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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Festung

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Festung (Küstenbefestigungen).

oder zwei 15 oder 21 cm Kanonen armiert ist. Sie sind im ganzen mit 30-40 Kampfgeschützen, außerdem zur Grabenbestreichung mit Mitrailleusen ausgerüstet. Größere Sperrforts an besonders wichtigen Punkten haben noch eine oder zwei permanente Annex- (Anschluß-) Batterien, auch eine Armierung bis zu 60 Geschützen u. etwa 1000 Mann Besatzung erhalten.

Befindet sich eine F. bei ausbrechendem Krieg noch im Neubau, und bleibt keine Zeit, sie nach den Grundsätzen der permanenten Befestigung zu vollenden, so wird man die angefangenen Werke mit einfachern Mitteln, statt in Mauerwerk unter Verwendung von Eisen, Holz, Beton und Erde, in möglichst gleicher Weise zu Ende führen. In derselben Art wird man noch nicht begonnene Forts oder überhaupt solche Punkte, deren Besitz dem Angreifer von großem Wert sein könnte, die aber im Frieden aus ökonomischen oder andern Gründen unbefestigt blieben, befestigen. Solche Anlagen heißen provisorische Befestigungen; sie sollen in Bezug auf Verteidigungsvermögen und Widerstandsfähigkeit permanenten Bauten möglichst nahe kommen und müssen deshalb sturmfrei sein. Da dies durch Tiefe und Mauerbekleidung des Grabens nicht erreicht werden kann, so müssen Hindernismittel, namentlich Drahtgeflechte und Verhaue, Ersatz bieten. Auf die Grabenflankierung aus Kaponnieren in Holzbau mit derselben Verteilung wie bei permanenten Forts wird man jedoch heute noch nicht verzichten können, obgleich ein zweckmäßigerer Ersatz für dieselben erwünscht wäre. Vielleicht bietet ihn die Zukunft durch Eisenbau und Revolverkanonen. In der Regel wird man auch den provisorischen Forts und Zwischenwerken im Grundriß die Form einer Lünette geben. Im übrigen muß die ganze Besatzung und Munition auch bombensichere Unterkunft erhalten. Es kann sogar notwendig werden, im Rücken einer Armee in dieser Weise festungsähnliche Stützpunkte (Positionsbefestigungen oder provisorische Festungen) herzustellen, wie es 1813 und 1866 bei Dresden und im russisch-türkischen Krieg 1877-1878 um Plewna, hier mit großem Erfolg, geschehen.

Küstenbefestigungen.

Eine eigentümliche Art permanenter Befestigung bilden die Küstenbefestigungen und zwar deshalb, weil sie gegen die See wirken und von Kriegsschiffen angegriffen werden, daher sich nicht gegen Belagerungen mit allmählich näher rückendem Angriff, wie Landfestungen, zu verteidigen haben. Als befestigte Küstenpunkte sollen sie feindlichen Schiffen die Benutzung von Häfen, Reeden, das Einlaufen in Flußmündungen, Meerengen etc. verwehren; da sie nur eine Beschießung von Schiffen, keinen förmlichen Angriff (Belagerung) zu erwarten haben, so werden sie meist als offene Erdwerke, Strand- oder Küstenbatterien, aber grundsätzlich nur für schwere Geschütze, Küstengeschütze, deren kleinstes Kaliber die 15 cm Kanonen sind, derart erbaut, daß jedes Geschütz zwischen zwei Traversen steht (Fig. 16). Wo aber ein enges Fahrwasser mit geringster Geschützzahl und Besatzung beherrscht werden soll und nur ein beschränkter Bauplatz zur Verfügung steht, kommen Panzerwerke zur Verwendung. Die auf Mauerbauten ruhenden Panzerungen (in England aus Walzeisen, in Deutschland aus Hartguß) sind entweder Batteriepanzer (Fig. 17 und 17a) oder Panzerdrehtürme (Fig. 18). Die Geschütze hinter Panzerungen liegen in Minimalschartenlafetten. Die Werke müssen so angelegt sein, daß sie gegen Hochflut, Seiten- und Rückenfeuer gesichert sind. Als befestigte Kriegshäfen sollen die Küstenbefestigungen mit einer vor der Hafeneinfahrt liegenden feindlichen Flotte den Kampf aufnehmen, um entweder das Auslaufen der eignen Schiffe zu begünstigen, oder eine Annäherung des Gegners behufs Beschießung des Hafens und der Marineanlagen, wie Arsenale, Werften, Docks, Magazine etc., zu verhindern. Diese Festungswerke werden, da sie auch gegen einen Angriff vom Land gesichert sein müssen, geschlossen, als Küstenforts, erbaut. Zahl und Lage derselben richten sich nach der Örtlichkeit, die es auch, wenn in der Nähe des Hafens größere Landungen ausführbar sind, erfordern kann, an die Küstenbefestigungen eine Landfestung anzuschließen, wie es z. B. bei Kiel geschehen soll. Diese Befestigungen allein sind aber nicht ausreichend, sie bedürfen noch einer Absperrung des Fahrwassers durch Seeminen (s. Torpedos), feste oder schwimmende Barrikaden, z. B. versenkte Schiffe, schwimmende, durch Ketten verbundene und verankerte Balken, Taue, Netzwerk, Ketten etc., die innerhalb des Wirkungsbereichs der Geschütze liegen müssen.

Den militärischen Dienst in jeder F. leitet im Krieg und Frieden ein Kommandant, in größern Festungen (Koblenz, Köln, Mainz, Straßburg, Metz, Ulm, Germersheim, Ingolstadt) auch Gouverneur genannt, dem dann meist noch ein Kommandant unterstellt ist. Ihm beigegeben ist ein Festungsstab, bestehend aus einem Artillerie- und einem Ingenieuroffizier vom Platz, die im Krieg Chef des Stabes beim Kommandeur der Artillerie und der Ingenieure werden, u. dem Platzmajor (Büreauvorsteher); außerdem haben die Gouverneure und der Kommandant von Posen noch einen Adjutanten, Straßburg, Metz, Königsberg und Thorn noch einen Generalstabsoffizier. Sonstige Behörden s. Garnison. -

Vgl. außer Werken der genannten Fortifikatoren: Aster, Unterricht in der Festungsbaukunst (Dresd. 1787-93, 2 Bde.); Struensee, Anfangsgründe der Kriegsbaukunst (Kopenh. 1797-98, 2 Bde.); Hoyer, Wörterbuch (Berl. 1815-17, 3 Bde.); Derselbe, Lehrbuch der Kriegsbaukunst (das. 1816-18); Blesson, Große Befestigungskunst (das. 1830); Zastrow, Geschichte der beständigen Befestigung (3. Aufl., Leipz. 1854); Mangin, Abhandlung über die Polygonalbefestigungskunst in Deutschland (a. d. Franz., das. 1855); H. Müller, Widerlegung Mangins (Berl. 1856); Fesca, Handbuch der Befestigungskunst (das. 1852 bis 1853, 2 Bde.); Blumhardt, Die stehende Be-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 18. Panzerdrehturm für Küstenbefestigungen. a Vorpanzer aus Hartguß, h Panzerkuppel aus Hartguß, c Deckplatte aus Walzeisen, d Drehvorrichtung.]