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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eugen

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Eugen (Herzog von Württemberg).

um die Allianz zwischen Österreich und England womöglich noch aufrecht zu erhalten. Die Königin empfing ihn aufs gnädigste und beschenkte ihn mit einem kostbaren Degen, auch die Minister überhäuften ihn mit Aufmerksamkeiten aller Art; den Zweck seiner Reise aber erreichte er nicht, vielmehr wurden seine Operationen durch die zweideutige Haltung der Engländer nach Abberufung Marlboroughs gelähmt. Am 11. April 1713 wurden zu Utrecht die Verträge, wodurch sich Frankreich mit England, Holland, Savoyen, Portugal und Preußen aussöhnte, unterzeichnet. Obgleich der Kaiser beschloß, den Krieg allein fortzuführen, mußte doch E. selbst bei der matten Haltung des Deutschen Reichs zuletzt zum Frieden raten, welcher auch von E. und Villars zu Rastatt 7. März 1714 für den Kaiser und 7. Sept. d. J. zu Baden in der Schweiz für das Reich abgeschlossen wurde. Der Kaiser ernannte E. zum Statthalter in den nun österreichischen Niederlanden. Als bald darauf (1715) die Pforte den Karlowitzer Frieden brach, führte E. (1716) 64,000 Mann gegen den türkischen Großwesir Ali, welcher mit 150,000 Mann gegen Peterwardein heranrückte. Die Schlacht (5. Aug. 1716) endete mit der vollständigen Niederlage der Türken, die Beute der Sieger war unermeßlich. Vom Papst erhielt der Sieger von Peterwardein den geweihten Hut und Degen. Im Juni 1717 begann E. die Belagerung des von 30,000 Türken besetzt gehaltenen Belgrad und schlug (16. Aug.) das weit überlegene türkische Entsatzheer, worauf Belgrad sich ergab. Semendria, Schabatz, Orsova u. a. O. fielen bald darauf ebenfalls. Am 21. Juli 1718 wurde der Passarowitzer Friede auf 25jährigen Waffenstillstand unterzeichnet, wodurch Belgrad, der größere Teil von Serbien, ein Teil Bosniens und die Kleine Walachei bis an die Aluta an Österreich kamen. Indes fand der Mann, der das Reich gegen die Türken gesichert, dem Kaiser weit über 60,000 qkm Landes erobert und Ungarn wiedergegeben hatte, in Wien eine starke Gegnerschaft, namentlich an der spanisch-italienischen Hofpartei, die jedoch seinen tonangebenden Einfluß in allen großen Fragen nicht zu lähmen vermochte. Als Generalstatthalter der Niederlande (bis 1724) nahm er an dem Emporkommen der Ostindischen Kompanie lebhaften Anteil. Beim Ausbruch des polnischen Erbfolgekriegs übernahm der 71jährige Held 1734 die Führung des Reichsheers, ward jedoch, ehe es zum wirklichen Schlagen kam, 1734 abgerufen und durch den Herzog Alexander von Württemberg ersetzt. Nach Wien zurückgekehrt, starb er plötzlich 21. April 1736. E. war kaum mittlerer Größe und mager; in dem länglichen, stark gebräunten Gesicht traten besonders die lange Nase und die schwarzen, lebhaften Augen hervor. Er war nie verheiratet. Er diente drei Kaisern, doch unter wesentlich veränderten Beziehungen, die angeblich durch sein Wort: "Leopold war mein Vater, Joseph mein Bruder, Karl mein Herr" bezeichnet sind. Sein Wahlspruch war: Österreich über alles! Seine Feldherrntalente und seine Kriegsthaten haben ihm den höchsten Ruhm erworben; nicht minder groß war er als Staatsmann und Diplomat. Durch die endgültige Zurückdrängung der Türken und die Siege über Frankreich hat er einen maßgebenden Einfluß auf den Gang der Weltgeschichte ausgeübt. Von seinen Soldaten wurde er vergöttert. Auch für Kunst und Wissenschaft hatte er lebhaftes Interesse. Er sammelte in Wien die erste Prachtbibliothek, unterhielt mit Montesquieu und Leibniz einen lebhaften Briefwechsel über philosophische und staatsrechtliche Gegenstände, war ein Gönner des französischen Dichters Jean Baptiste Rousseau und bearbeitete in einzelnen Zuschriften an Marlborough, Stanhope, Villars u. a. Gegenstände der Kriegskunst. Von seinem Kunstsinn zeugen sein Schloß Belvedere nebst der Gemäldegalerie sowie die Beziehungen zu Kardinal Albani und Jeanne Mariette; desgleichen für sein wissenschaftliches Interesse die Gönnerschaft für den neapolitanischen Historiker Pietro Giannone. Ein Denkmal (von Fernkorn) wurde ihm 1865 zu Wien errichtet. Die angeblich von E. verfaßten politischen Schriften, herausgegeben von Sartori (Tübing. 1812, 7 Tle.), sind eine Fälschung. Die "Militärische Korrespondenz des Prinzen E." wurde von Heller herausgegeben (Wien 1848, 2 Bde.). Vgl. Dumont, Histoire militaire du prince Eugène (fortgesetzt von Rousset, Haag 1823-29, 2 Bde.); Kausler, Leben des Prinzen E. von Savoyen (Freiburg 1838-39, 2 Bde.); Arneth, Prinz E. von Savoyen (Wien 1864, 3 Bde.); "Die Feldzüge des Prinzen E. von Savoyen, nach den Feldakten herausgegeben von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des k. k. Generalstabs" (das. 1877-1882, Bd. 1-8).

