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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ernst

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Ernst (Anhalt, Baden, Hannover).

Inhalt und der Absicht der Vorstellung, im Gegensatz zur Verstellung, Täuschung, zum Scherz, Spaß etc.; hinsichtlich des Gefühlslebens diejenige Stimmung, welche aus der Erwägung der höhern Zwecke des Lebens und der danach sich bemessenden Beurteilung der Wirklichkeit hervorgeht, im Gegensatz zur Stimmung der Heiterkeit und Fröhlichkeit.

Ernst (althochd. Ernust, ursprünglich "Kämpfer"), Name zahlreicher deutscher Fürsten:

[Anhalt.] 1) Fürst von Anhalt-Bernburg, dritter Sohn Christians I., geb. 19. Mai 1608 zu Amberg in der Oberpfalz, bereiste 1621 mit seinem Vater Schweden, wo er sich die Zuneigung Gustav Adolfs erwarb, sodann Holland, Dänemark und Italien, ward, erst 18 Jahre alt, zu den Regierungsgeschäften gezogen, diente eine Zeitlang in einem kaiserlichen Reiterregiment, dann aber unter Gustav Adolf, wohnte der Schlacht bei Lützen bei und starb an einer hier erhaltenen Wunde 3. Dez. 1632.

[Baden.] 2) Markgraf von Baden, geb. 7. Okt. 1482, der jüngste Sohn des Markgrafen Christoph I., erhielt bei der Teilung mit seinen Brüdern Bernhard und Philipp 1515 die Markgrafschaft Hochberg, mußte während des Bauernkriegs nach Straßburg flüchten, stellte aber durch den Vergleich von Basel vom 25. Juli 1525 die Ruhe in seinem Land wieder her. Der Tod seines Bruders Philipp 1533 brachte ihm auch die niedere Grafschaft zu, wodurch er Stifter der baden-durlachischen Linie wurde. Obwohl der Reformation zugethan, scheute er doch vor dem offenen Abfall von der katholischen Kirche zurück. E. starb 6. Febr. 1553.

3) E. Friedrich, Markgraf von Baden, geb. 17. Okt. 1560, Enkel des vorigen, ältester Sohn Karls II., erhielt bei der Teilung mit seinen Brüdern Jakob und Georg Friedrich 1584 die untere oder Pforzheimer Markgrafschaft und nahm 1594 in Abwesenheit des Markgrafen Eduard Fortunatus von Baden-Baden auch die Stadt Baden und das dazu gehörige Gebiet ein. An den konfessionellen und politischen Verhandlungen zu Heilbronn (1594), Frankfurt (1598), Friedberg (1601) und Heidelberg (1603) nahm E. als eifriger Protestant thätigen Anteil. Früher eifriger Lutheraner, neigte er sich später der reformierten Lehre zu und bewirkte die Abfassung des sogen. Staffortischen Buches (liber Staffortensis, vom Schlosse Staffort bei Durlach), welches seine christlichen Bedenken enthält (1599). Er starb kinderlos 14. April 1604 in Remchingen; ihm folgte sein jüngster Bruder, Georg Friedrich.

[Hannover.] 4) E. August, Kurfürst von Hannover, geb. 20. Nov. 1629, jüngster Sohn des Herzogs Georg und der Prinzessin Anna Eleonore von Hessen-Darmstadt, wurde 1662 evangelischer Bischof von Osnabrück und nahm gleich seinem ältern Bruder, Georg Wilhelm von Celle, 1675 am Feldzug gegen Frankreich persönlich teil. Nach dem Tod seines ältern Bruders, Johann Friedrich (1679), folgte er im Fürstentum Kalenberg und führte 1682 in seinem Haus das Erstgeburtsrecht ein, das um so leichter zu beobachten war, als seine ältern Brüder nach Verabredung keine legitimen Ehen eingegangen waren. Den Dank des Kaisers erwarb er sich durch Übersendung von Hilfstruppen in den Kriegen gegen Franzosen, Türken und die aufständischen Ungarn. Leopold I. belohnte ihn 1692 durch die Verleihung der Kurwürde, gegen deren Anerkennung sich ein Teil der Reichsfürsten allerdings noch einige Zeit sträubte. E. eröffnete dann noch die Verhandlungen über die Nachfolge seines Geschlechts in England. Während er bei der Verwaltung seiner Lande Energie entwickelte, begünstigte er in kirchlichen Dingen eine mildere Richtung; er ist auch als Beschützer des Philosophen Leibniz bekannt, den er als Historiographen an seinen Hof gezogen hatte. Er starb 23. Jan. 1698 in Herrenhausen und wurde in Hannover beigesetzt. Aus seiner mit Kindern reich gesegneten Ehe mit Sophie, einer Tochter des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, stammen sein Nachfolger Georg Ludwig und Sophie Charlotte, die erste Königin von Preußen.

