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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Frankreich

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Frankreich (Bodenbeschaffenheit).

rauhes Weideland für Kühe und Schafe, von denen die dünngesäete Bevölkerung Käse gewinnt. Jenseit des Thals der Truyère erhebt sich die mittlere und größte Gruppe, der Cantal, ein mächtiger, dem Ätna vergleichbarer erloschener Vulkan, ein Trachytdom, dessen Hauptgipfel, der Plomb du Cantal, 1858 m Höhe erreicht. Das Gebirge ist von den Meteorwassern und zahlreichen kleinen, radialen Flüssen derartig tief eingefurcht worden, daß ohne besondere Schwierigkeiten durch einen Tunnel von 1159 m Höhe mitten durch dasselbe unter Benutzung zweier korrespondierender Thäler die Eisenbahn von Clermont nach Toulouse hat gelegt werden können. Herrliche Wälder bedecken zum Teil noch heute das Gebirge, namentlich an der regenreichern Westseite. Die dritte, nördlichste Gruppe, durch ein überaus ödes Hochland vom Cantal getrennt, zerfällt wieder in zwei Gruppen, die des Mont Dore und die des Puy de Dôme. Erstere gipfelt in der Vulkanruine des Puy de Sancy (1886 m), des höchsten Gipfels Innerfrankreichs, an welchem die Dordogne entspringt, die in tief eingeschnittenem Thal erst nördlich, dann westlich gewendet das ganze Gebirge durchfließt. Mehr als 30 km weit haben sich einzelne Lavaströme ergossen, und mehrere kleine Moore füllen kleinere, noch als solche erkennbare Krateröffnungen; andre Seen sind als Aufstauungen durch Lavaströme anzusehen. Heiße, vielbesuchte Heilquellen (Mont Dore und Bourboule) zeugen noch von der ehemaligen vulkanischen Thätigkeit, die hier von der zweiten Hälfte der Tertiärzeit bis zum Beginn der Quartärzeit geherrscht hat. Die Gruppe des Puy de Dôme besteht aus einer südnördlichen Reihe von mehr als 60 vulkanischen Kegeln (Puys), die sich mit zahlreichen wohlerhaltenen Kratern und Lavaströmen auf ca. 1000 m hohem Granitplateau 150-500 m hoch erheben, der Puy de Dôme selbst mit 1465 m der höchste. Das Granitplateau, auf welchem sich diese alten Vulkane der Auvergne erheben, setzt sich noch weit nach W. fort, durch die Flüsse in zahlreiche Stücke zerschnitten. Der höchste und rauheste Teil desselben, in dem aber kein Gipfel 1000 m erreicht, ist das Plateau von Millevache (Mont Besson 984 m) mit den Quellen der Vienne, der Creuse, der Vézère und andrer Zuflüsse der Dordogne. Weite Striche sind hier mit Heidekraut bewachsen, aber auch Eichen- und Kastanienwälder finden sich. Der westlichste Teil wird als Plateau von Limousin bezeichnet. Auch hier kommen einzelne kleinere Kohlenbecken, wie die von Argentat und Brive im Dordogne-, von Decazeville im Lotbecken, vor.

Das zentrale Hochfrankreich ist der verhältnismäßig am dünnsten bevölkerte und ärmste Teil des Landes, mit wenig fruchtbarem Boden und rauhem Klima, abgeschieden vom Weltverkehr. Nur einzelne Becken am Rande desselben machen, zum Teil erst in neuester Zeit durch Auffindung von Kohlenlagern, eine Ausnahme. Die Bevölkerung ist rauh und ungelenk wie der Boden, noch fern von Hyperkultur, aber bieder und ehrlich; alljährlich wandern Tausende derselben aus, um in den Ebenen und großen Städten, namentlich in Paris, Unterhalt zu suchen. Das Hochland ist rings von einer breiten Zone jurassischer Gesteine, namentlich Kalksteine, umlagert, durch die es sich allmählich gegen das Becken der Loire und Garonne wie gegen den Ozean hinabsenkt. Namentlich im W., in den historischen Landschaften Angoumois und Aunis, ist dieselbe sehr breit, und im SW., zwischen dem mittlern Aveyron und Lot, entwickelt sie sich noch einmal zu einem den Causses ähnlichen Plateau, das nur infolge geringerer Höhe auch milderes Klima hat. Man kann den Wechsel der geologischen Formation am Lauf der Flüsse, des Lot, der Dordogne u. a., erkennen, welche beim Eintritt in die Juraschichten außerordentliche Schlangenwindungen zu beschreiben beginnen. So ist das aus altkristallinischen Gesteinen aufgebaute zentrale Hochfrankreich fast ringsum (nur in den Bergen des Vivarais treten dieselben unmittelbar an den Rhône heran) von einer breitern oder schmälern Zone jurassischer Gesteine umschlossen, die in Bezug auf Klima, Bodenerzeugnisse und Fruchtbarkeit sich deutlich von jenen abheben und, meist nur aus Hügelland bestehend, den Übergang zu den das Hochland an drei Seiten umlagernden Ebenen des Rhône, der Garonne, Loire und Seine bilden, so daß eben nur im NO. eine Verbindung mit den östlichen Grenzgebirgen vorhanden ist.

