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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fréjus

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Freizügigkeit - Fréjus.

herziehend oder an dem Orte des Aufenthalts Gewerbe aller Art nach Maßgabe der für Einheimische geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu betreiben. Es ist dabei ausdrücklich verordnet, daß der Bundesangehörige in der Ausübung dieser Befugnisse weder durch die Obrigkeit seiner Heimat noch durch die Obrigkeit des Ortes, in welchem er sich aufhalten oder niederlassen will, gehindert oder durch lästige Bedingungen beschränkt werden darf, und daß keinem Bundesangehörigen um des Glaubensbekenntnisses willen oder wegen fehlender Landes- und Gemeindeangehörigkeit der Aufenthalt, die Niederlassung, der Gewerbebetrieb oder der Erwerb von Grundeigentum verweigert werden soll. Hiernach kann also namentlich die Niederlassung nicht von dem Erwerb des Gemeindebürgerrechts abhängig gemacht werden, wie dies zuvor in vielen Kleinstaaten geschah; dagegen werden die partikulären Bestimmungen über den Erwerb des Ortsbürgerrechts, der Gemeindeangehörigkeit und der Teilnahme an den Gemeindenutzungen durch dies Gesetz nicht berührt. Zur Abweisung eines Neuanziehenden ist eine Gemeinde nach dem Gesetz vom 1. Nov. 1867 nur dann befugt, wenn sie nachweisen kann, daß derselbe nicht hinreichende Kräfte besitze, um sich und seinen nicht arbeitsfähigen Angehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu verschaffen, und wenn er solchen weder aus eignem Vermögen bestreiten kann, noch von einem dazu verpflichteten Verwandten erhält. Dagegen berechtigt die Besorgnis vor künftiger Verarmung den Gemeindevorstand nicht zu der Zurückweisung. Übrigens ist es der Landesgesetzgebung anheimgestellt, diese Befugnis der Gemeinden zur Zurückweisung von Neuanziehenden noch mehr zu beschränken, wie denn schon vor Erlaß dieses Gesetzes einige Partikularrechte noch weiter gehende Bestimmungen enthielten, namentlich im Königreich Sachsen, woselbst der Neuanziehende sich nur über seine Heimat und über sein Verhalten in der letzten Zeit gehörig auszuweisen hat, aber nicht wegen mangelnder Arbeitskraft und wegen Mangels an Vermögen abgewiesen werden kann. Hervorzuheben ist noch, daß nach dem Freizügigkeitsgesetz keine Gemeinde befugt ist, von dem Neuanziehenden wegen des Anzugs eine Abgabe zu erheben; dagegen kann sie denselben gleich den übrigen Gemeindeeinwohnern zu den Gemeindelasten heranziehen. Doch sind die Neuanziehenden, wenn die Dauer des Aufenthalts drei Monate nicht übersteigt, zu diesen Lasten nicht heranzuziehen. Übrigens kann die Fortsetzung des Aufenthalts dann versagt werden, wenn sich nach dem Anzug die Notwendigkeit einer öffentlichen Unterstützung ergibt, bevor der Neuanziehende an dem Aufenthaltsort den Unterstützungswohnsitz (Heimatsrecht) erworben hat und die Gemeinde nachweisen kann, daß diese Unterstützung aus andern Gründen als wegen einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit notwendig geworden ist. Die Voraussetzungen, unter welchen der Unterstützungswohnsitz erworben und verloren wird, und die sonstigen Vorschriften über dies Rechtsinstitut sind in dem Bundesgesetz vom 6. Juni 1870 enthalten, welches auch auf Württemberg, Baden und Südhessen, nicht aber auf Bayern und Elsaß-Lothringen ausgedehnt worden ist.

