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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Früchte; Fruchtessenzen; Fruchtfleisch; Fruchtfolge

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Früchte - Fruchtfolge.

Früchte, in der Rechtswissenschaft die organischen Erzeugnisse einer Sache, welche dazu bestimmt sind, von der Sache abgeschieden zu werden und eine selbständige Existenz zu führen. Hiernach gehören auch die Tierjungen, ferner die Wolle von Tieren, Milch, Honig u. dgl. zu den Früchten im juristischen Sinn. Im Gegensatz zu den organischen Erzeugnissen einer Sache, den sogen. natürlichen Früchten (fructus naturales), werden sonstige Nutzungen, welche eine Sache abwirft, als bürgerliche Frucht (fructus civiles) bezeichnet, also z. B. Pacht- und Mietgelder, Zinsen u. dgl. Die fructus naturales aber werden in fructus mere naturales und industriales eingeteilt, welch letztere sich dadurch von jenen unterscheiden, daß ihre Gewinnung nicht bloß von der Naturkraft, sondern auch von menschlicher Pflege und menschlichem Fleiß abhängt. Andre Bezeichnungen und Einteilungen der Früchte hängen mit der allerdings nicht unbestrittenen Lehre von dem juristischen Fruchterwerb und der Prästation der Früchte im Prozeß zusammen. So unterscheidet man fructus pendentes oder stantes und separati, d. h. die noch an der fruchttragenden Sache hangenden und die von derselben (sei es absichtlich, sei es zufällig) getrennten Früchte; ferner fructus percepti und percipiendi, erstere die Früchte, welche von dem zur Fruchtgewinnung Befugten in Besitz genommen worden sind, letztere diejenigen, welche man hätte ziehen können, aber nicht gezogen hat; endlich fructus exstantes und consumti, je nachdem die gezogenen Früchte bei dem Besitzer noch vorhanden oder von ihm verbraucht, veräußert oder verarbeitet sind. Die fructus pendentes erscheinen lediglich als Teile der Hauptsache und gehören dem Eigentümer derselben zu. Die separierten Früchte fallen mit der Separation sofort in das Eigentum dessen, dem die fruchttragende Sache zugehört; ebenso ist es bei der Emphyteuse (s. d.); der Nießbraucher dagegen erwirbt die Früchte erst mit der Perzeption. Der gutgläubige Besitzer erwirbt die Früchte nach der herrschenden Lehre und nach dem sächsischen Zivilgesetzbuch ebenfalls mit der Separation, während er nach andern dieselben perzipieren muß, ohne jedoch dadurch alsbald Eigentümer der Früchte zu werden; vielmehr sollen sie ebenfalls nur als im gutgläubigen Besitz befindlich anzusehen sein. Das preußische Landrecht gibt allen Nutzungsberechtigten, also auch dem redlichen Besitzer, das Eigentum an den Früchten gleich bei ihrem Entstehen. Wird der Besitzer einer Sache auf die Klage des Eigentümers hin zur Herausgabe der Sache an den letztern verurteilt, so wird in Ansehung der Früchte zwischen der Zeit vor und nach der Klagbehändigung unterschieden. Der gutgläubige Besitzer muß die zur Zeit der Klagbehändigung vorhandenen Früchte, aber auch nur diese, mit herausgeben, der bösgläubige Besitzer dagegen auch die fructus percepti und percipiendi. Was die nach der Klagbehändigung gezogenen Früchte anbelangt, so haftet der gutgläubige Besitzer hier ebenso wie der bösgläubige Besitzer vor der Klagbehändigung. Dagegen muß der letztere nach Behändigung der Klage für alle Früchte haften, welche der Eigentümer hätte ziehen können, wenn er rechtzeitig in den Besitz der Sache gekommen wäre. Vgl. außer den Lehrbüchern des Pandektenrechts: Heimbach, Die Lehre von der Frucht nach den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten (Leipz. 1843); Göppert, Über die organischen Erzeugnisse (Halle 1869); Köppen, Der Fruchterwerb des bonae fidei possessor (Jena 1872); Brinz, Zum Rechte der Bonae fidei possessio (Münch. 1875).

