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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Elektrizität, atmosphärische - Elektrodynamik.

Diese Untersuchungen wurden von andern, namentlich in England, fortgesetzt; aber mehr als ein Jahrhundert verging wiederum, bis der Engländer Gray (1727) die Entdeckung machte, daß auch die Metalle und andre Körper, welche man bis dahin nicht elektrisch machen konnte, diese Eigenschaft erlangten, wenn sie an seidenen Fäden hingen oder auf Glas ruhten; er erkannte hiermit den wahren Unterschied zwischen Leiter und Nichtleiter. Beinahe 50 Jahre später, um 1773, unterschied Du Fay zwei Elektrizitäten und zeigte, daß die gleichartig elektrischen Körper sich abstoßen, hingegen die ungleichartig elektrischen sich anziehen. Die Erfindung der Verstärkungsflasche ward 1745 vom Domherrn v. Kleist in Pommern (daher Kleistsche Flasche) und einige Zeit später von Cunäus in Leiden (daher Leidener Flasche) gemacht. Die Vermutung, daß Blitz und Donner die Wirkung einer elektrischen Entladung seien, sprach Benjamin Franklin, der berühmte Amerikaner, zuerst entschiedener aus, zeigte auch den Weg (vermittelst des Drachen), sie zur Gewißheit zu erheben, und erfand den Blitzableiter. Ein ganz neues Gebiet der E. wurde durch Entdeckung der Berührungselektrizität von Galvani (1789) und Volta in dem nach ersterm benannten Galvanismus eröffnet. Während man bis dahin bloß die Erscheinungen des Gleichgewichtszustandes der E. im ruhenden Zustand beobachtet und studiert hatte, fand man jetzt, daß die in fortwährender Bewegung in einem Leiter begriffene E., der sogen. elektrische oder galvanische Strom, ganz neue, ungeahnte Beziehungen zu Wärme, Chemismus und Magnetismus darbot. Schon zu Anfang dieses Jahrhunderts vermochte Davy vermittelst des Stroms die Alkalien zu zersetzen und die Alkalimetalle im regulinischen Zustand auszuscheiden. Im J. 1820 entdeckte Örsted in Kopenhagen durch Zufall den Elektromagnetismus. Ampère wies 1826 die gegenseitige Einwirkung elektrischer Ströme nach. Im J. 1827 entdeckte Ohm das nach ihm benannte Gesetz der Stromstärke, Faraday entdeckte 1831 die Induktion, die Magnetelektrizität und den Diamagnetismus; 1833 erfanden Gauß und Weber den elektromagnetischen Telegraphen, 1838 Jacobi die Galvanoplastik. Das für die technische Anwendung der E. so wichtige dynamoelektrische Prinzip wurde 1866 von W. Siemens aufgestellt, und 1877 erfand Graham Bell das Telephon. Vgl. Rieß, Reibungselektrizität (Berl. 1853, 2 Bde.); Derselbe, Abhandlungen zur Lehre von der Reibungselektrizität (das. 1867); Becquerel, Traité de l'électricité (Par. 1855-56, 3 Bde.; mit der Fortsetzung: "Résumé de l'histoire de l'électricité", 1858); Kuhn, Angewandte Elektrizitätslehre (Leipz. 1866); Carl, Die elektrischen Naturkräfte (Münch. 1878); v. Beetz, Grundzüge der Elektrizitätslehre (Stuttg. 1878); Ferrini, Technologie der E. und des Magnetismus (deutsch, Jena 1878); Maxwell, Lehrbuch der E. (deutsch, Berl. 1882, 2 Bde.); Wiedemann, Lehre von der E. (Braunschw. 1882 bis 1885, 4 Bde.); Hoppe, Geschichte der E. (Leipz. 1884); Mascart und Joubert, Lehrbuch der E. und des Magnetismus (Berl. 1886).

Elektrizität, atmosphärische, s. Atmosphäre, S. 12.

