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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Farne

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Farne (äußere Gestalt).

ist er mehr oder minder ausgeprägt cylindrisch, kriechend oder aufrecht. Im erstern Fall hat er meist eine langgestreckte Gestalt, ist bisweilen gabelförmig verzweigt und trägt die Wedel in deutlichen Abständen zweizeilig, nämlich abwechselnd rechts und links. Der aufrechte Stamm ist dagegen allseitig und dicht mit Wedeln besetzt, so daß er von den Basen derselben verdeckt wird; er bleibt entweder auch unterirdisch, oder erhebt sich über den Boden und erscheint dann bei den Baumfarnen als säulenförmiger, astloser, palmenähnlicher Stamm von 6-20 m Höhe und von Schenkeldicke, an dessen Spitze sich die riesenhaften Wedel ansetzen, während der übrige Teil nur von den Narben oder den Stümpfen der abgefallenen Wedel bedeckt (Fig. 1), oft auch von Wurzeln und Spreuschuppen umhüllt ist. Die meisten F. besitzen echte Wurzeln, gewöhnlich von langer und verhältnismäßig dünner Form; diese kommen bei den kriechenden Stämmen aus deren Unterseite, bei aufrechten meist aus dem Grunde der Wedelstiele; sie entstehen überall im innern Gewebe der Teile, an der Außenfläche der Fibrovasalstränge und wachsen daher stets aus der Rinde hervor. Nur den meisten Hymenophylleen fehlen die Wurzeln; sie werden bei diesen durch blattlose Sprosse u. dichten Haarfilz derselben sowie der übrigen Stammteile ersetzt. Der Farnstamm verjüngt sich dauernd an seiner Spitze, indem der dort besinnliche Vegetationspunkt mit seiner Scheitelzelle die Weiterbildung des Stammes und die Entstehung neuer Wedel vermittelt: die Stämme besitzen daher an ihrem Ende eine Terminalknospe. Hier finden wir die jüngsten Wedel, meist in verschiedenen Entwickelungszuständen und zwar bei allen Farnen schneckenförmig eingerollt, indem die spätere Rückseite des Wedels die Konvexität der Rollungen einnimmt. Die jungen Blätter der Knospe sind meist dicht bedeckt von den sogen. Spreuschuppen (paleae), trocknen, häutigen, braun gefärbten Schuppen, welche auch noch an den erwachsenen Teilen, vorzüglich an den Stielen und an der Rückseite der Rippen der Wedel, gefunden werden. Die Wedel sind echte Blätter, die sich aber von den Blättern der Phanerogamen dadurch sehr wesentlich unterscheiden, daß sie gleich Stammorganen längere Zeit an ihrer Spitze sich verjüngen, indem ihr Ende schneckenförmig eingerollt bleibt und sich fortbildet zu einer Zeit, wo die untern Teile des Wedels schon vollständig ausgebildet sind; bei manchen Farnen erfordert die Ausbildung der Wedel mehrere Jahre. Einige F. haben eine ungeteilte Blattfläche von linealischem bis eiförmigem Umriß. Meist aber ist dieselbe geteilt nach dem Typus gefiederter Blätter, und sehr häufig sind die Abschnitte wiederum fiederförmig geteilt. Man unterscheidet dann Abschnitte erster, zweiter etc. Ordnung. Bei manchen Farnen rücken die Fiederabschnitte weit auseinander, so daß sie an der Fortsetzung des Stiels wie besondere Blätter angeordnet sind, rechts und links gegenüberstehend oder alternierend. In diesem Fall kann die Verjüngung des Wedels in periodischen Unterbrechungen erfolgen, wie bei den Gleichenien, wo nach der Bildung jedes Gabelblattpaars die dazwischenstehende Spitze des Wedels im Knospenzustand verbleibt, um in einer spätern Periode zu einem neuen Stück mit einer neuen Blattverzweigung sich auszubilden. Noch größer ist die Ähnlichkeit des Wedels mit einem Stengelorgan bei der Gattung Lygodium, wo er einem windenden, bisweilen 10 m langen Stengel gleicht und in weiten Zwischenräumen Abschnitte trägt, die entweder wiederholt fiederteilige Blattform besitzen, oder abermals stengelförmig u. windend sind und erst ihre Seitenglieder blattartig werden lassen.

Der anatomische Bau der F. zeigt allenthalben einen deutlichen Unterschied zwischen Grundgewebe und Fibrovasalsträngen. Bei den Hymenophylleen und Gleicheniaceen wird der Stamm von einem einzigen zentralen Fibrovasalstrang durchzogen, und von diesem zweigen sich einzelne Stränge ab, welche in die Wedel eintreten. Bei zahlreichen andern Farnen erweitert sich dieser Strang zu einem cylindrischen, innen markführenden Rohr, das nur an Stelle der Blattinsektionen, also da, wo die Wedel vom Stamm abgehen, eine schmale, die Rinde mit dem Mark verbindende Spalte hat; von den Rändern dieser Spalten oder Blattlücken entspringen die in den Wedel ausbiegenden Gefäßstränge. Bei Farnen mit aufrechtem Stamm und vielzeiligen Blättern werden die Spalten oft sehr groß, und das ganze Gefäßbündelsystem wird dadurch einem vielmaschigen Netz gleich, dessen Maschen die Blattlücken sind; von den Rändern der letztern gehen die für die Wedel bestimmten Stränge als Zweige ab (Fig. 2). Manche kriechende Farnstämme entwickeln einen obern und einen untern bandförmigen Gefäßstrang, an welchen sich netzartige Gefäßstränge seitlich anschließen; auch treten bisweilen mehrere konzentrische, wie Kegelmäntel ineinander steckende Gefäßbündelschichten auf. Bei palmenartigen Farnstämmen kommen endlich außerdem gewöhnlichen Bündelnetz noch dünne, im Mark und in der Rinde verlaufende Stränge vor. Die Fibrovasalstränge des Stammes sind bald von rundem Querschnitt, bald bandförmig, wie namentlich bei den Cyatheaceen; sie werden als geschlossene bezeichnet, weil sie nicht, wie die der Dikotyledonen, einer

^[Abb.: Fig. 1. Oberes Stammstück von Alsophila armata.]

^[Abb.: Fig. 2. System der Fibrovasalstränge des Stammes von Aspidium Filix mas.]