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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Frauenvereine

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Frauenvereine (vom Roten Kreuz).

tet hervortritt". Die vorhandenen Hauptvereine: in Preußen der Vaterländische Frauenverein, in Bayern der Bayrische Frauenverein, in Sachsen der Albertverein, in Württemberg der Wohlthätigkeitsverein, in Baden der Badische Frauenverein, in Hessen der Alice-Frauenverein, im Großherzogtum Weimar das patriotische Institut der Frauenvereine und in Mecklenburg der Marien-Frauenverein, sind in sich selbst fest gegliedert; sie bilden zusammen den Verband der deutschen F., dessen Geschäfte durch einen ständigen Ausschuß geleitet werden (Beschluß des Würzburger Vereinstags vom 12. Aug. 1871 und des zweiten Verbandstags zu Dresden 25.-27. April 1878). Dieser aus je einem Delegierten der oben genannten Hauptvereine bestehende Ausschuß leitet die gemeinsame Vereinsthätigkeit und soll im Kriegsfall das Zusammenwirken mit den Männervereinen durch das Zentralkomitee der deutschen Vereine vom Roten Kreuz vermitteln. Im Frieden ruft derselbe die Verbandstage der deutschen F. zusammen. Für diesen Verband besteht seit 1875 zur Förderung eines einheitlichen Zusammenwirkens und eines regen Meinungsaustausches eine Monatsschrift: "Deutscher Frauenverband". Der am 11. Nov. 1866 gegründete, unter der Protektion der Kaiserin stehende Vaterländische Frauenverein umfaßt Preußen, die Reichslande und noch 39 Vereine auf außerpreußischem Gebiet. Er gliedert sich in Provinzialverbände in sämtlichen Provinzen des Königreichs und in einen Landesverein für die Reichslande; Bezirksvereine bestehen in den Regierungsbezirken Aachen, Kassel, Koblenz, Köln, Trier, Düsseldorf und Wiesbaden. Die Provinzialverbände der Provinzen Sachsen, Schlesien und Pommern stehen mit den betreffenden Männerpflegevereinen in einer organischen Verbindung. Die Zahl der Zweigvereine beträgt (1886) 594, und zwar entfallen: 39 auf außerpreußisches Gebiet, 112 auf Ostpreußen, 28 auf Westpreußen, 48 auf Brandenburg, 36 auf Pommern, 31 auf Posen, 77 auf Schlesien, 46 auf Sachsen, 16 auf Schleswig-Holstein, 21 auf Hannover, 56 auf Westfalen, 33 auf Hessen-Nassau, 49 auf Rheinland, 2 auf die hohenzollerischen Lande. Der Vaterländische Frauenverein besaß Ende 1885 ein Vermögen von 3,437,743 Mk. und zwar der Hauptverein 405,455 Mk., die Zweigvereine 1,611,380 Mk. und 1,420,908 Mk. als ungefährer Wert der den Vereinen gehörigen Grundstücke etc. - Die Zahl der Mitglieder beträgt 68,324 (57,265 ordentliche, 11,059 außerordentliche). Zur Aufnahme in den Verein als ordentliches Mitglied ist jede unbescholtene Frau oder Jungfrau ohne Unterschied des Standes und ohne Rücksicht auf das religiöse Bekenntnis befähigt, sobald sie sich zu einem Beitrag von 50 Pf. für den Monat und außerdem zu bestimmten persönlichen Leistungen für den Verein verpflichtet. (Statuten vom 1. Mai 1867, revidiert 24. Mai 1869.) In Kriegszeiten arbeitet der Vaterländische Frauenverein unter Oberleitung des Preußischen Vereins zur Pflege im Feld verwundeter und erkrankter Krieger; in dessen Zentralkomitee ist er durch drei Vorstandsmitglieder vertreten, welche gleichzeitig auch im deutschen Zentralkomitee Sitz und Stimme haben. Für Erledigung gemeinsamer Angelegenheiten in Bezug auf die für die Kriegszwecke vorbereitende Friedensthätigkeit besteht ein gemeinsamer Ausschuß. Der Verein verfolgt, abgesehen von den statutenmäßigen Leistungen in Kriegszeiten, folgende Friedenszwecke: 1) Hilfe in allgemeinen Notständen; 2) Unterstützung der Gemeinde-Armen- und Krankenpflege im engsten Anschluß an die Organe der staatlichen, kommunalen und kirchlichen Armenpflege; 3) Krankenpflege, namentlich Gemeindearmenkrankenpflege, unter Zuziehung von ausgebildeten Krankenpflegerinnen; 4) Ausbildung von Krankenpflegerinnen; 5) Unterhaltung, bez. Unterstützung von Krankenanstalten, Siechenhäusern, Armenhäusern, Kinderhospitälern und Waisenhäusern; 6) Mitwirkung bei der Beaufsichtigung der Pflege- und Ziehkinder; 7) Errichtung von Kleinkinderbewahr- und Rettungsanstalten sowie Fürsorge für verwahrloste Kinder; 8) Unterhaltung von Näh- und Flickschulen, Industrieanstalten, Arbeits- und Sonntagsschulen, Aufsichtsführung in denselben; 9) Unterstützung von Taubstummen, Blinden und Idioten sowie der bezüglichen Anstalten; 10) Unterhaltung von Asylen, Gesellen- und Mägdeherbergen; 11) Unterstützung Überschwemmter und Abgebrannter und sonstiger Verunglückten; 12) Unterhaltung und Einrichtung von Volksküchen, Schulküchen und Suppenanstalten; 13) Weihnachtsbescherungen für Arme und Kinder; 14) Fürsorge für arme Konfirmanden; 15) Wöchnerinnenunterstützung; 16) Beschäftigung alter, schwacher sowie arbeitsloser Arbeiterinnen und Beförderung der Hausindustrie; Zentralverkaufsstelle der vaterländischen F. zu Berlin; 17) Anfertigung von Wäsche, Errichtung von Wäschedepots; 18) Einrichtung und Unterhaltung von Volksbibliotheken; 19) Unterstützung von Invaliden-, Landwehr- und Reservistenfamilien; 20) Unterhaltung von Mustersammlungen von Lazarett- und Verbandgegenständen und 21) Vorarbeiten für die Errichtungen Hilfslazaretten, Erfrischungsstationen, Gestellung von Krankenpflegepersonal etc. im Kriegsfall. Die oben genannten Landesvereine, an deren Spitze als Präsidentinnen oder Protektorinnen in der Regel die betreffenden Landesfürstinnen stehen, verfolgen gleiche Zwecke, zum Teil allerdings in etwas beschränkterm Maß. Sie nehmen sämtlich neben den Landesmännervereinen eine im Frieden mehr oder weniger selbständige Stellung ein; im Krieg ordnet sich die Mehrzahl den betreffenden Landesmännervereinen unter; andre haben über die gemeinsame Thätigkeit besondere Vereinbarungen getroffen, und nur in einigen Ausnahmefällen fehlt es noch an solchen Vereinbarungen.