6) E. Friedrich Heinrich, dritter Sohn des Herzogs Friedrich Eugen von Württemberg, geb. 1758, trat früh in preußische Dienste, avancierte zum General der Kavallerie, befehligte als solcher 1806 die Reservearmee und ward 17. Okt. d. J. bei Halle von Bernadotte geschlagen. Nach dem Frieden nahm er den Abschied und starb 20. Juni 1822 in Meiningen.

7) E. Friedrich Karl Paul Ludwig, Herzog von Württemberg, Sohn des vorigen, geb. 8. Jan. 1788 zu Öls, trat früh in russische Kriegsdienste, wurde vom Kaiser Paul auffallend bevorzugt, war schon 1805 Generalmajor und nahm an den Feldzügen von 1806-1807 in Ostpreußen und 1810 in der Türkei teil. 1812 kommandierte er die 4. Division des 2. Armeekorps, wurde auf dem Schlachtfeld von Smolensk (17. Aug. 1812) zum Generalleutnant befördert und zeichnete sich bei Borodino, beim Überfall von Tarutino, bei Krasnoi und als Kommandant des 2. Armeekorps bei Kalisch aus. In der Schlacht bei Lützen deckte er den Rückzug der Armee, verteidigte während der Schlacht bei Bautzen 20. Mai die Stadt, warf 21. Mai bei Rischen den Angriff Macdonalds zurück und sicherte am 22. durch Besetzung des Töpferbergs bei Reichenbach den Übergang der Armee bei Görlitz. Nach dem Waffenstillstand befehligte er unter Wittgenstein, blockierte den Königstein, hielt bei Kulm (29. Aug. 1813) der überlegenen Macht Vandammes stand (denn E., nicht Ostermann gebührt das Verdienst dieses Tags) und kommandierte bei Leipzig 16. Okt. die zweite Angriffskolonne, die bei Wachau in heldenmütiger Ausdauer furchtbare Verluste erlitt und 18. Okt. den letzten Angriff auf Probstheida vollführte. Im Feldzug von 1814 nahm er an den Treffen bei Bar sur Aube, wo er den linken Flügel Oudinots umging und zurückwarf, bei Arcis sur Aube und besonders bei Paris bedeutenden Anteil. Trotz seines überlegenen Feldherrntalents wurde er infolge mannigfacher Ränke zurückgesetzt und erhielt, obwohl zum General der Infanterie ernannt, kein selbständiges Kommando. In dem Feldzug gegen die Türken (1828) befehligte er unter Diebitsch das 7. Armeekorps. Nach dem Frieden von Adrianopel vom aktiven Dienst entbunden, lebte er meist auf der Herrschaft Karlsruhe in Schlesien, wo er 16. Sept. 1857 starb. Er verfaßte außer den "Erinnerungen aus dem Feldzug des Jahrs 1812 in Rußland" (Bresl. 1846) auch Memoiren, welche erst