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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Flügelkappen - Flugsand.

Flügelkappen (ungarische Hüte), Kopfbedeckung der Husaren Friedrichs d. Gr., welche sich bei den preußischen Landwehrhusaren bis 1867 erhielt, eine hohe, schirmlose, cylindrische Mütze aus schwarzem Filz, um welche ein langer, in eine Quaste auslaufender, farbig gefütterter Tuchstreifen gewickelt war, der bei feierlichen Gelegenheiten losgebunden wurde.

Flügellose Insekten, s. v. w. Apteren.

Flügelmann, beim Militär der erste und der letzte Mann eines Gliedes, je nach der Stellung der rechte oder linke F. genannt. Die Flügelmänner müssen für Einhalten der Abstände und Richtung beim Exerzieren gut ausgebildet, im Gefecht zur Bewahrung des Zusammenhalts in der Truppe auch moralisch zuverlässig sein; man nimmt gern Gefreite an diese Plätze. Die Wahl eines Mannes namentlich zum rechten F. gilt stets als Auszeichnung. Flügelunteroffiziere, Unteroffiziere, welche auf dem rechten und linken Flügel jedes Zugs bei geschlossenen Abteilungen Richtung, Abstand und Marschtempo regeln, für Einhalten der angegebenen Richtung beim Vorgehen und Zusammenhang mit den Nebenabteilungen sorgen. Die äußern Flügelrotten zerstreut kämpfender Abteilungen haben die Flanken zu überwachen, Überflügelungen, von seitwärts drohendes Feuer u. dgl. beizeiten zu melden.

Flügelschraube, Schraubenmutter oder Schraubenspindel mit zwei Griffen (Flügeln), an welchen man sie ohne Schraubenschlüssel herumdrehen kann.

Flügelschrein, s. v. w. Flügelaltar, s. Altar.

Flügeltang, eßbarer, s. Laminaria.

Flugfeuer (Flogfeuer), s. Rose.

Flugfisch, s. Fliegender Fisch.

Flüggen, 1) Gisbert, Maler, geb. 9. Febr. 1811 zu Köln, lernte als Knabe in einer Galanteriewarenfabrik seiner Vaterstadt, wendete sich später der Kunst zu und ging 1833 zu seiner Ausbildung nach München, wo er 1835 seinen bleibenden Wohnsitz nahm und 3. Sept. 1859 starb. Seine Bilder sind ausgezeichnet durch technische Vollendung, glückliche Gruppierung und lebensvollen Ausdruck. In der Wahl der Stoffe erinnert er an Hogarth und Wilkie, er liebte gleich diesen die Schilderung der Kontraste und Konflikte des sozialen Lebens. Zu seinen besten Bildern gehören: der Sonntagnachmittag; der unterbrochene Ehekontrakt (von Driendl lithographiert); die überraschten Diener; die Politiker; der Schachspieler (von Köhler lithographiert); die Spieler, im städtischen Museum in Mainz; Vaterfreude, dreimal wiederholt; die Verlobung; die Weinprobe (von Raab gestochen); die Prozeßentscheidung; die Goldmakler (von Geyer gestochen); der Morgenkuß; die Auspfändung. Außerdem fanden sein Wucherer und Künstler, die Waise, die Genesende und die Sänger auf dem Chor einer Dorfkirche lebhaften Beifall. Als seine Meisterwerke gelten: die letzten Augenblicke des Königs Friedrich August von Sachsen, im Besitz des Königs von Sachsen, und die Erbschleicher, im Museum zu Hannover.

