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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dreißigjähriger Krieg

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Dreißigjähriger Krieg (der schwedisch-deutsche Krieg).

heiten einzumischen, seine Lande zurückerhielt, mit um so größerer Entschiedenheit der Ausführung seines heißesten Wunsches, der Ausrottung der Ketzerei, zu. Zu diesem Zweck erließ er 6. März 1629 das Restitutionsedikt, nach welchem alle unmittelbaren und mittelbaren, seit dem Passauer Vertrag eingezogenen Stifter (wie Bremen, Magdeburg, Minden, Halberstadt, Straßburg u. a.), Klöster und andern Kirchengüter den Katholiken wieder zurückgegeben werden sollten; den katholischen Ständen, also auch den katholischen Bischöfen, welche in den zurückgeforderten Stiftern eingesetzt wurden, sollte das Recht zustehen, ihre Unterthanen zu ihrer Religion anzuhalten, und die im Augsburger Religionsfrieden zugestandene Religionsfreiheit nur den Augsburgischen Konfessionsverwandten, nicht den Reformierten verbleiben. Die strikte Durchführung dieses Edikts bedeutete die Vernichtung des Protestantismus in Deutschland. Es zwang also die protestantischen Stände, zu ihrer Rettung alles aufzubieten, und verlängerte den Krieg, der nun ein offener Religionskrieg wurde, ins Unabsehbare, zumal da der Kaiser gleichzeitig seine militärische Macht durch Entlassung Wallensteins schwächte. Das Restitutionsedikt fesselte Ferdinand wieder eng an die Liga; diese aber, namentlich ihr Haupt, Maximilian von Bayern, war mit dem militärischen Absolutismus, wie er sich im Wallensteinschen Heer geltend machte, höchst unzufrieden. Die Fürsten der Liga benutzten daher die allgemeinen Klagen der Fürsten und Städte über die Gewaltthätigkeiten und Brandschatzungen des kaiserlichen Generals und verlangten entschieden dessen Absetzung. In der That sah sich Ferdinand auf dem Kurfürstentag zu Regensburg im August 1630 genötigt, ihrem Verlangen nachzugeben; Wallenstein zog sich gleichmütig, aber innerlich tief verletzt auf seine böhmischen Güter zurück. Zu gunsten der katholischen Reaktion verzichtete also Ferdinand auf die Errichtung eines militärisch starken Kaisertums in Deutschland und auf Ausbreitung der habsburgischen Macht in Italien und den Niederlanden. Aber auch die Erreichung des ersten Ziels, die Durchführung des Restitutionsedikts, dem allein Magdeburg sich offen zu widersetzen gewagt hatte, ward gefährdet durch die Landung des schwedischen Königs Gustav Adolf auf deutschem Boden. Damit begann die vierte Periode des Kriegs: der schwedisch-deutsche Krieg.

Vierte Periode: der schwedisch-deutsche Krieg.