5) E. August, König von Hannover, Herzog von Cumberland, der fünfte Sohn König Georgs III. von Großbritannien und der Prinzessin Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, geb. 5. Juni 1771 zu London, studierte 1786-91 in Göttingen, nahm 1793-1795 als Kommandeur eines hannöverschen Kavallerieregiments an den Feldzügen der englischen Truppen in den Niederlanden gegen die französische Republik teil, ward bei Avesnes le Sec verwundet und verlor bei Cayghem ein Auge. Nach dem Baseler Frieden kehrte er nach England zurück, erhielt den Titel eines Herzogs von Cumberland und trat ins Oberhaus, wo er auf seiten der Hochtories stand und der Führer der Gegner des Liberalismus ward. Am 31. Mai 1810 wurde er in seinem Schlafzimmer, wahrscheinlich durch seinen Kammerdiener Sellis, schwer verwundet, genas aber bald dank seiner kräftigen Konstitution. 1813 zum britischen Feldmarschall erhoben, ging er nach Hannover, um ein Regiment freiwilliger Husaren gegen Frankreich zu führen, erreichte jedoch weder diesen Zweck noch die erstrebte Statthalterschaft von Hannover, welche seinem jüngern Bruder, dem Herzog von Cambridge, zu teil wurde. In Berlin vermählte er sich 1815 mit der mecklenburg-strelitzschen Prinzessin Friederike, Schwester der Königin Luise von Preußen, obwohl dieselbe bereits mit dem Herzog von Cambridge verlobt war, und geriet infolgedessen in Mißhelligkeiten mit dem englischen Hof, in deren Folge er sich in Berlin niederließ, wo er unter der Herrschaft der Reaktion sich eine einseitige Auffassung der deutschen Verhältnisse aneignete. Als der große Kampf über die Emanzipation der Katholiken im englischen Parlament zur Entscheidung kam, eilte er nach England und verteidigte im Oberhaus die Vorrechte der Hochkirche mit Entschiedenheit. Als Großmeister der Orangelogen suchte er auch unter den Offizieren Logen einzuführen, wodurch er sich, da jene auf eine Änderung der Thronfolge hinwirkten, bei dem Parlament verhaßt machte, so daß er sich schließlich zu einer Auflösung seines Ordens veranlaßt sah. Nach dem am 20. Juni 1837 erfolgten Tode des Königs Wilhelm IV., als die Krone von England auf die weibliche Linie überging, wurde E. König des von England losgetrennten Hannover und nahm seine Residenz im Land selbst. Da die Verfassungsverhältnisse seiner autokratischen Gesinnung nicht genehm waren, so vertagte er gleich die Ständeversammlung, weigerte sich, die Rechtsverbindlichkeit des Staatsgrundgesetzes von 1833 anzuerkennen, und hob es 1. Nov. 1837 förmlich auf. Mit der Aufhebung der Verfassung hingen manche weitere unpopuläre Maßregeln zusammen, wie z. B. die bekannte Entlassung der an der Verfassung festhaltenden sieben Göttinger Professoren. Die Mißstimmung über die Regierung wurde auch durch das neue, 1840 vom König erlassene Staatsgrundgesetz nicht gehoben. 1848 wußte E. durch die Berufung Stüves ins Ministerium und durch die Einführung einer neuen Verfassung jeder aufrührerischen Bewegung vorzubeugen, erkannte aber die deutsche Reichsverfassung nicht an.