Auch in Österreich-Ungarn sind F. vom Roten Kreuz thätig. Sie nehmen aber nicht, wie in Deutschland, eine ganz selbständige, mehr oder weniger gesonderte Stellung ein, sondern sind vollständig eingefügt in die allgemeine Vereinsorganisation, sie bilden integrierende Teile in Cisleithanien: der österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz, in Transleithanien: des Vereins vom Roten Kreuz der Länder der heiligen Krone Ungarns. Ihre Thätigkeit beschränkt sich auf den Krieg und auf die erforderlichen Vorbereitungen zu dieser Kriegsthätigkeit, namentlich die Ausbildung von Pflegerinnen. Eine eigentliche Friedensthätigkeit, wie diese von den deutschen Vereinen verfolgt wird, kennen diese Vereine nicht. Protektorin ist die Kaiserin. In Cisleithanien existieren in allen Kronländern patriotische Frauenhilfsvereine, welche unter Wahrung ihrer Autonomie in eignen Vereinsangelegenheiten in der Bundesversammlung der österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz durch Delegierte vertreten werden und einen jährlichen Beitrag zum Zentralfonds leisten. Zweigvereine existieren, sie gelten jedoch immer nur als integrierende Bestandteile des betreffenden Landes-Frauenhilfsvereins. In Ungarn dagegen bilden die F. lediglich eine Sektion des Gesamtver-^[folgende Seite]