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Friedrich (Preußen: F. I.).
sonders 1594 auf dem Heilbronner Konvent, 1598 auf dem Reichstag und in der Frankfurter Versammlung. Endlich 1603 schien die pfälzische Unionsidee sich ihrer Verwirklichung zu nähern; aber erst 14. Mai 1608 kam die Union wirklich zu stande. An ihrer Spitze stand die Pfalz, gestützt auf die Bundesgenossenschaft Heinrichs IV. von Frankreich. Klare Einsicht in die Notwendigkeiten der Lage und eifriges Festhalten an der einmal erfaßten Idee charakterisieren F. IV., seine Mittel reichten aber nicht hin, alles, was nötig erschien, wirklich zu leisten. Er starb 19. Sept. 1610.
48) F. V., Kurfürst von der Pfalz, Sohn des vorigen und der Luise Juliane von Nassau-Oranien, geb. 26. Aug. 1596 zu Amberg, folgte seinem Vater 1610 unter der Vormundschaft des Pfalzgrafen von Zweibrücken, Johann IV., in der Kurwürde. Nachdem er sich 1613 mit Elisabeth, der Tochter König Jakobs I. von England, vermählt, übernahm er 1615 die Regierung und trat an die Spitze der protestantischen Union. Wegen dieser Stellung wurde er, obgleich er keineswegs hervorragende Eigenschaften besaß, 1619 von den böhmischen Ständen fast einstimmig zum König von Böhmen gewählt. F. verweigerte anfangs die Annahme der Krone, ließ sich aber von seiner Gemahlin und seinem Oheim, im Vertrauen auf die Union und seinen Schwiegervater, dazu überreden und wurde 4. Nov. 1619 zu Prag gekrönt. Zu schwach, um die Krone gegen Kaiser Ferdinand II. zu behaupten, und unter Lustbarkeiten die Anstalten zur Verteidigung versäumend, ward er 8. Nov. 1620 am Weißen Berg bei Prag von den Kaiserlichen und Bayern unter Tilly geschlagen, während auch sein Erbland, die Pfalz, von den Spaniern und Bayern erobert wurde. Er flüchtete nach Holland und erhielt wegen seiner kurzen Herrschaft den Beinamen Winterkönig. 1621 in die Reichsacht erklärt, glaubte er nach dem Sieg Ernsts von Mansfeld über Tilly bei Wiesloch (1622) sein Land wieder in Besitz nehmen zu können, sah sich aber nach der Niederlage des Herzogs Christian von Braunschweig bei Höchst zum zweitenmal zur Flucht genötigt, worauf er sein Schicksal der Gnade des Kaisers anheimstellte. Dieser aber verlieh 1623 die Kurpfalz dem Herzog Maximilian von Bayern. F. starb 29. Nov. 1632 in Mainz. Erst sein Sohn wurde wieder in die Kur eingesetzt. Vgl. Lipowski, F. V. (Münch. 1824).
[Preußen.] 49) F. I., erster König von Preußen, als Kurfürst von Brandenburg F. III., Sohn des Großen Kurfürsten (s. oben 11) von dessen erster Gemahlin, Luise Henriette von Oranien, war 11. Juli 1657 zu Königsberg geboren. Von Jugend an kränklich und von schwächlichem, durch ein schiefes Rückgrat entstelltem Körperbau, geistig nicht sehr begabt, wuchs er unter der trefflichen Erziehung erst des ältern Schwerin, dann Eberhard Dankelmanns auf. Seit dem Tod seines ältern Bruders, Karl Emil (7. Dez. 1674), Kurprinz, lebte er meist zurückgezogen und vom Vater wenig beachtet. Diese Zurücksetzung und die Fernhaltung von aller Teilnahme an den politischen Geschäften erregten in dem mißtrauischen Gemüt des Kurprinzen Argwohn gegen seinen eignen Vater und einige Personen seiner Umgebung, so daß er 1687 sogar nach Kassel flüchtete, weil er eine Vergiftung fürchtete, und verleiteten ihn zu heimlichen Abmachungen mit dem Kaiser in Sachen des väterlichen Testaments und des Schwiebuser Kreises. Als er 9. Mai 1688 zur Regierung gelangte, ordnete er vor allem diese beiden Angelegenheiten. Der freiwillige Verzicht seiner Stiefmutter und seiner Stiefbrüder auf die