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Frauenviole - Fräulein.
eins, und diese Sektionseinteilung ist bei allen Filialen (Zweigvereinen) durchgeführt. Die Vorsitzende der Frauensektion ist stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der betreffenden Filiale. Auch in Frankreich existiert innerhalb des Vereins vom Roten Kreuz ein Frauenkomitee, allerdings mit weniger umfangreicher Thätigkeit, ohne eigentliche Selbständigkeit und lediglich als eine Abteilung des großen Landesvereins. Die Ausdehnung der Thätigkeit auf den Frieden nach deutschem Muster wird jetzt angestrebt, zeigt sich aber mit den größten Schwierigkeiten verbunden. In Rußland liegen die Sachen ähnlich, besondere, selbständige F. vom Roten Kreuz gibt es nicht; auch das amerikanische Rote Kreuz kennt keine getrennten Frauen- und Männervereine. Vgl. v. Criegern, Das Rote Kreuz in Deutschland (Leipz. 1883); "Handbuch der deutschen F. unter dem Roten Kreuz" (Berl. 1881).
II. Andre Frauenvereine.
Die Bestrebungen zur Hebung und Erweiterung der Erwerbsfähigkeit und Erwerbsthätigkeit des weiblichen Geschlechts haben als praktische Resultate der Frauenfrage (s. d.) die Gründung zahlreicher F. zur Folge gehabt. Wirkliche Verdienste und namhafte Erfolge hat in dieser Beziehung der unter dem Protektorat der deutschen Kronprinzessin Viktoria stehende, 1865 von dem im J. 1863 verstorbenen Lette gegründete Lette-Verein errungen. Derselbe besitzt gegenwärtig eine Handelsschule, eine Zeichenschule und eine Anzahl gewerblicher Kurse. Die Gesamtzahl der Schülerinnen sämtlicher Anstalten des Vereins belief sich 1879 auf 1043, worunter 159 Freistellen. Unter anderm werden Handarbeitslehrerinnen und Modelleure dort ausgebildet, sowie auch eine Kunstindustrieschule unterhalten wird. Das Viktoria-Stift ist für die Aufnahme weiblicher Pensionärinnen bestimmt. Außerdem hat der Verein ein Arbeitsnachweisungs-Büreau eingerichtet und besitzt den Viktoriabazar für den Verkauf weiblicher Handarbeiten, ein Damenrestaurant mit Kochschule, eine Welsch- und Plättanstalt, sogar eine Darlehnskasse (Lette-Stiftung). Die Fortbildungsschule für die aus der Schule entlassene weibliche Jugend zählte schon im ersten Jahr ihres Bestehens 299 Schülerinnen. Dem Lette-Verein reiht sich der Allgemeine deutsche Frauenverein in Leipzig (gegründet 1865 von Luise Otto-Peters) an, der gleich jenem bestrebt ist, für die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und für die Befreiung der weiblichen Arbeit von allen ihrer Entfaltung entgegenstehenden Hindernissen mit vereinten Kräften zu wirken. Im Anschluß an diese beiden Hauptvereine schreitet vielerorten in Deutschland die Entwickelung von Frauenvereinen sichtlich vorwärts. An den Lette-Verein lehnt sich der Verband deutscher Frauenbildungs- und Erwerbsvereine (Lette-Verband), dessen Organ der "Deutsche Frauenanwalt", redigiert von Jenny Hirsch, bildet. Zwischen den Lette-Vereinen, wie solche in vielen größern Städten, in Hamburg, Berlin, Bremen, Stettin, Rostock, Breslau, Braunschweig, Mainz, Darmstadt, Karlsruhe, Hannover etc., gegründet sind, u. dem Allgemeinen deutschen Frauenverein, der in andern Orten, Dresden, Kassel, Eisenach, Stuttgart, Gotha, Zwickau, Frankfurt a. M. etc., Zweigvereine und in den von Auguste Schmidt redigierten "Neuen Bahnen" sein Vereinsorgan besitzt, besteht insofern ein prinzipieller Unterschied, als der letztere die weibliche Selbsthilfe vorzugsweise betont, die Männer, abgesehen von einer Ehrenmitgliedschaft, daher gänzlich ausschließt, und als er durch Wanderversammlungen für die Ausbreitung der vertretenen Ideen wirken will. Der Lette-Verein hingegen läßt die Männer zur Mitgliedschaft zu und will den Weg der Agitation nicht früher eingeschlagen wissen, als bis klare Ziele und feste Resultate gewonnen worden sind. F., welche ähnliche Ziele verfolgen wie die deutschen, bestehen teilweise auch in andern Ländern, so in Österreich der Wiener Frauenerwerbverein und verwandte Vereine in andern größern Städten, in Pest ein Frauenbildungsverein, in Holland der Verein Tesselschade, der die Ausführung von Bestellungen auf Frauenarbeiten und durch eine Anzahl von Depots im Lande den Absatz von weiblichen Arbeitsprodukten vermittelt. In Nordamerika, wo die Frauenbewegung ausschließlich politischen Charakter trägt, haben sich Woman-suffrage-associations gebildet, deren alleiniges Streben auf die Erringung des Stimmrechts für das weibliche Geschlecht gerichtet ist.
