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Freiburg (im Breisgau).
bei Mömpelgard unter Werder (nach einem Modell von Möst in Karlsruhe) wurde 1876 enthüllt. Ein Meisterwerk gotischer Baukunst ist das Münster (jetzt erzbischöfliche Kathedrale), dessen einzelne Teile verschiedenen Zeiten angehören. Von der um 1120 begonnenen romanischen Kirche sind noch die Querschiffe und die untern Partien der Hahnentürme erhalten. Das dreischiffige Langhaus mit seinem schönen Turm, der um 1287 vollendet wurde, ist in frühgotischem Stil erbaut. Der Bau des Chors ist erst 1354 begonnen. Das Münster ist aus rotem Sandstein in Form eines Kreuzes gebaut. Das mittlere Schiff des Langhauses ist 52,5 m lang und 8,1 m breit, die beiden Seitenschiffe haben nur eine Breite von je 6 m; das mittlere Gewölbe hat eine Höhe von 24,6 m; die Länge der ganzen Kirche beträgt 120 m. Das untere Dritteil des 116 m hohen Turms bildet ein Viereck, in welchem sich das mit Bildwerk reich ausgestattete Portal befindet. Darauf erhebt sich ein Achteck und auf schmalen Pfeilern zwischen Spitzbogen die ebenfalls achteckige, kühn durchbrochene Pyramide. Der Hochaltar ist mit Bildern von Hans Baldung verziert; schöne Glasgemälde aus älterer und neuerer Zeit bilden die Fenster. Bemerkenswert sind die Grabmonumente mehrerer Herzöge von Zähringen, des Generals v. Roth u. a. Unter den acht übrigen Kirchen ist die im edlen Rundbogenstil 1829 bis 1838 erbaute evang. Ludwigskirche, eine frühromanische Basilika mit drei Schiffen, die hervorragendste. Die gotische St. Martinskirche aus dem 13. Jahrh. ist 1880-81 restauriert worden. Die Universitäts-, vormals Jesuitenkirche ist den Altkatholiken eingeräumt, die Synagoge 1871 gebaut. Andre hervorragende Gebäude sind: das Museum, das Theater, das Kaufhaus aus dem 15. Jahrh., 1879-80 restauriert, dessen Hauptsaal zu Konzerten und Bällen dient, das großherzogliche Palais, die Gebäude der Anatomie, des pathologischen Instituts, der Augenklinik, der Universität, der Universitätsbibliothek, die Entbindungsanstalt, das Bürgerspital, das altertümliche Rathaus, das Kornhaus (seit 1876) mit prächtigem Saal, die Kunst- und Festhalle, das Gymnasium, mehrere Volksschulgebäude u. a. Es bestehen Gas- und Wasserleitung, und eine Pferdebahn ist projektiert. Die Einwohnerzahl beträgt (1885) mit der Garnison (Infanterie-Regiment Nr. 113) 41,310; 1880 zählte man 27,131 Katholiken, 8375 Evangelische u. 725 Juden. Die lebhafte Industrie beschäftigt sich mit der Fabrikation von Nähseide (zwei Fabriken mit 1400 Arbeiterinnen), Baumwollgarn und Zwirn, Kunstwolle, Holzstoff, Papier, Goldleisten, Parkettböden, Porzellanknöpfen und künstlichen Perlen (400 Arbeiter), Musikwerken, künstlichem Dünger, Zement, Zichorie, Feuerspritzen; auch gibt es Dampfmühlen und eine große Eisengießerei. Der Handel hat nur in Wein (nach Württemberg) und Holz (nach Frankreich) größere Ausdehnung, sonst, besonders in Landesprodukten, ist er meist auf die Umgegend beschränkt. Es bestehen eine Reichsbanknebenstelle, eine Filiale der Rheinischen Kreditbank und eine städtische Sparkasse (1827 gegründet). Die Universität, welche vom Erzherzog Albrecht VI. von Österreich gestiftet und 1460 eröffnet ward (s. unten) und zu Ehren des Großherzogs Ludwig I. den Namen Albert Ludwig-Hochschule führt, zählte im Wintersemester 1885/86: 1012 Studierende und 65 Dozenten. Die Bibliothek zählt 130,000 Bände und 600 Handschriften. Zur Universität gehören noch: ein reichhaltiges Naturalienkabinett und andre Sammlungen, ein klinisches