Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

702

Epilog - Epinay.

turen oft zu einem lästigen Unkraut. Es wird nebst einigen andern Arten auch als Zierpflanze kultiviert. Die Wurzeln und jungen Triebe ißt man im nördlichen Europa wie Spargel und in Kamtschatka das ganze Kraut als Gemüse. Die Samenwolle hat man vielfach, jedoch ohne wesentlichen Erfolg, technisch zu benutzen gesucht; in den Polarländern macht man Lampendochte daraus. Die Blätter geben den kurilischen Thee.

Epilog (griech., "Nachrede"), Schlußrede, Schlußwort am Ende eines Vortrags, ist, wie der Prolog, besonders bei dramatischen Werken gebräuchlich, doch meist nur eine Art Notbehelf, insofern er nämlich etwas aussprechen soll, was eigentlich das Stück schon durch sich selbst aussprechen müßte. In einem andern Sinn gebraucht man das Wort E., wenn man darunter die versifizierte Rede versteht, welche, nicht durch das Stück selbst, sondern durch irgend eine äußere Ursache veranlaßt, nach Beendigung eines Theaterstücks an das Publikum gerichtet wird. In noch anderm Sinne nannte Goethe sein Gedicht auf Schiller einen "E. zu Schillers Glocke".

Epilogismus (griech.), das Weiterschließen von bekannten Umständen auf noch unbekannte.

Epilytisch (griech.), auflösend, erklärend.

Epimachie (griech.), Schutz- und Trutzbündnis.

Epimedium L. (Sockenblume, Bischofsmütze), Gattung aus der Familie der Berberidaceen, ausdauernde, krautartige Pflanzen mit abwechselnden, doppelt dreizählig zusammengesetzten Blättern, seitenständigen, meist einfachen Blütentrauben und vielsamiger, schotenförmiger Kapsel. E. alpinum L., in den Alpen, ist ein niedriges Gewächs mit zierlichen, blutroten, innen gelben Blüten von merkwürdiger Bildung, liebt Schatten und wird, wie auch einige japanische Arten, als Zierpflanze bei uns kultiviert. Die Blätter werden von den Alpenbewohnern als giftwidriges und schweißtreibendes Mittel gebraucht.

Epimeleten (griech., "Aufseher"), in Athen Name von Beamten, welche nur für spezielle Geschäfte (Bauten, Festfeiern etc.) von Fall zu Fall ernannt wurden. Regelmäßige, alljährlich ernannte Behörden waren die zehn E. der Neorien (Werften), welche die Aufsicht über die in den Docks aufbewahrten Kriegsschiffe und Ausrüstungsgegenstände führten, und die gleichfalls zehn E. des Emporion, welchen die Überwachung der Zoll- und Handelsgesetze oblag.

Epimenides, berühmter Priester und Seher des Altertums, aus Kreta gebürtig, lebte zu Knosos als ein Zeitgenosse der Sieben Weisen, zu denen er auch wohl gerechnet wird. Er gehörte dem enthusiastischen Kultus des Zeus und der Kureten an, mit dem auf Kreta eine geheime Priesterweisheit verbunden war, soll auch einst in der Diktäischen Höhle bei Knosos entschlafen und erst nach 50 Jahren wieder aufgewacht sein. Sein Rat ward selbst von Staaten begehrt. Er veranlaßte Veränderungen in den heiligen Gebräuchen der Athener und bemühte sich, Ehrlichkeit und Billigkeit in Athen einzuführen; auch soll er der Erfinder des Pflugs gewesen sein. Als Lohn erbat er sich einen Zweig des heiligen Ölbaums auf der Burg. Die Lakedämonier sollen ihn in mehrhundertjährigem Alter in einem Krieg mit den Knosiern gefangen genommen und, weil er ihnen nur Böses geweissagt, hingerichtet, die Argiver aber seinen Leichnam beerdigt haben. Man legt ihm mehrere Gedichte und prosaische Schriften bei, unter denen vielleicht einige Orakelsprüche und Sühnlieder von ihm herrühren. Bekannt ist daraus der Spruch im Brief des Paulus an Titus 1, 12. Auch einige kosmogonische Lehren wurden auf E. zurückgeführt. An den Mythus von des E. Schlaf knüpft Goethes patriotisches Festspiel "Des E. Erwachen" an. Vgl. Heinrich, E. aus Kreta (Leipz. 1801); Schulteß, De Epimenide Crete (Bonn 1877).

