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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Enteignung; Entelechie; Enten

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Enteignung - Enten.

schaft geraubt wird, oder die außereheliche Schwängerung einer Frauensperson, welche zuvor noch Jungfrau war. Das kanonische Recht verpflichtete den Verführer, die Geschwächte zu heiraten und auszustatten, eine Verpflichtung, welche die gemeinrechtliche Praxis nachmals in eine alternative umwandelte. Partikularrechtlich kann auch ein besonderes Satisfaktions- oder Deflorationsgeld (pro corona, Entschädigung für den verlornen Jungfernkranz) gefordert werden.

Enteignung, s. Expropriation.

Entelechie (griech.), eigentlich das wirkliche Haben und Besitzen dessen, was zur Vollkommenheit einer Sache gehört; dann überhaupt Wirklichkeit. Aristoteles und die Peripatetiker nannten die Seele eine E., indem sie darunter dasjenige Prinzip verstanden, wodurch der Körper, der an sich nur die "Fähigkeit", zu leben und zu empfinden, besitze, wirklich lebe und empfinde, solange es mit ihm verbunden sei.

Enten (Anatidae, hierzu Tafel "Enten"), Familie aus der Ordnung der Schwimmvögel, Vögel mit kurzem, von oben nach unten zusammengedrücktem Leib, dickem Kopf, mittellangem, überall gleichbreitem oder an der Spitze breiterm, an der Wurzel zuweilen knollig aufgetriebenem, auf der Firste gewölbtem, mit den Rändern des Oberschnabels den Unterschnabel umfassendem, deutlich scharf bezahntem Schnabel mit kleinem Nagel, kurzem oder mittellangem Hals, mittelgroßem, schmalem, spitzigem Flügel, kurzem, breitem, am Ende abgerundetem oder zugespitztem Schwanz, weit nach hinten gestellten, niedrigen, bis zur Ferse befiederten Füßen mit seitlich zusammengedrücktem Lauf, großen Schwimmhäuten und schwachen Krallen. Die Männchen tragen ein buntes Hochzeitskleid mit lebhaften Farben und einem metallisch glänzenden Spiegel. Die E. sind über die ganze Erde verbreitet, jedoch in heißen und gemäßigten Gegenden artenreicher, während in den kalten große Scharen einer und derselben Art wohnen. Sie bewohnen das Meer und süße Gewässer bis hoch in das Gebirge hinauf, wandern zum Teil sehr weit, treten ihre Reise meist mit Sonnenuntergang an, fallen gegen Mitternacht auf freiem Wasser ein und erheben sich gegen Morgen zu neuem Flug. Sie schwimmen und fliegen gut, laufen aber schlecht und verzehren ebensowohl tierische wie pflanzliche Stoffe, Blätter, Knollen, Sämereien, Insekten, Würmer, Weichtiere, Reptilien, Fische, auch Aas. Sie leben in nicht strenger Einehigkeit, vermehren sich stark, nisten gesellig, manche in Höhlen, Klüften, Baumlöchern, auf Bäumen oder auf der Erde, und legen 6-16 Eier, welche die Weibchen in 21-24 Tagen ausbrüten, wobei sie sich gegenseitig um ihre Eier bestehlen. Die Männchen schlagen sich während der Brutzeit zu besondern Schwärmen zusammen. Die E. sind vorsichtig und scheu, lassen sich aber in der Gefangenschaft leicht zähmen und werden zu förmlichen Haustieren. Die Stockente (Wild-, März-, Stoßente, Anas boschas L., s. Tafel), 63 cm lang, 104 cm breit, mit grünem Kopf und Oberhals, weißem Halsband, brauner Vorderbrust, braunem, auf den Schultern weißgrau und schwärzlich gewässertem Oberrücken, grauen Oberflügeln, prachtvoll blauem, weiß gesäumtem Spiegel, schwarzgrünem Unterrücken und Bürzel und grauweißen Unterteilen. Die Oberschwanzdeckfedern, deren mittlere sich aufwärts krümmen, sind schwarzgrün, das Auge ist hellbraun. Der Schnabel ist grüngelb, der Fuß blaßrot; im Herbst ähnelt das Kleid des Enterichs dem des weniger glänzend gefärbten Weibchens. Die