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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Erdbeeräther; Erdbeerbaum; Erdbeere

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Erdbeeräther - Erdbeere.

Dezember 1857 hinterließ, konstruktiv verband und den Durchschnittspunkt innerhalb der Erde berechnete. v. Seebach hat versucht, die Tiefe des Ausgangspunktes aus guten Zeitbestimmungen des Eintrittes der E. auf der Erdoberfläche abzuleiten, eine Methode, welche namentlich von v. Lasaulx ausgebaut und mehrfach angewandt, allerdings von mehreren in der Natur wohl nicht zutreffenden Voraussetzungen (punktuelles Zentrum, gleichförmige Fortpflanzungsgeschwindigkeit u. a. m.) ausgeht, aber in ihrer leichten Anwendbarkeit, namentlich auch auf weniger schwere E., die keine oder doch nur wenige Risse erzeugen, große Vorteile besitzt. In der folgenden Tabelle sind die gewonnenen Tiefenzahlen zugleich mit den Fortpflanzungsgeschwindigkeiten für sieben gut untersuchte E. gegeben:

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Erdbeben Datum Tiefe des Zentrums Kilom. Fortpflanzungsgeschwindigkeit in der See Meter

Rheinisches Erdbeben 29. Juli 1846 39 567,6

Neapolitanisches Erdbeben 15. Dez. 1857 5-15 259,7

Erdbeben von Sillein 15. Jan. 1858 26 206

Mitteldeutsches Erdbeben 6. März 1872 14-21 742

Erdbeben v. Herzogenrath 22. Okt. 1873 5-17 360,2

Erdbeben v. Herzogenrath 24. Juni 1877 27 474,8

Westdeutsches Erdbeben 26. Aug. 1878 9 302,2

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Auffallend ist das Resultat (bei der geringen Anzahl der untersuchten E. freilich kein für alle E. zwingender Beweis), daß das Zentrum ziemlich flach unter der Erdoberfläche liegt.

In der Frage nach den Ursachen der E. ist als größter Fortschritt, welchen die Neuzeit gebracht hat, anzusehen, daß man sich mehr und mehr gewöhnt hat, in den E. nur ein Symptom zu erblicken, welches verschiedene, ihrem Wesen nach weit auseinander liegende Ursachen haben kann. Die meisten der Geologen, welche sich neuerdings mit der Erdbebenfrage beschäftigt haben, unterscheiden drei Arten von E.: 1) Einsturzerdbeben, Folgen unterirdischer Auswaschungen. Starke Wirkungen an den betreffenden Orten, aber, dem gewöhnlich ganz flach liegenden Zentrum entsprechend, kein großes Erschütterungsgebiet sind der allgemeine Charakter dieser E. Obgleich in einer sehr vulkanischen Gegend sich abspielend, werden auch die E., welche Ischia 1881 und 1883 betroffen haben, auf Unterwaschungen durch Thermen zurückgeführt (Palmieri, v. Lasaulx). Volger, Mohr u. a. erblicken im Einsturz von Hohlräumen die einzige Ursache aller E. 2) Den vulkanischen E. erkennt die neuere Schule nur eine geringe Bedeutung und einen durchaus lokalen Charakter zu, ausnahmslos geknüpft an erumpierende Vulkane und ihre nächste Umgebung, während in frühern Zeiten von allen Geologen, neuerdings immer noch von einigen, auf den Vulkanismus alle oder doch die größte Anzahl der E. zurückgeführt wurden. Man sah in den E. die "Reaktion des Erdinnern gegen die schon erkaltete Kruste" (v. Humboldt), und namentlich Falb hat neuerdings die Hypothese eines innern glutflüssigen Meers mit Gezeiten, durch die Konstellationen der Sonne und des Mondes mitunter zu Springfluten gesteigert, ausgebaut. Daß die Fundierung dieser Hypothese durch die Statistik der E. eine mangelhafte sei, wurde schon oben betont; auch ist bei wirklich gut untersuchten E., wie wir sahen, der Ausgangspunkt überaus flach liegend gefunden worden, so daß man, in Verfolgung der Falbschen Hypothese, der Erdkruste eine sehr unwahrscheinliche geringe Stärke zuschreiben müßte, weil nur an der Grenze zwischen fester Kruste und flüssigem Kern der Anschlagspunkt der Flutwellen und damit der Herd der E. liegen könnte. 3) Die weitaus meisten E. mit den größten Erschütterungsgebieten werden neuerdings als tektonische bezeichnet. Süß hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, und zahlreiche Beobachtungen haben seine Sätze bestätigt, daß sich E. längs bestimmter Linien (Erdbebenlinien) zahlreicher abspielen, und daß diese Linien großen Kettengebirgen entweder parallel liegen (Longitudinal-E.), oder zu der Gebirgslängsachse rechtwinkelig verlaufen (Transversal-E.). In Übereinstimmung mit den neuern Ansichten über die Gebirgsbildung (s. Gebirge) werden diese E. als Signale einer an die fortdauernde Gebirgsstauung geknüpften Zerreißung und Verschiebung der gespannten Teile der Erdkruste gedeutet und stehen in weitaus den meisten Fällen mit alten Dislokationslinien in Verbindung, so daß sich an tektonischen E. reiche Gegenden (Schüttergebiete) unterscheiden lassen, denen an E. arme Gebiete gegenüberstehen, in welchen sich keine E. oder doch nur kleine Einsturzerdbeben abspielen.

