Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fräuleinsteuer; Fräuleinstift; Fraunhofer; Fraunhofersche Linien; Fraus; Fraustadt

630

Fräuleinsteuer - Fraustadt.

Fräuleinsteuer, s. Apanage und Aussteuer.

Fräuleinstift, Stift für adlige unverheiratete Damen (s. Stift).

Fraunhofer, Joseph von, Optiker, geb. 6. März 1787 zu Straubing in Bayern, trat 1799 bei einem Spiegelmacher und Glasschleifer in die Lehre, gewann durch einen Unglücksfall die Teilnahme des Hofkammerrats v. Utzschneider, welcher ihn mit Lehrbüchern der Mathematik und Optik versah. Ein Geschenk vom König Max benutzte er zur Beschaffung einer Glasschleismaschine und zur Abkürzung seiner Lehrzeit. Er begann in Metall zu gravieren, sah sich jedoch durch den Krieg in seinem Erwerb gestört, stand wieder als Glasschleifer in Kondition, bis er 1807 in dem mathematisch-mechanischen Institut von Reichenbach, Utzschneider u. Liebherr als Gehilfe angestellt wurde. Hier glaubte er die Mangelhaftigkeit der dioptrischen Fernrohre darin zu erkennen, daß die Gläser nicht genau nach der Theorie geschliffen seien, und konstruierte deshalb nach Liebherrs Idee die Radius- oder Pendelschleifmaschine sowie eine Poliermaschine, mit deren Hilfe er die verlangte Gestalt der Gläser mit mathematischer Genauigkeit hervorbringen konnte (wobei zuerst die Newtonschen Farbenringe zum Kontrollieren der Arbeit benutzt wurden). Er konstruierte auch ein Sphärometer und äußerst empfindliche Taster und erreichte durch diese Leistungen, daß er schon 1809 als Teilhaber von Utzschneider u. Reichenbach aufgenommen und zum Leiter des nach Benediktbeuern verlegten optischen Instituts der Firma ernannt wurde. Um eine sichere Basis für die Konstruktion der achromatischen Objekte zu gewinnen, untersuchte er die Brechungsexponenten der verschiedensten Gläser für die verschiedenen Farben und gelangte dabei zur Entdeckung der dunkeln Linien im Sonnenspektrum (Fraunhoferschen Linien), die er nun zur Bestimmung der Brechungsexponenten ganz bestimmter Farben benutzte. Nunmehr konnte er fast vollständig achromatische Gläserkombinationen berechnen und herstellen, dabei aber erkannte er die Mängel der gebräuchlichen Flintglassorten und bemühte sich deshalb seit 1811 mit bestem Erfolg, völlig homogenes Glas für optische Zwecke herzustellen. Durch die nun gebotene Möglichkeit, mit dioptrischen Fernrohren den besten englischen Teleskopen Konkurrenz zu machen, war der Weltruhm der optischen Anstalt begründet. Große Verbesserungen brachte er bei der Aufstellung der astronomischen Refraktoren an, indem er die Bewegungsmechanismen so einrichtete, daß man der Bewegung der Gestirne mit größter Stetigkeit folgen konnte. Gleichzeitig versah F. die Fernrohre mit einer Anzahl der vollkommensten Meßapparate. Seit 1811 beschäftigte er sich auch mit dem Bau von Mikroskopen, und 1816 war sein großes Instrument vollendet, welches sich durch ein Schraubenmikrometer auszeichnete. Gleichzeitig erfand er das Heliometer, das vollendetste Doppelbildmikrometer, welches die Messung der Durchmesser und Entfernungen von Sonne und Planeten ermöglichte. F. wies auch nach, daß unser Auge kein achromatisches System ist, daß man, um bei verschiedener farbiger Beleuchtung scharf zu sehen, das Auge verschieden scharf akkommodieren müsse. Er untersuchte die Spektren der Planeten und Fixsterne und machte mit der Untersuchung des Lichts künstlicher Lichtquellen und des elektrischen Lichts die ersten Schritte auf dem Gebiet der Spektralanalyse, deren Bedeutung er schon ahnte. Für das Studium der Beugungserscheinungen gab er eine neue Methode an, indem er die beugende Öffnung unmittelbar vor das Objektiv eines Fernrohrs brachte; auch benutzte er zuerst statt der Öffnung die Gitter, bis 10,000 parallele Linien auf der Breite eines Zolles, welche er mit einer eigens konstruierten Teilmaschine zog. Die so beobachteten Beugungserscheinungen (Fraunhofersche) bieten das sicherste Mittel zur Messung der Lichtwellenlänge. Nachdem 1819 das Institut nach München übergesiedelt war, wurde F. 1823 Mitglied der Akademie und zum Professor und Konservator des physikalischen Kabinetts der Akademie ernannt. Seine vorzüglichste Leistung war der dioptrische Koloß, ein für Dorpat angefertigtes Fernrohr von 9 Zoll Objektivöffnung und 160 Zoll Länge mit einem überaus künstlichen Organismus der parallaktischen Maschine und einem Mikrometerapparat, welcher in Filar-, Netz-, Strichkreis- und Ringkreismikrometer zerfiel. Mit der Konstruktion eines noch größern Instruments beschäftigt, starb er 7. Juni 1826. Sein Leben beschrieben Utzschneider in den "Astronomischen Nachrichten" (Bd. 5), Merz in den "Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern" (1866) und Jolly (Rede, Münch. 1866). In München ist ihm ein Erzbild errichtet.