2) Joseph, Maler, Sohn des vorigen, geb. 1842 zu München, bildete sich anfangs bei seinem Vater, dann auf der Akademie und insbesondere bei Karl Piloty aus. 1866 ging er nach Paris, London und Antwerpen und nahm in letzterer Stadt viel von der altertümlichen Richtung des Malers Leys an. Seine Porträte sind von lebensvoller Auffassung und geschickter Modellierung; seine Genrebilder, weniger geistvoll als die seines Vaters, sind in den Motiven einfach und verraten einen feinen Takt in der Komposition und im Kolorit. Das erste derselben war (1868) die von ihrem Schwager vertriebene Landgräfin Elisabeth von Thüringen, die mit ihren vier Kindern im Winter in einer verfallenen Hütte Zuflucht findet. Der Wirtin Töchterlein, nach Uhland (1869), sprach die auf das Empfindsame gerichtete Eigenart seines Talents noch deutlicher und erfolgreicher aus, und der gleichen Richtung gehören auch seine spätern Schöpfungen an: Familienglück; am Strand von Genua; das schmollende Liebespaar; Milton, der das "Verlorne Paradies" diktiert; des Goldschmieds Töchterlein; die Landgräfin Margarete, die von ihren Kindern Abschied nimmt; Regina Imhof, spätere Gemahlin Georg Fuggers, die Brautgeschenke empfangend; die Taufe des Kaisers Maximilian I. Seine süßliche Farbengebung und seine flaue Charakteristik sind der Ausdruck seiner Empfindungsweise.

Fluggestübe, s. Flugstaub und Hüttenrauch.

Flughaut (Patagium), eine die Stelle der Flügel oder eines Fallschirms vertretende Ausbreitung der Haut an Rumpf und Gliedmaßen bei den Fledermäusen, einigen Beuteltieren (Petaurista), Halbaffen (Galeopithecus) und Eichhörnchen (Pteromys) sowie bei Eidechsen (Draco: "fliegender Drache").

Flughörnchen, s. Eichhörnchen.

Flughühner (Pteroclidae), Familie aus der Ordnung der Scharr- oder Hühnervögel (s. d.).

Flugmaschinen, s. Luftschiffahrt.

Flugsand, feine, etwas abgerundete Quarzkörner, welche nur einige Prozente andrer Mineraltrümmer (Feldspat, Glimmer, Kalk, Magnet- oder Titaneisenstein, auch Hornblende, Augit, Hypersthen, Basalt, Kohlenpartikelchen) beigemengt enthalten. Der F. bildet ausgedehnte Ablagerungen in allen Weltteilen, in Europa besonders in der Norddeutschen Ebene, in den dänisch-deutschen Inselebenen, in den ungarisch-österreichischen Donauebenen, den französischen Landes, den nordwestlichen Ebenen Rußlands und in eigentümlicher Bildung an den Küsten von Holland, Belgien, Norddeutschland, Dänemark, Rußland und an der französischen Westküste, wo er die Seestranddünen bildet. Seine chemische Zusammensetzung ist für den Pflanzenbau höchst ungünstig, er enthält bis 99,26 Proz. Kieselsäure und von den wichtigsten Pflanzennahrungsmitteln, wie Kali, Phosphorsäure, Kalk und Magnesia, oft nur Spuren. Dabei ist der aus dem Meer kommende Strandsand in der Regel entschieden weniger unfruchtbar als derjenige des Binnenlandes, und der ärmste F. ist der nordische, welcher durch völligen Kalkmangel alle Pflanzen ausschließt, die irgend nennenswerte Ansprüche an Kalk und Magnesia machen. Der fruchtbarste F. Europas ist der Banater Wüstensand. Charakteristisch für den F. ist seine Beweglichkeit in trocknem Zustand, durch welche er vom Wind zu Schollen und Dünen (s. d.) zusammengetrieben wird, welche im Binnenland und an der See oft eine bedeutende Höhe erreichen. Die kleinern Sandkörner folgen am leichtesten dem Wind, und daher enthalten die ausgewehten Kehlen gröbern Sand, oft selbst nur großstückige Beimischungen des Flugsandes, so daß sie durch physikalische Verhältnisse noch unfruchtbarer werden als der ursprüngliche Boden. Diese Kehlen setzen der Beweglichkeit des Flugsandes ein Ziel, und er wird um so früher zur Selbstberuhigung gelangen, je weniger tief das Sandlager ist. In Norddeutschland liegt der F. meist auf andern Sandschichten, welche durch eine daumendicke, zuweilen mehr als fußstarke Schicht von Eisensandstein (Ort, Ur, Ortstein, Knick, Eisen, Limonit) gedeckt werden. Diese Masse findet sich besonders unter Heideboden, enthält im Durchschnitt 1,37 Proz.