Vgl. Hoff, Chronik der E. und Vulkanausbrüche (Gotha 1840); O. Volger, Untersuchungen über das Phänomen der E. in der Schweiz (das. 1856-57); Mallet, On earthquakes (Boston 1858); Derselbe, The great Neapolitan earthquake (Lond. 1862); E. Kluge, Die E. von 1850 bis 1857 (Stuttg. 1861); Falb, Grundzüge einer Theorie der E. und Vulkanausbrüche (Graz 1871); v. Seebach, Das mitteldeutsche E. vom 6. März 1872 (Leipz. 1873); Fuchs, Vulkane und E. (das. 1875); Schmidt, Studien über E. (2. Aufl., das. 1879); Hörnes, Erdbebenstudien (Wien 1878); Derselbe, Die Erdbebentheorie Falbs (das. 1881); Toula, Über den gegenwärtigen Stand der Erdbebenfrage (das. 1881); Heim, Die E. und deren Beobachtung (Zürich 1880); Roth, Über die E. (Berl. 1882); v. Lasaulx, Artikel "E." in Kenngotts "Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie" (Bresl. 1882); Fuchs' jährliche Berichte im "Neuen Jahrbuch für Mineralogie" (Stuttg.) 1866-72, von da ab in Tschermaks "Mitteilungen" (Wien). Perreys Zusammenstellungen von E. erschienen Paris, Dijon, Lyon 1841-74.

Erdbeeräther, Fruchtäther vom Geruch der Erdbeeren, besteht aus einem Gemisch von Essigsäureäthyläther, Essigsäureamyläther und Buttersäureäther, dient zu Konfitüren.

Erdbeerbaum, Pflanzengattung, s. Arbutus.

Erdbeere (Fragaria L.), Gattung aus der Familie der Rosaceen, meist weich- oder seidenhaarige Kräuter mit perennierendem, dickem, holzigem, fadenförmige Ausläufer treibendem Wurzelstock, grundständigen, langgestielten, meist dreizähligen Blättern, weißen Blüten, meist in Trugdolden an der Spitze des aufrechten, armblätterigen Schaftes, und bei der Reife saftig fleischigem, eine Scheinbeere bildendem Fruchtboden, der auf seiner Oberfläche die Nüßchen als kleine Körnchen trägt. Die wenigen Arten sind in den gemäßigten und alpinen Klimaten der nördlichen Erdhälfte, Südamerikas und auf den Maskarenen heimisch. Die gemeine E. (wilde oder Walderdbeere, Knickbeere, F. Vesca L.) hat oberseits weichhaarige Blätter, einen bei der Fruchtreife zurückgekrümmten Kelch, an den Blütenstielen angedrückte Haare und findet sich in Wäldern und Gebüschen fast durch ganz Europa; in den Gärten der aromatischen Früchte halber bisweilen angepflanzt. Eine Abart, die Monatserdbeere (Felsen- und