayrische Heer in Böhmen ein und brachte dem Heer Friedrichs in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag (8. Nov. 1620) eine völlige Niederlage bei, infolge deren König Friedrich flüchtig und geächtet, Ferdinand aber Herr von Böhmen und Mähren wurde, wo er nun aufs schonungsloseste mit Konfiskationen, Verbannung und Hinrichtungen gegen die Protestanten einschritt, die Jesuiten wieder einführte, den Majestätsbrief vernichtete und so den Katholizismus wieder zur ausschließlichen Geltung brachte. Damit war der böhmische Krieg (1618-20) beendigt. Daß sich derselbe zu einem allgemeinen deutschen Krieg erweiterte, hatte seinen Grund darin, daß Kaiser Ferdinand sich mit der Wiederunterwerfung seiner Erblande nicht begnügte und nicht nur den Kurfürsten von der Pfalz seiner Kur und seiner Lande zu berauben und gänzlich zu vernichten beschloß, sondern auch die Wiederherstellung des Katholizismus in Deutschland sowie die Errichtung einer starken habsburgischen Kaisergewalt als letzte Ziele des Kriegs ins Auge faßte. Zu diesem Zweck wurde fortan der Krieg vom Haus Habsburg aggressiv geführt; die Protestanten waren völlig in die Defensive gedrängt.

Zweite Periode: der pfälzische Krieg.

Während die Union trotz der Gefahr, die nach der Niederlage der Böhmen und der Ächtung Friedrichs V. (29. Jan. 1621) dem gesamten Protestantismus drohte, unthätig blieb und sich thatsächlich auflöste, besetzten Herzog Maximilian von Bayern und die Spanier die Pfalz. So wurde diese der Kriegsschauplatz, und es folgte die zweite Periode des Kriegs, der pfälzische Krieg (1621-23). Die Sache Friedrichs wurde nach dessen Flucht geführt von dem Grafen Ernst von Mansfeld, der sich aus Böhmen bis an den Rhein durchgeschlagen hatte, von dem Herzog Christian von Braunschweig und dem Markgrafen Friedrich von Baden-Durlach, von denen die beiden erstern, ohne eigne Mittel, die Kosten für Aufstellung und Erhaltung ihrer Truppen aus den okkupierten Landen zogen und zuerst den Grundsatz, der für Deutschland so verderblich wurde, praktisch durchführten, daß der Krieg den Krieg ernähren müsse. Mansfeld und der Markgraf, die sich vereinigt hatten, schlugen den ligistischen General Tilly 27. April 1622 bei Wiesloch, trennten sich aber nach der Schlacht, worauf Tilly, durch Spanier verstärkt, dem Markgrafen 6. Mai 1622 bei Wimpfen und dem Herzog Christian 20. Juni bei Höchst eine Niederlage beibrachte. Durch heuchlerische Friedensverhandlungen des kaiserlichen Hofs getäuscht, entließ der Pfalzgraf den Herzog Christian und Mansfeld aus seinem Dienst, und beide wandten sich nun nach den Niederlanden; Tilly aber besetzte ungehindert die Pfalz, nahm Heidelberg und Mannheim mit Sturm und suchte das Land durch Plünderung und Verheerung aufs härteste heim. Auch in der Pfalz wurde jetzt der Katholizismus gewaltsam wieder eingeführt. Christian brach 1623 von den Niederlanden aus von neuem in Westfalen ein, wurde aber von Tilly 6. Aug. 1623 bei Stadtlohn geschlagen, worauf er nach Holland flüchtete, während Mansfeld sich nach England begab. Dem Herzog Maximilian von Bayern wurde 23. Febr. 1623 auf dem Reichstag von Regensburg (trotz der Einwendungen Sachsens und Brandenburgs) die pfälzische Kurwürde förmlich zugesprochen.

Dritte Periode: der niedersächsisch-dänische Krieg.

Die beiden ersten Abschnitte des Kriegs hatten also mit dem entschiedenen Sieg des Kaisers und der katholischen Partei geendigt; allenthalben brach eine heftige katholische Reaktion herein, von ligistischen, kaiserlichen und spanischen Heeren unterstützt. Auch in Westfalen und Niedersachsen forderten die Katholiken auf Grund des geistlichen Vorbehalts die evangelisch gewordenen Stifter und Kirchengüter zurück, zahlreiche Klöster wurden wiederhergestellt und von Jesuiten in Besitz genommen. Obwohl hierdurch die protestantischen Fürsten Norddeutschlands in ihrem Besitzstand ernstlich bedroht wurden, vermochten sie sich dennoch nicht zu einem gemeinschaftlichen Einschreiten gegen diese Übergriffe aufzuraffen; namentlich Sachsen, das 1623 die Lausitz erhalten, und Brandenburg waren unentschlossen und schwankend. Nur die Stände des niedersächsischen Kreises unter Führung des Herzogs von Holstein, König Christians IV. von Dänemark, verbündeten sich und rüsteten sich zur Abwehr der kaiserlichen und ligistischen Truppen. 1625 begann der niedersächsisch-dänische Krieg. Mansfeld und Christian von Braunschweig traten jetzt abermals hervor, von Holland und England mit Geld und Truppen unterstützt. Anderseits stellte der Kaiser, um sich von der Liga und Maximilian von Bayern zu emanzipieren, ein eignes Heer unter Albrecht v. Wallenstein auf. Letzterer rückte mit 20,000 Mann gegen Mansfeld, schlug ihn 25. April 1626 bei der Dessauer Brücke und trieb ihn bis nach Ungarn, von wo sich Mansfeld, von Bethlen Gabor im Stiche gelassen, nach Bosnien wandte; er erlag 29. Nov. 1626 hier den Strapazen. Während Wallensteins Abwesenheit schlug Tilly den König Christian IV. bei Lutter am Barenberg 27. Aug. 1626, worauf Tilly und Wallenstein Norddeutschland u. die Jütische Halbinsel besetzten und Christian sich auf seine Inseln zurückzog. Wallenstein wurde zum Herzog von Mecklenburg und zum "General des baltischen und des ozeanischen Meers" ernannt; die Bildung einer großen kaiserlichen Flotte und die Übertragung des Kampfes gegen Dänemark, Schweden und Holland auf die See wurden geplant. Jedoch scheiterten diese Absichten schließlich an der Weigerung der Hansa, sie zu unterstützen, und an dem hartnäckigen Widerstand Stralsunds (1628). Kaiser Ferdinand wandte sich, nachdem er 12. Mai 1629 dem Dänenkönig den Frieden von Lübeck bewilligt hatte, in dem derselbe gegen das Versprechen, sich nicht weiter in die deutschen Angelegen-^[folgende Seite]