Spital, eine Entbindungsanstalt und eine Augenklinik. An andern Bildungs- und sonstigen öffentlichen Anstalten besitzt F. ein Gymnasium, eine Real-, Gewerbe-, landwirtschaftliche Winter- und eine Handelsschule, ein Theater, ein Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern, das reichdotierte Heiligegeist-Hospital (mit Pfründnerhaus), eine Blindenversorgungsanstalt etc. Auch eine Naturforschende Gesellschaft, eine Gesellschaft für Geschichtskunde, eine Anthropologische Gesellschaft; ein Kirchlich-historischer Verein und ein Kunstverein haben in F. ihren Sitz. Außer den städtischen Behörden, die aus 20 Mitgliedern des Magistrats und 96 Stadtverordneten bestehen, befinden sich in F. ein Landeskommissariat, ein Kreisamt, ein Landgericht (für die zwölf Amtsgerichte zu Alt-Breisach, Emmendingen, Ettenheim, F., Kenzingen, Lörrach, Müllheim, Neustadt im Schwarzwald, Schönau i. W., Schopfheim, Staufen und Waldkirch), ein Amtsgericht, ein katholischer Erzbischof für die oberrheinische Kirchenprovinz (Baden, Württemberg, Hohenzollern, Hessen und Hessen-Nassau) nebst Domkapitel und theologischem Seminar, ein Hauptsteueramt sowie der Stab der 29. Division, der 27. Infanterie- und 29. Kavallerie-Brigade. Die Umgebung ist reich an schönen Punkten. Namentlich gewähren der Schloßberg und der Loretohügel reiche Aussicht auf den nahen Schwarzwald, die Rheinebene und die Vogesen. Weiterhin bietet das Höllenthal lohnende Ausflüge aller Art.
Geschichte. F. ward 1091 vom Herzog Berthold II. von Zähringen gegründet, welcher höchst wahrscheinlich das aus der Römerzeit herstammende Kastell auf dem Schloßberg für seine Ansiedelung benutzte. Sein Nachfolger Berthold III. erhob es 1115 zur Stadt, und Herzog Konrad, der Bruder und Nachfolger des letztern, gab ihm 1120 eine der kölnischen nachgebildete freisinnige Verfassung. Unter diesem Fürsten wurde auch der Münsterbau begonnen. Nach dem Aussterben der Zähringer mit Berthold V. (1218) fielen ihre Besitzungen an die Grafen von Urach, von denen ein Zweig sich "von Freiburg" nannte. Graf Egino II. verkaufte die Stadt 1368 an Österreich. Als Herzog Friedrich "mit der leeren Tasche" dem Papst Johann XXIII. zur Flucht hierher verhalf und deshalb in die Reichsacht kam, fiel die Stadt auf 12 Jahre ans Reich, huldigte aber 1427 ihrem alten Herrn wieder. Erzherzog Albrecht eröffnete 1460 in F. die Universität, welche 20. April 1455 vom Papst Calixtus III. errichtet war, und deren Stiftungsurkunde vom 21. Sept. 1457 datiert. In den ersten Jahrzehnten betrug die Zahl der dort Studierenden wenig über 140. Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Stadt 1632 und öfter von den Schweden besetzt und 1644 von den Bayern unter Mercy genommen. Vom 4.-7. Aug. d. J. ward bei der Stadt zwischen den Bayern und den Franzosen hartnäckig gekämpft. Als im Herbst 1677 die kaiserlichen Truppen Befehl erhielten, in Schwaben zu überwintern, rückten die Franzosen unter Marschall Créqui schnell vor F., das sich ihnen 16. Nov. ergeben mußte. Nun blieb F. 20 Jahre lang bei Frankreich, an das es durch den Nimwegener Frieden 1679 förmlich abgetreten wurde. Ludwig XIV. ließ die Vorstädte Neuburg und Adelhausen niederreißen und befestigte die Stadt. Durch den Ryswyker Frieden kam F. 1697 wieder unter die österreichische Herrschaft zurück. Am 17. Nov. 1713 abermals von den Franzosen unter Villars durch Kapitulation genommen, fiel es 1714 infolge des Rastatter Friedens an Österreich zurück. 1744 wurde F. wiederum durch die Franzosen belagert und kapitulierte 28. Nov. Bald nach