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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Erbschatzmeister; Erbschenk; Erbschleicher; Erbschlüssel; Erbscholtisei; Erbschulze; Erbse

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Erbschatzmeister - Erbse.

tische Gründe vorgeführt. Jene stützen sich auf den Gedanken, daß Eigentums- und Erbrecht wesentlich Schöpfungen der öffentlichen rechtsbildenden Kräfte seien, und daß dem Staate deswegen ein Miterbrecht zustehe, was praktisch auch dadurch anerkannt werde, daß erblose Hinterlassenschaften dem Staat zufließen und in manchen Ländern das Erbrecht von einem bestimmten Verwandtschaftsgrad an überhaupt seinen Abschluß finde. Auch seien mit der heutigen Entwickelung des Vermögensrechts eine Reihe von Verpflichtungen, welche der Familie früher ihren Mitgliedern gegenüber auferlegt waren, auf öffentliche Körperschaften, Gemeinde und Staat, übergegangen. In finanzpolitischer Beziehung wird zu gunsten der E. angeführt, daß sie nachträglich kapitalisierte Einkommensteile treffen, welche andern Steuern entschlüpft seien (allerdings keineswegs nur solche; viele vererbte Ansammlungen wurden doch schon früher durch E. wie durch andre Steuern getroffen), daß sie ferner ein außergewöhnliches Einkommen des Erben treffen, ohne denselben empfindlich zu drücken. Dies gibt Schäffle Anlaß, zu unterscheiden zwischen einer Erbmassengebühr, welche von der Hinterlassenschaft als unbesteuerter oder unvollkommen getroffener Kapitalansammlung nach deren Größe in progressiven Sätzen zu erheben sei, und der Erbengebühr, welche sich nach den Summen bemessen soll, welche den einzelnen Erben zufallen. Weiter ist zu erwähnen, daß die E. einträglich sind und mit wachsendem Wohlstand steigende Erträge in Aussicht stellen (Ertrag in England 1864: 77, 1874: 120, 1880: 128 Mill. Mk.); ihre Erhebung ist einfach, sicher und billig, belästigt nicht weiter den Verkehr und gestattet keine Überwälzung. Die gegen die E. gerichteten Einwendungen können meist nur auf eine unverhältnismäßige Höhe oder auf eine fehlerhafte Veranlagung bezogen werden, wie z. B., die E. minderten den Sinn für Sparsamkeit und hätten eine kommunistische Tendenz. Dem Reize zur Umgehung derselben läßt sich zum Teil dadurch begegnen, daß auch Schenkungen unter Lebenden für steuerpflichtig erklärt werden. Nicht immer sind Hinterlassenschaften als besonders steuerkräftige Einkommensteile zu betrachten, oft tritt sogar das Gegenteil ein (z. B. bei einer ihres Ernährers beraubten Familie, welche bei geringerm Einkommen augenblicklich drückende Zahlungen zu machen gezwungen ist). Diesem Übelstand läßt sich im wesentlichen durch die Art der Veranlagung und Bemessung der E. abhelfen, indem dieselben abgestuft werden einmal nach dem Verwandtschaftsgrad unter mäßiger Belastung oder vollständiger Befreiung derjenigen, für welche die Erbschaft keine ihre Lage verbessernde Bereicherung bildet (Deszendenten, Aszendenten, Ehegatten), unter höherer, mit abnehmendem Verwandtschaftsgrad steigender Besteuerung der Seitenverwandten (Kollateralsteuer) und der Nichtverwandten, dann nach der Größe der Hinterlassenschaft, bez. der auf die einzelnen Erben entfallenden Teile derselben. In Österreich werden bei Vererbung von Eltern auf Kinder 1 Proz., sonst 4-8 Proz. erhoben; in Frankreich bei Vererbungen in direkter Linie 1 Proz., zwischen Gatten 3 Proz., zwischen Nichtverwandten 9 Proz.; Gatten werden, wenn kein Testament oder keine Schenkung vorliegt, so hoch belastet wie Fremde. In Preußen ist die Vererbung in direkter Linie steuerfrei, von den entferntesten Verwandten werden 4 Proz., von Nichtverwandten 8 Proz. erhoben. England hat drei Formen der Besteuerung: die Probate Duty, eine Erbschaftsgebühr für die Nachlaßregelung; die Legacy Duty, eine Steuer vom beweglichen Vermögen, welche mit abnehmendem Verwandtschaftsgrad von 1 bis 10 Proz. steigt, und die Succession Duty, welche das unbewegliche Vermögen mit gleichen Prozentsätzen trifft. Kleine Beträge werden in der Praxis meist freigelassen, ebenso die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten zugewandten Hinterlassenschaften. Der Ertrag der E. wird, wenn er verhältnismäßig hohe Summen erreicht, am besten so wie derjenige andrer Steuern für allgemeine Staatszwecke verwendet. Ihn für besondere Zwecke (Wohlthätigkeitsinstitute) zu bestimmen, ist nur angängig, wenn er bei geringerer Höhe keinen erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Vgl. Hoyer, Die E. und der Wertstempel von Schenkungen unter Lebenden. Gesetz vom 30. Mai 1873 (Berl. 1875); v. Scheel, Die E. (2. Aufl., Jena 1877).