Eine Beschränkung der F. kann ferner infolge der Polizeiaufsicht (s. d.) eintreten. Die höhere Landespolizeibehörde kann demjenigen, welcher auf Grund gerichtlichen Urteils unter polizeiliche Aufsicht gestellt ward, den Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten im Reichsgebiet versagen. Ebenso kann nach dem Sozialistengesetz, wofern der sogen. kleine Belagerungszustand über einen Bezirk oder Ort verhängt worden ist, Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen ist, der Aufenthalt in diesen Bezirken oder Ortschaften versagt werden. Auch ist eine solche Maßregel gegenüber den auf Grund des Sozialistengesetzes verurteilten Agitatoren zulässig. Hierher gehört auch die Bestimmung des Reichsgesetzes vom 4. Juli 1872, wonach Angehörige des in Deutschland verbotenen Ordens der Gesellschaft Jesu oder der ihm verwandten Orden oder ordensähnlichen Kongregationen, wenn sie Ausländer sind, aus dem Reichsgebiet ausgewiesen werden können, während ihnen, wenn sie Inländer sind, der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden kann. Auch das Reichsgesetz vom 4. Mai 1874, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern, statuiert eine Beschränkung der F. gegenüber Geistlichen und andern Religionsdienern, welche durch gerichtliches Urteil aus dem Amt entlassen, oder die wegen Vornahme von Amtshandlungen in einem Kirchenamt, das ihnen den Vorschriften der Staatsgesetze zuwider übertragen oder von ihnen übernommen ist, rechtskräftig zur Strafe verurteilt worden sind, wofern sie gleichwohl die Fortdauer jenes Amtes beanspruchen oder sich amtliche Funktionen anmaßen. Ihnen kann durch Verfügung der Landespolizeibehörde der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen, ja dieselben können sogar unter Umständen ihrer Staatsangehörigkeit verlustig erklärt und aus dem Reichsgebiet gänzlich ausgewiesen werden. Endlich ist auch in der Reichsmilitärgesetzgebung (Militärgesetz vom 2. Mai 1874, § 60; deutsche Wehrordnung, § 7) für die zur Disposition der Truppenteile beurlaubten Mannschaften, welch letztere bis zum Ablauf ihres dritten Dienstjahrs jederzeit wieder zur Fahne einberufen werden können, eine Beschränkung der F. begründet. Sie bedürfen nämlich zum Wechsel des Aufenthaltsorts der militärischen Genehmigung, welche durch das zuständige Landwehrbezirkskommando erteilt wird. Wer den Aufenthaltsort wechselt, ohne die Genehmigung dazu nachgesucht und erhalten zu haben, wird sofort wieder einberufen. - Unter militärischer F. versteht man die im Reichsmilitärgesetz begründete Befugnis eines jeden Reichsangehörigen, sich ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit und ohne besondere Erlaubnis bei jeder Ersatzbehörde im Reichsgebiet zu stellen und seiner Militärdienstpflicht bei jedem Kontingent zu genügen. Vgl. außer den Handbüchern des Staatsrechts v. Flottwell, Der Gesetzentwurf über die F. (Berl. 1867); Derselbe, Was bedeutet das deutsche Heimatswesen? (Potsd. 1867); Döhl, Die Niederlassung innerhalb des preußischen Staats (Berl. 1865).

Fréjus (spr. -schuh oder -schühs), Stadt im franz. Departement Var, Arrondissement Draguignan, 2 km vom Mittelländischen Meer, auf einer Anhöhe gelegen, welche die sumpfige, ungesunde Ebene und den unfern in den Golf von F. mündenden Argens überragt, an der Eisenbahnlinie Marseille-Nizza, hat eine Kathedrale und (1876) 2791 Einw., die sich mit Kohlengewinnung, Fabrikation von Korkpfropfen, Sardellenfischerei und Handel mit Südfrüchten beschäftigen. F. ist Bischofsitz, hat ein Seminar und ein Handelsgericht. - Es ist das Forum Julii der Alten, das von Julius Cäsar gegründet worden sein soll, Vaterstadt des römischen Feldherrn Agricola und des Dichters Cornelius Gallus. Augustus verschönerte es, indem er die Wasserleitung, Bäder, einen Zirkus und den