Eine weitere Kategorie von Frauenvereinen bilden die zahlreichen reinen Wohlthätigkeitsvereine, welche beredtes Zeugnis ablegen für die Aufopferungsfähigkeit und Hingebung der Frauenwirksamkeit. In dieser Richtung bewegen sich die Vereine zur Fürsorge für die Erziehung des heranwachsenden Geschlechts in Waisenhäusern, die Bestrebungen für Rettungsanstalten verwahrloster Kinder, gesunkener Mädchen u. dgl., die Vereine für Gesundheitspflege etc. Eine gleichmäßig fortschreitende Thätigkeit entwickelt der Kinderschutzverein zu Berlin, der die Aufgabe verfolgt, durch Austhun von Säuglingen und Kindern im ersten Lebensalter an Pflegemütter und durch Überwachung der letztern der abscheulichen "Engelmacherei" entgegenzuwirken. In seinem Weitergang will dieses System der Beaufsichtigung von Haltekindern Ersatz bieten für die Findelhäuser.
Endlich sind die eigentlich wirtschaftlichen F. zu erwähnen. Sie stellen eine Art genossenschaftlicher Unternehmung dar auf der Basis freier Vereinsbildung und beruhen auf dem Prinzip der Selbsterhaltung aus eignen Geschäftserträgnissen. Reine Unternehmungen sind sie nicht, weil die oberste Geschäftsleitung unentgeltlich als Ehrenamt von Frauen in Verbindung zugleich mit Männern wahrgenommen wird. Hierher gehören die Volksküchen (s. d.) und die Hausfrauenvereine (s. d.), Schöpfungen, dem Berliner Boden entsprossen und ihrem Wesen nach durch das Verdienst von Frau Lina Morgenstern ins Leben gerufen und lebensfähig gemacht. Dieselbe gibt seit 1874 die "Deutsche Hausfrauenzeitung" heraus, neben welcher auch die "Wiener Hausfrauenzeitung" (hrsg. von Taußig, seit 1875) zu erwähnen ist.
Frauenviole, s. Hesperis.
Frauenwörth, s. Chiemsee.
Frauenzimmer, ursprünglich (seit dem 15. Jahrh. vorkommend) s. v. w. Frauengemach, das abgesonderte Zimmer, in welchem sich die Frauen und Dienerinnen des Hauses aufhielten; wurde dann als Kollektivbegriff ("das F.") auf die Gesamtheit der darin wohnenden Frauen, die weibliche Dienerschaft, das Gefolge der Fürstin, bald auch auf die Frauen überhaupt (und zwar in der Regel vornehme und wohlgesittete) übertragen und bildete sich endlich (seit dem 17. Jahrh.) zur Bezeichnung einer einzelnen weiblichen Person von Stand und Bildung aus.
Frauenzins, s. Bedemund.
Fräulein, s. v. w. Jungfrau, ehedem Bezeichnung für Mädchen aus adligem Geschlecht (s. Gnädig); später auf jedes erwachsene Mädchen von guter Familie angewandt und jetzt selbst in den untern Ständen für Mädchen üblich.