zu ihren gunsten erlassenen Bestimmungen des Testaments ermöglichte die Erhaltung der Einheit des Staats. Den Kreis Schwiebus gab er 1694 dem Kaiser zurück, obwohl er erst jetzt erfuhr, daß derselbe eine Entschädigung für Erbansprüche, nicht bloß eine Belohnung für das Bündnis gewesen war, und erhielt dafür die Anwartschaft auf Ostfriesland und die Grafschaft Limburg. Er wollte sich mit dem Kaiser nicht veruneinigen, um nicht das allgemeine Interesse zu schädigen. Denn für die Sache Deutschlands und des Protestantismus schlug sein Herz ebenso warm wie das seines Vaters. Während er 6000 Mann nach den Niederlanden schickte, welche teils an der Expedition des Prinzen von Oranien nach England teilnahmen, teils die Republik während derselben schützen halfen, zog er selbst mit einem ansehnlichen Heer an den Rhein und erwarb sich durch die Eroberung Bonns (12. Okt. 1689) ein hervorragendes Verdienst um die Vertreibung der Franzosen vom deutschen Boden. Ja, sein Eifer veranlaßte ihn, weit mehr zu thun, als das Interesse und die Kräfte seiner Staaten erlaubten: seine Truppen fochten zu gleicher Zeit in den Niederlanden, in Italien und in Ungarn für den Kaiser, der keinen der Wünsche Friedrichs erfüllte, ja denselben nicht einmal zu den Friedensverhandlungen in Ryswyk zuließ. Trotzdem schloß F. 16. Nov. 1700 einen Vertrag mit dem Kaiser, durch welchen er den Einfluß und die militärische Macht seines Staats der habsburgischen Politik völlig zur Verfügung stellte, nur um die Zustimmung Leopolds zur Erhebung des souveränen Preußen zu einem Königreich zu erlangen. Indem F. 18. Jan. 1701 zu Königsberg sich selbst die Königskrone aufsetzte, verlieh er seinem Staate den ihm gebührenden Rang unter den europäischen Mächten und förderte auch die Erstarkung der Einheit und eines Nationalitätsbewußtseins, zugleich aber wurde dadurch seine Eitelkeit und Prachtliebe ins Maßlose gesteigert, und ungeheure Summen wurden für einen glänzenden Hofstaat und prunkvolle Feste vergeudet, während seine Verpflichtung gegen den Kaiser ihn nötigte, im spanischen Erbfolgekrieg seine Truppen (1709: 32,000 Mann) zwölf Jahre lang auf den verschiedensten Kriegsschauplätzen für die Interessen der habsburgischen Dynastie kämpfen zu lassen. In den Schlachten von Höchstädt, Turin, Oudenaarde und Malplaquet erwarben sich die preußischen Regimenter zwar große Verdienste um den Sieg der Verbündeten und begründeten den Kriegsruhm der preußischen Armee, aber die Kosten waren fast unerschwinglich, und der König war nicht nur nicht im stande, in den preußische Interessen vielmehr berührenden Nordischen Krieg entscheidend einzugreifen, sondern mußte sogar zum Schutz seiner Neutralität die friedliche Bevölkerung seiner Lande aufbieten und als Miliz organisieren. Auch sonst hatten die edlen Bestrebungen des Königs, welche auf die Vermehrung seiner Lande, die Hebung der geistigen und materiellen Wohlfahrt seiner Unterthanen hinarbeiteten, nur teilweise Erfolg, weil er sich oft mit dem Schein begnügte, bei der Ausführung nicht die nötige Ausdauer bewies, endlich bei der ungeheuern Verschwendung des Hofs und der Günstlinge auch zu den notwendigsten Dingen die Gelder fehlten. Er erwarb durch Kauf Quedlinburg und die Grafschaft Tecklenburg, aus der oranischen Erbschaft Lingen und Mörs; er war, wie sein Vater, der Schutzherr verfolgter Protestanten und nahm zahlreiche Flüchtlinge aus Frankreich und der Pfalz in seine Lande auf; er eröffnete der freiern Richtung der deutschen Wissenschaft eine Zufluchtsstätte durch Grün-^[folgende Seite]