Fraunhofersche Linien, die dunkeln Linien im Sonnenspektrum, s. Farbenzerstreuung.

Fraus (lat.), betrügerischer, überhaupt rechtswidriger Vorsatz, Arglist, Gefährde; in diesem Sinn gleichbedeutend mit Dolus (s. d.), im Gegensatz zu Culpa (s. d.); Umgehung des Gesetzes überhaupt, daher in fraudem legis handeln, s. v. w. das Gesetz arglistig umgehen; in fraudem creditorum, zum Betrug (Schaden) der Gläubiger; sodann eine betrügerische, rechtswidrige Handlung, Übelthat, insbesondere die Hintergehung und Übervorteilung jemandes, d. h. die Erregung einer falschen Vorstellung in einem andern zu dem Zweck, demselben zu schaden, selbst aber einen Vorteil dadurch zu erlangen. Die Folgen der F. in zivilrechtlicher Beziehung bestehen in der Verpflichtung des Betrügers, dem Beschädigten vollen Schadenersatz zu leisten; dieses Recht wird in der Regel mit der Klage aus dem betreffenden Rechtsgeschäft, in Bezug auf welches die F. begangen worden, geltend gemacht, z. B. mit der Klage aus dem Kaufvertrag; sofern aber der Beschädigte eine solche Klage nicht hat, steht ihm eine besondere Deliktsklage (die actio doli) zu, mittels welcher er den durch die absichtliche, rechtswidrige Beschädigung erlittenen Schaden geltend machen kann; diese Klage geht nach gemeinem Recht auf den Ersatz des vollen Interesses, nach zwei Jahren aber nur noch auf den Gewinn, den der Beklagte von seinem Betrug hat. Fällt die F. unter den Begriff eines andern Delikts als Betrug, z. B. absichtliche Veräußerung zum Nachteil der Gläubiger, dolose Beschädigungen etc., so wird sie mit den Klagen aus diesen Delikten geltend gemacht. Über die kriminell strafbare F. s. Betrug. - F. optica, Gesichtstäuschung; pia f., frommer Trug, Trug in wohlmeinender Absicht.

Fraustadt (poln. Wszowa), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, nordöstlich von Glogau, 93 m ü. M., an der Linie Lissa-Glogau-Hansdorf der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, 2 evangelische und 2 kath. Kirchen, ein Zentralgefängnis, ein Waisenhaus, ein Realgymnasium, eine höhere Töchterschule, Gerberei, Färberei, Zigarrenfabrikation, Molkerei, Zuckerfabrik, 50 Windmühlen u. (1885) mit der Garnison (1 Bataillon Nr. 58) 7378 Einw. (darunter waren 1880: 2342 Katholiken, 344 Juden). Historisch merkwürdig ist die Stadt, welche 1348 von Schlesiern angelegt wurde und früher zum Fürsten-^[folgende Seite]