Im O. zunächst ist Hochfrankreich vorgelagert und trennt es wie ein Graben von Alpen und Jura die breite Thalebene der Saône und des Rhône, welche sich nach NO. im Thal des Doubs bis zur Ill und dem Elsaß fortsetzt als ein mehrere Meilen breites Thor von kaum 350 m Höhe, durch welches eine Heer- wie Handelsstraße seit der ältesten Zeit aus Südwestdeutschland nach Südostfrankreich und dem Mittelmeer, jetzt auch Eisenbahn und (Rhein-Rhône-) Kanal führen. Daher die hohe strategische Bedeutung von Belfort und des jetzt so verstärkten Besançon. Diese Pforte erweitert sich zur Ebene von Burgund, die bei einer Höhe von 200-250 m, einer Breite von 41-50 km und auf weite Strecken fast wagerechtem Boden (tertiäre und quartäre Schichten, nach den Rändern zu Jurakalk) von der langsam fließenden Saône, die sich oberhalb Châlon, dem Mittelpunkt der Ebene, mit dem Doubs vereinigt, entwässert wird. Sie hebt sich in dem Hügelland der Franche-Comté sanft auf die Höhen des Jura, während sie nach S. hin, zwischen Saône und Ain, dem Rhônezufluß aus dem Jura, sich zu dem merkwürdigen, von unzähligen kleinen Seen bedeckten kleinen Plateau (300 m) des Pays de la Dombes hebt. Auch jenseit von Lyon, dem Vereinigungspunkt von Saône und Rhône und darum einem wichtigen Verkehrsmittelpunkt, erstreckt sich die Ebene überwiegend auf dem linken Rhôneufer; aber im S. der Isère treten die Vorhöhen der Alpen näher an den Rhône heran, und die Ebene verengert sich; noch mehr südlich von der Drômemündung, jenseit Montélimart, aber tritt der Fluß durch die Enge von Donzère in die sich nun immer mehr erweiternde Ebene der Provence und von Languedoc, die sich, rings von Bergen umsäumt, ihrem Klima und ihrer Vegetation nach durchaus vom übrigen F. absondert. Auch sie besteht fast nur aus tertiären und quartären Bildungen, zum Teil, wie schon von Avignon an, jüngster Entstehung. Die Ebene von Languedoc, vom Rhône bis zu den Pyrenäen, steht, eine bis in die Mitte der Tertiärzeit noch vorhanden gewesene Meerenge ersetzend, durch die Einsenkung von Castelnaudary (190 m), durch welche der Canal du Midi oder Languedockanal (s. d.) die Garonne und somit den Ozean mit dem Mittelmeer verbindet, mit dem Garonnebecken, der aquitanischen Ebene, in Verbindung. Das Garonnebecken, der ganze Südwesten von F., ist ein zu Ende der Tertiärzeit erst trocken gewordener Meeresteil, der sich als ein großes Dreieck zwischen dem Meer, dem zentralen Hochland und den Pyrenäen ausdehnt; Toulouse ist Mittelpunkt des obern, Bordeaux des untern Beckens, welches selbst im erstern Teil nur 133 m Seehöhe erreicht. Nach W. hin, am Meer entlang zwischen Adour und Gironde, besteht