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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Europa

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Europa (Klima).

sind mit wenigen Ausnahmen (hier und da im Rotliegenden, im Lias von Ungarn, in der norddeutschen Wealdenformation, in der schlesischen Kreideformation) der Steinkohlenformation und dem Tertiär eingelagert; Eisenerz bergen die mannigfaltigsten Formationen; Salz kommt bisweilen mit Kalisalzen zusammen in der Dyas (Norddeutschland), in mehreren Niveaus der Trias (Württemberg, Baden, Lothringen), in der Juraformation (Bex), im Tertiär (Spanien, Galizien, Siebenbürgen) vor und bildet sich in den übersättigten Salzseen der europäischen Ostgrenze auch jetzt noch fort. Der Hauptdistrikt für europäisches Petroleum sind die Nachbargegenden der Karpathen, abgesehen von unbedeutendern Mengen, wie sie z. B. Norddeutschland darbietet. Asphalt liefert das Juragebirge, Elsaß, die Umgegend Hannovers; Phosphorite entstammen dem Silur (Spanien), dem Devon (Nassau), während sie an einer Mehrzahl von Lokalitäten (so in Frankreich, Rußland etc.) mit den Juraschichten gleichalterig oder doch der Lagerung nach eng verknüpft sind.

Von den edlen Metallen wird Gold in bedeutender Menge nur im ungarisch-siebenbürgischen Erzgebirge und am mittlern Ural (hier auf sekundärer Lagerstätte mit Platina) gewonnen. Silber ist in geringer Menge sehr verbreitet, an Blei- und Kupfererze gebunden; reichere Silbererze finden sich vorzüglich in Norwegen (Kongsberg), im sächsischen Erzgebirge, am Harz und in der spanischen Provinz Guadalajara. Spanien ist auch ausgezeichnet durch seinen Reichtum an Quecksilber (Almaden in der Sierra Morena), das außerdem nur noch in Idria und an einigen andern Punkten der östlichen Alpen in nennenswerter Menge produziert wird. Kupfererze sind viel verbreitet; besonders reich sind der Ural, Thüringen (durch die zur Dyasformation gehörigen Kupferschiefer), Cornwall und Spanien (Rio Tinto). Zinnerz findet sich nur im sächsisch-böhmischen Erzgebirge, in Cornwall und in der Bretagne. Blei- und Zinkerze werden außer in den Gängen der Erzgebirge in England und Deutschland vielfach lagerartig im Devon, in der Steinkohlenformation und der Trias angetroffen. Der Bunte Sandstein ist in Rheinpreußen (Kommern) stellenweise mit Blei- und Kupfererzen imprägniert. Nickel- und Kobalterze sind im sächsischen Erzgebirge, in Thüringen, im Spessart, in den westlichen Alpen und in Skandinavien verbreitet. Antimon wird in größerer Menge, namentlich in Ungarn, als Begleiter der Gold- und Silbererze gewonnen. Vgl. a. Cotta, Erzlagerstätten Europas (Freiberg 1861).

Klima und Pflanzenwelt.