Erbschatzmeister, s. Erbämter.

Erbschenk, s. Erbämter.

Erbschleicher, derjenige, welcher auf unrechtliche oder unmoralische Weise zu einer Erbschaft zu gelangen sucht.

Erbschlüssel, ein alter, geerbter Schlüssel, häufig zu abergläubischen Handlungen, besonders zum Bleigießen und Erforschen der Urheber eines Diebstahls, nach Art der Siebwahrsagung (s. d.) gebraucht.

Erbscholtisei, s. v. w. Erbschulzengut (s. Schultheiß).

Erbschulze, derjenige Vorstand einer Landgemeinde (Schultheiß), welcher es infolge des ererbten Besitzes eines Bauernguts war, mit dem das Schulzenamt verbunden.

Erbse (Pisum Tourn.), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, einjährige, kahle, niedergestreckte oder kletternde Kräuter mit ein- bis dreipaarig gefiederten, mit einfachen oder geteilten Ranken endenden Blättern, ansehnlichen Blüten in ein- bis wenigblütigen Trauben und zusammengedrückten, zweiklappigen, vielsamigen Hülsen. Zwei Arten. P. sativum L., 30-60 cm hoch, mit zwei- bis dreipaarigen Blättern, wird in vielen Varietäten kultiviert, von denen zwei auch als eigne Arten betrachtet werden. Man unterscheidet: Die Ackererbse (Stockerbse, wilde E., P. arvense L.), mit entfernt gezähnelten Fiedern, ein- bis zweiblütigen Trauben, bunten Blüten (Fahne bläulich, Flügel purpurn, Schiffchen weiß) und kantig eingedrückten, nicht rollenden, braun und graugrün gescheckten Samen, stammt wohl aus dem mittlern Asien, findet sich hier und da unter der Saaterbse auf Feldern und wird hauptsächlich in Ost- und Westpreußen kultiviert (graue Danziger, Königsberger, preußische E.). Die gemeine Saaterbse (Feld-, Läufer-, Brockel-, Pflück-, Krüllerbse, P. sativum L.) hat ganzrandige Fiedern, zwei- bis mehrblütige Trauben, weiße Blüten und kugelige, rollende, meist hellgelbe Samen. Als dritte Hauptform wird wohl die Zuckererbse (P. saccharatum hort.) angesehen. Diese hat zweiblütige Blütenstiele und gerade, zusammengedrückte Hülsen mit Einbiegungen durch die weitläufig stehenden, runden Samen, welche gern grün bleiben; die Schalen sind weich, fleischig, genießbar. Die Lupinenerbse (Ecker-, Mark-, Knackerbse, P. quadratum Mill.), mit zweiblütigen Trauben, geraden, breiten, flachen, ungenießbaren Hülsen und großen, sehr nahe aneinander stehenden, viereckigen Samen, gehört zur ersten Varietät. Die Doldenerbse (Trauben-, Büschelerbse, türkische E., P. umbellatum Bauh.), mit vier- bis fünfblütigen, verlängerten Blütenstielen, geraden, cylindrischen, mit eng aneinander sitzenden, gelbweißen bis braunen Samen gefüllten Hülsen,