Epimetheus ("Nachbedacht"), Bruder des Prometheus und Gatte der Pandora (s. d.).

Epimorphosen (griech.), s. Pseudomorphosen.

Epimythion (griech.), die einer Fabel angehängte Moral oder Nutzanwendung.

Epinac, Stadt im franz. Departement Saône-et-Loire, Arrondissement Autun, an der Drée und einem Zweig der Eisenbahn Paris-Lyon, hat Ruinen eines festen Schlosses, (1876) 1670 Einw., Steinkohlenbergbau (1883: 136,000 Ton. Ausbeute) und Fabrikation von Weinflaschen.

Epinal (das Spinallum der Alten), Hauptstadt des franz. Departements Vogesen, in anmutiger Hügelgegend am Fuß der Vogesen, zu beiden Seiten der Mosel, welche sie in drei Teile: die große und kleine Stadt und die Vorstadt de l'Hospice, teilt, Station der Ostbahn, ist gut gebaut, hat eine alte Kirche (St.-Maurice, um 960 gegründet) und (1881) 15,161 Einw., deren Gewerbfleiß sich neuerdings durch starke Einwanderung von Elsässern bedeutend gehoben hat und sich auf Baumwollspinnerei und -Weberei, Fabrikation von Buntpapier, Stichen und Ölbildern, Stärke, auf Handel mit Wein, Getreide, Vieh etc. erstreckt. Die Stadt ist Sitz eines Präfekten und hat ein Collège, ein Museum für Kunst und Altertümer und eine Bibliothek von 25,000 Bänden und 218 Manuskripten (darunter ein wertvolles Evangelium). Sie gehörte anfangs den Bischöfen von Metz, ergab sich 1444 dem König von Frankreich und ward später mit Lothringen vereinigt. Seit dem Krieg von 1870/71 ist E. wichtiger Eisenbahnknotenpunkt und als solcher durch abgerückte Werke stark befestigt worden.

Epinastie, s. Nutation.

Epinay (spr. -nä), Louise Florence Petronille Tardieu d'Esclavelles, Madame de la Live d', franz. Schriftstellerin, geboren um 1725, war an ihren Vetter verheiratet, einen Wüstling, der sie bald verließ, und führte nun in Paris im Umgang mit den berühmtesten Schriftstellern, mit Rousseau, Grimm, Duclos, Diderot, Holbach, Galiani etc., ein geistig angeregtes und ungebundenes Leben. Für Rousseau, der sich durch ihren Geist und ihre Schönheit gefesselt fühlte, ließ sie 1755 im Thal von Montmorency ein Gartenhaus, die berühmte "Eremitage", einrichten, wo der Sonderling von Ostern 1756 bis 15. Dez. 1757 wohnte. Als sie darauf ihre Gunst dem Baron Grimm zuwandte, brach Rousseau mit ihr und schmähte sie in der Folge in seinen "Confessions". Sie starb 17. April 1783. Sie schrieb: "Mes moments heureux" (Genf 1752); "Lettres à mon fils" (das. 1758); "Conversations d'Émilie" (Par. 1774, 2 Bde., u. öfter), für die Erziehung ihrer Enkelin bestimmt und von der Akademie (1783) mit dem Tugendpreis ausgezeichnet; besonders aber "Mémoires et correspondance" (das. 1818, 3 Bde.; neue Ausg. 1878, 2 Bde.). In diesem Tagebuch, wie es zur Zeit J. J. Rousseaus jede Frau von Geist und Gefühl führte, hatte sie ihre Erlebnisse in romanhafter Form und mit erdichteten Namen niedergeschrieben. Die Ausgabe von Brunet (1818) erschien mit richtigen Namen und historischen Daten und erregte großes Aufsehen, besonders wegen der Treue und Wahrheit der Aufzeichnungen, wie sie die Memoirenlitteratur selten aufweist. Während der letzten zwölf Jahre ihres Lebens unterhielt sie einen lebhaften Briefwechsel mit dem geistreichen Galiani,