Stockente bewohnt Europa, Asien, Nordamerika und Nordafrika, zieht im Winter südlicher, überwintert oft schon in Mitteldeutschland, geht aber meist bis Südeuropa und weilt bei uns von März bis November. Sie lebt namentlich auf bewachsenen Seen und in Brüchern, ist sehr gefräßig, nistet auf Bäumen oder auf der Erde, legt 8-16 grauweiße Eier und brütet 24-28 Tage. Ihr Fleisch ist vorzüglich. Besonders im Süden wird sie in außerordentlicher Menge gefangen. Der Schade, den sie der Fischbrut zufügt, ist nicht bedeutend. Jung eingefangene Stockenten werden zahm und paaren sich mit der Hausente. Diese (A. boschas domestica L.) ist von der wilden nicht verschieden, außer in der mannigfaltigern Färbung. Sie ist seit undenklichen Zeiten zum Haustier gemacht worden, sowohl ihres Fleisches als ihrer Eier und Federn wegen. Sie liebt wasserreiche Gegenden, Seen, Flüsse, Teiche, Bäche etc., wo sie sich fast das ganze Jahr hindurch selbst ernährt. Ihre Nahrung besteht in allerlei Körnern, Meerlinsen, Frosch- und Fischlaich, jungen Fröschen und Fischen, Regenwürmern, Schnecken, Heuschrecken, Maikäfern, Tiereingeweiden, Fleisch, Kartoffeln, Rüben, Brot etc. Findet sie ihre Nahrung nicht im Freien, so füttert man sie des Morgens vor dem Ausgehen mit etwas Körnern oder gekochten, mit Kleie oder Schwarzmehl gemengten Kartoffeln etc. Sie nimmt mit dem geringsten Futter vorlieb, verlangt aber immer frisches Trinkwasser. Die Paarung geschieht vom Februar bis Ende Mai. Man rechnet auf 6-8 E. einen Enterich und kann Enterich wie Ente 3-4 Jahre zur Zucht gebrauchen. Die Begattung (Treten) üben sie am liebsten auf dem Wasser. Mit beginnender warmer Frühlingswitterung (im März) fangen die Weibchen an, Eier zu legen; gewöhnlich einen Tag um den andern, und legen oft, wenn man in ihrem Legnest stets nicht mehr als zwei Eier liegen läßt, über 60 Stück. Man läßt die Ente entweder selbst ihre Eier ausbrüten, was am besten ist, oder legt sie einer Henne oder Truthenne unter. Die Brütezeit dauert 28 Tage. Hennen gibt man 12-13, Truthennen 15-18 Eier zum Brüten. Sind die jungen E. ausgekrochen, so nimmt man sie aus dem Neste, streut ihnen in einem etwas beschränkten Raum fein geriebenes, mit Quark oder zerkleinerten gekochten Eiern gemengtes Brot, geschnittene Nesseln oder Salat vor und sorgt für ein Gefäß mit frischem Wasser. Nach einigen Tagen gibt man Kleie oder Hafermehl, mit Kartoffeln oder saurer Milch angerührt, und nach 2-3 Wochen kann man sie im Freien sich selbst überlassen. Im allgemeinen lassen sich junge E. sehr leicht erziehen; sie sind weniger Krankheiten unterworfen als junge Gänse und gedeihen am besten, wenn ihnen ein Teich oder Bach zugänglich ist. Daß von Hühnern ausgebrütete E. nicht fortpflanzungsfähig seien, ist ein Vorurteil. Von den zahlreichen Varietäten sind die schwedische, die Rouen-Ente und die Ailesbury-Ente, welche ohne Wasser gehalten wird, besonders zu empfehlen. Zur Mästung bringt man erwachsene E. in einen etwas beschränkten Raum und gibt ihnen hinreichend Hafer nebst gekochten Kartoffeln, zerdrückt und mit Kleie vermischt. In Frankreich, besonders in der Normandie, stopft man sie dreimal täglich mit Nudeln aus Mehl von Heidekorn oder Mais, die mit Wasser oder Milch angefeuchtet sind; in Languedoc werden sie mit gequelltem Mais gestopft. Sie geben im ersten Jahr ein zartes, saftiges, wohlschmeckendes Fleisch, verlieren aber später immer mehr von diesen Eigenschaften. Die Eier enthalten etwas mehr Trockensubstanz und Fett als Hühnereier, sind aber minder wohlschmeckend als diese; die Federn werden weniger geschätzt als Gänse-^[folgende Seite]