Elektrizitätserreger, s. Elektromotoren.

Elektro, s. v. w. Galvano, s. Klischieren.

Elektroballistisches Pendel, s. Chronoskop.

Elektrochemie (griech.), die Lehre von der Einwirkung elektrischer Ströme auf chemische Verbindungen, s. Elektrolyse.

Elektrochemische Theorie, s. Chemie, S. 984.

Elektrochemische Zersetzung, s. Elektrolyse.

Elektrochemitypie (griech.), vom Ingenieur Josz erfundenes Verfahren der Zinkätzung, bei welchem die erste Ätzung im galvanischen Kupfervitriolbad erfolgt; dies läßt ein nur ganz leichtes Übertragen der Zeichnung, deren größere Feinheit hierdurch gewahrt wird, zu, auch wird die Fläche der Linien durch Aufstreuen und Anschmelzen eines feinen Harzpulvers wirksamer gegen die Angriffe der Ätzflüssigkeit geschützt, als es bei dem gewöhnlichen zinkographischen Verfahren der Fall ist. Das Tiefätzen erfolgt in der üblichen Weise.

Elektroden (griech.), von Faraday eingeführte Benennung für die beiden Pole einer galvanischen Batterie; der positive Pol heißt Anode, der negative Kathode. Vgl. Elektrolyse.

Elektrodynamik (griech.), die Lehre von den Bewegungserscheinungen, welche durch die gegenseitige Einwirkung elektrischer Ströme hervorgebracht werden. Die beiden auf dem Brettchen A (Fig. 1) stehenden Messingsäulchen v u. t, die oben rechtwinkelig umgebogen sind, tragen an ihren Enden stählerne, mit Quecksilber gefüllte Näpfchen y und y', von denen das erstere gerade unter dem letztern liegt. Ein zu einem Rechteck gebogener Draht cde aus Kupfer oder besser aus dem leichtern Aluminium wird mittels Stahlspitzen, die an seinen in geeigneter Weise umgebogenen Enden angelötet sind, in die Quecksilbernäpfchen des Ampèreschen Gestells (so nennt man die Vorrichtung Avyy't) eingehängt, so daß er sich um die von den beiden Spitzen gebildete Achse mit Leichtigkeit drehen kann. Verbindet man das Säulchen v durch die unten an demselben angebrachte Klemmschraube mit dem positiven, das Säulchen t mit dem negativen Pol eines galvanischen Elements (z. B. eines Groveschen), so durchläuft der positive Strom den beweglichen Leiter cde in der Richtung der Pfeile. Auf einem zweiten Brettchen B ist ein gleichfalls rechteckig gebogener Kupferdraht ab fest aufgestellt, durch welchen man mittels der Zuleitungsdrähte f und g ebenfalls den Strom eines galvanischen Elements sendet. Geht nun der positive Strom in dem Drahtstück ba von unten nach oben, also in der gleichen Richtung wie in dem nähern, zu ba parallelen Teil des beweglichen Leiters, so wird dieser von ba angezogen; kehrt man aber den Strom in ab mittels eines in den Schließungskreis fg eingeschalteten Stromwenders um, so daß er jetzt von oben nach unten fließt, so wird der bewegliche Leiter von ab abgestoßen. Es ergibt sich also, daß zwei parallele Stromleiter sich anziehen, wenn ihre Ströme gleichgerichtet sind, sich aber abstoßen, wenn die Ströme entgegengesetzte Richtung haben (Ampèresches Gesetz). Wenn ein Stromleiter rs (Fig. 2) über oder unter einem um a drehbaren Stromleiter pq weggeht, z. B. über oder unter dem wagerechten Teil d des am Ampèreschen Gestell aufgehängten Rechtecks, so daß die Leiter sich kreuzen, so sind die Ströme bestrebt, sich parallel und gleichgerichtet zu stellen; es findet demnach Anziehung statt zwischen

^[Abb.: Fig. 1. Ampèresches Gestell.]