Es waren teils religiöse, teils politische Motive, welche Gustav Adolf zu seinem Zug nach Deutschland bewogen. Mit dem Kaiser war er schon früher bei verschiedenen Gelegenheiten, namentlich in Polen, feindlich zusammengestoßen; die Versuche desselben, seine Herrschaft über die Ostsee auszudehnen, bedrohten Schweden unmittelbar; siegte die katholische Reaktion in Deutschland, dann konnte sie sich auch über Schweden ausbreiten und das Thronrecht der katholischen Wasas in Polen benutzen, um die Herrschaft Gustav Adolfs zugleich mit dem Protestantismus zu stürzen. Richelieu bemühte sich eifrig, Gustav Adolf zum Eingreifen in den deutschen Krieg zu bewegen. Er vermittelte 1629 einen sechsjährigen Waffenstillstand mit Polen und knüpfte Allianzverhandlungen an, die 23. Jan. 1631 in Bärwalde zu einem Bündnis zwischen Frankreich und Schweden führten. Gustav Adolf landete 4. Juli 1630 mit 13,000 Mann, die sich bald durch Zuzug auf 40,000 Mann vermehrten, an der pommerschen Küste und forderte in einem Manifest die evangelischen Fürsten auf, sich an ihn anzuschließen, was aber nur sehr langsam geschah; namentlich hielten sich die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg ängstlich zaudernd zurück. Auf Veranlassung des erstern traten im Februar 1631 eine Anzahl Reichsstände zum Leipziger Konvent zusammen, der vom Kaiser Aufhebung des Restitutionsedikts, natürlich ohne Erfolg, erbat, gegen Schweden aber Neutralität beschloß. Zunächst säuberte Gustav die Gegenden bis gegen die Elbe hin von den Kaiserlichen; Tilly mußte sich vor dem schwedischen Heer schnell zurückziehen. Der König eroberte ganz Pommern und Mecklenburg, aber Magdeburg, das von Tilly belagert wurde, konnte er nicht entsetzen, solange Brandenburg und Sachsen sich ihm nicht angeschlossen hatten. Selbst ein Vorstoß auf Schlesien war vergeblich. Die Weigerung des Kurfürsten Johann Georg, dem König den Paß durch Wittenberg zu gestatten, selbst als der Brandenburger bereits sich gefügt hatte, machte es Tilly und Pappenheim möglich, 20. Mai 1631 das erschöpfte Magdeburg zu erstürmen. Das furchtbare Schicksal der Stadt entflammte aber die deutschen Protestanten zu Energie und Kampflust und trieb sie Schweden in die Arme, und als Tilly, des Kurfürsten Johann Georg bewaffnete Neutralität nicht achtend, in Kursachsen einrückte, Halle, Merseburg und Naumburg eroberte und Leipzig bedrohte, entschloß sich auch Johann Georg, den schwedischen König um Hilfe anzugehen. Gustav Adolf vereinigte sich mit der kurfürstlichen Armee bei Düben, zog 15. Sept. 1631, als die Nachricht von Leipzigs Übergabe eintraf, auf des Kurfürsten Bitte mit der vereinigten Armee gegen Leipzig und schlug Tilly in der Schlacht bei Breitenfeld (17. Sept. 1631) so entscheidend, daß sich dessen Heer fast gänzlich auflöste und nur Trümmer sich Ende 1631 in Franken wieder sammelten. Ganz Norddeutschland war mit Einem Schlag befreit. Während darauf der kursächsische General Arnim sich nach Böhmen wandte, Prag eroberte und Schlesien bedrohte, zog Gustav Adolf dem Rhein zu, bemächtigte sich der Städte Würzburg, Frankfurt a. M., Mainz und Worms, säuberte Schwaben von den Kaiserlichen und rückte im Frühjahr 1632 über Nürnberg an die Donau. Tilly nahm eine befestigte Stellung am rechten Ufer des Lech ein, um dem König den Weg nach Bayern zu versperren; die Schweden schlugen aber bei Rain eine Brücke über den Fluß und erzwangen den Übergang (15. April). Tilly erhielt hierbei die Todeswunde und starb 30. April in Ingolstadt. Gustav Adolf aber ließ sich in Augsburg huldigen und hielt, begleitet von dem vertriebenen Pfalzgrafen Friedrich V., seinen Einzug in München. Jetzt war der Kaiser in größter Bedrängnis, seine Hilfe war einzig der abgesetzte Wallenstein, der aber erst nach mancher Demütigung des Hofs und unter den für den Kaiser drückendsten Bedingungen sich im Vertrag zu Znaim (April 1632) dazu verstand, das Kommando wieder zu übernehmen. Rasch sammelte er ein Heer, eroberte Prag, vertrieb die Sachsen, deren Kurfürst sich wieder schwankend und charakterlos zeigte, aus Böhmen, zog die Reste des ligistischen Heers an sich und rückte darauf gegen Gustav Adolf, welcher bei Nürnberg ein Lager bezogen hatte. Nachdem beide Gegner fast drei Monate einander gegenübergestanden hatten und ein Angriff der Schweden auf Wallensteins Lager 3. Sept. abgeschlagen worden war, brach der König nach Bayern auf in der Hoffnung, Wallenstein werde ihm nachfolgen. Dieser aber wandte sich nach Sachsen, wohin ihm Gustav Adolf folgen mußte, um den Kurfürsten von Sachsen an einem Abfall zum Kaiser zu hindern. Bei Lützen stießen die beiden Gegner 16. Nov. 1632 wiederum zusammen. Der Sieg der Schweden