E. ist der einzige Erdteil, der nirgends die heiße Zone berührt, vielmehr mit Ausnahme eines äußerst unbedeutenden Stücks (die nördlichsten Spitzen von Norwegen, Schweden und Nordrußland, die in der kalten Zone liegen) der gemäßigten angehört. Es hat daher vorherrschend ein gemäßigtes Klima. Infolge davon fehlen ihm allerdings die Pracht der Farben und der Reichtum der Formen in der Tier- und Pflanzenwelt, die Fülle der letztern, wie sie sich unter der tropischen Sonne entfaltet, aber mit ihr auch der Gegensatz zu jener üppigen Fülle, die Wüste, die dort oft dicht an sie herantritt. Anderseits ist E. aber auch von der Herrschaft des eisigen Pols befreit. Ebenso vermissen wir das Übermaß des kontinentalen wie des ozeanischen Klimas. Der Erdteil hat vielmehr vermöge seiner Lage die glücklichste Mischung beider Klimate. Dabei trennt weder ein geschlossenes Hochland, wie in Asien, noch ein mächtiges Meridiangebirge, wie in Amerika, Osten und Westen voneinander und macht sie zu gänzlich verschiedenen Pflanzen- und Tiergebieten. So kommt es, daß E. im Gegensatz zu allen übrigen Erdteilen durch eine gewisse Gleichartigkeit seiner Natur charakterisiert ist. Dabei ist es vor allen andern Teilen der Erde begünstigt durch seine Stellung gegen die aus der Tropengegend abfließenden Luft- und Meeresströmungen, die bis zu seinem Nordende, im Kampfe freilich mit den kalten Strömungen aus den Polargegenden, mildernd auf das Klima, insbesondere seines Westens, einwirken. Ihnen ist es zuzuschreiben, daß die Linien gleicher mittlerer Temperatur (Isothermen) hier einen weit höhern Bogen nach N. machen als auf der gegenüberliegenden Ostseite Amerikas wie auf der Ostseite der Alten Welt, und daß sich auch die Linien der mittlern Winterkälte ähnlich verhalten. In Nordamerika bedecken sich noch die Flüsse Pennsylvaniens auf gleicher Breite von Rom jährlich mit eisiger Decke; Südlabrador und Südkamtschatka besitzen, obgleich über 15° südlicher gelegen, doch gleiche mittlere Temperatur mit dem nördlichsten Norwegen. Wie Wärme, so führen uns auch die äquatorialen Windströmungen Feuchtigkeit und Regen zu. Je weiter im Innern des Erdteils, um so geringer sind diese Wirkungen, und so finden wir denn gegen O. eine immer geringere mittlere Jahrestemperatur. Die Linien mittlerer Winterkälte steigen noch weiter an den Westküsten nach N. als die der mittlern Jahrestemperatur, während sich die Sommerlinien umgekehrt verhalten. Die kältern Winter und heißern Sommer des kontinentalen Ostens reichen bis in die vom östlichen Mittelgebirge umschlossenen Ebenen hinein. Der Hauptgrund für diese Erscheinung liegt, abgesehen vom Golfstrom, in dem Vorherrschen der aus NO. und SW. wehenden Winde; denn durch die Achsendrehung der Erde nehmen die ursprünglich von N. oder S. kommenden Luftmassen in E. diese Richtungen an. Das Vorkommen der Buche, deren Verbreitungszone etwa durch eine von der Nordküste Irlands zur Nordküste des Skagerrak und von hier zu der Donaumündung gezogene Linie gegen NO. begrenzt wird, bezeichnet ungefähr die Gegenden, in denen ozeanische Einflüsse vorherrschen; doch sind die Westgestade Skandinaviens, die nördlichen Gegenden Großbritanniens und Irland denselben gleichfalls unterworfen, und der Übergang zum Kontinentalklima findet überhaupt, wo nicht hohe Gebirge feststehende Wetterscheiden bilden, nur sehr allmählich statt. Die Inseln und Halbinseln haben eine durch das Meer bedeutend gemilderte Temperatur, sowohl im Sommer als im Winter. Großbritannien und Irland haben eine feuchte, nebelige Luft, fast immer bewölkten Himmel; aber die Kälte steigt (die Gebirge ausgenommen) nicht leicht über 12° C., und Schnee bleibt selten liegen. Das südliche Schweden und Norwegen hat im Winter mildere Temperatur als die östliche Tiefebene.

Vermöge seiner geographischen Lage hat fast ganz E. eine regelmäßige Folge von vier in den Witterungsverhältnissen verschiedenartig ausgeprägten Jahreszeiten. Nur der äußerste Süden und der äußerste Norden sind davon auszunehmen, indem die Übergangsjahreszeiten, Frühling und Herbst, dort unmerklich mit dem Sommer und dem nur durch häufigere Regengüsse sich ankündigenden Winter verschmelzen, hier aber, wo heiße Sommer und kalte Winter, wie in allen Polargegenden, ungemein schnell aufeinander folgen, von sehr geringer Dauer sind. Die Differenz der Temperatur zweier verschiedener Orte