Fruchtessenzen, s. Fruchtäther.

Fruchtfleisch (Sarcocarpium), die aus saftigem Zellgewebe bestehende Schicht der Fruchtwand, welche vornehmlich das Fleisch der beerenartigen Früchte bildet.

Fruchtfolge, die Reihenfolge, wie man auf den Ackerfeldern die einzelnen Früchte hintereinander anbaut. Unter sehr günstigen Verhältnissen (bester Kulturzustand, reichlicher Dünger aller Art, beste Bearbeitungsgeräte etc.) kann der Landwirt die F. entbehren; aber es ist sicher, daß der Landwirt für die Kultur auf Feldern im großen seine Rente dabei äußerst selten findet und an die F. gebunden ist, wenn auch die neuesten Fortschritte der Landwirtschaft eine größere Beweglichkeit gestatten. Schon die wechselnde Witterung, welche bald diese, bald jene Pflanze begünstigt, widerrät es, das Spiel auf nur eine Karte zu setzen; anderseits würde der Anbau nur einer Frucht zeitweise im Jahr überaus anstrengende Thätigkeit erfordern, zu andern Zeiten aber gar nichts zu thun geben. Spannvieh muß gehalten werden, und dieses braucht Futter, der Haushalt Erzeugnisse andrer Art. Erwiesen ist, daß der Stalldünger meistens nicht ersetzt werden kann, oder doch, daß dessen Ersatz nur mäßige Vorteile bringt; man bedarf also auch des Nutzviehs und für dieses wiederum Stroh und Futter verschiedener Art. Das Wechseln mit den Früchten bringt aber auch noch indirekte Vorteile und zwar in solchem Grade, daß selbst der Gärtner, welcher am freiesten wirtschaftet, nicht ganz darauf verzichtet und höchstens im künstlich hergestellten Treibbeet eine Pflanzstätte besitzt, auf welcher er an gar keine Regel sich zu binden braucht. Der Landwirt aber muß für die Kultur im großen die Sicherheit allen andern Rücksichten vorziehen und kann seine Felder nur bis zu beschränktem Grad meliorieren und kulturfähig erhalten. Unter den Pflanzen, welche er bauen muß, sind solche, welche den frischen Stalldünger besonders gut, und solche, welche ihn gar nicht vertragen, solche, welche besser im Jahr nach einer Düngung mit Mist ("zweite Tracht") oder gar erst im zweiten Jahr ("dritte Tracht") lohnen. Früher ließ man wohl auch 3, 4, 5 und mehr Früchte nach einer Düngung sich folgen; heutzutage zieht man es vor, lieber schwächere Düngungen, diese aber öfters, zu geben und mit Handelsdünger die ernährende Wirksamkeit des Stalldüngers zu erhöhen, die physikalische aber durch sorgsamste Bearbeitung möglichst zu ersetzen (vgl. Dünger und Bodenbearbeitung). Die Pflanzen des Landwirts sind blattreich (Blattfrüchte) oder blattarm (Getreide, Halmpflanzen), werden um der Körner oder Blätter oder Wurzeln (Wurzelhackfrüchte) willen angebaut, haben weitverzweigte, tief gehende oder flache, wenig verzweigte. Wurzeln. Alle Pflanzen brauchen die gleichen Nährstoffe; in den einzelnen Ernten aber entziehen wir davon sehr verschiedene Mengen, bald mehr von dem einen, bald mehr von dem andern. Alle diese Umstände entscheiden mit über die Stellung der Pflanzen in der F. Allgemeinste Regel hierfür ist, jede Pflanze so zu stellen, daß sie von der Vorgängerin, "Vorfrucht", die möglichst günstigen Bedingungen vorfindet und der "Nachfrucht" das Feld in dem für diese besten Zustand hinterläßt. Einzelne Pflanzen nehmen nur den Sommer über das Feld ein, Sommerfrüchte, andre zum Teil auch im Winter, Winterfrüchte, andre mehrere Jahre, perennierende Früchte. Letztere werden in der Regel von der F. ausgeschlossen oder wechseln außerhalb derselben mit andern Früchten. Wo der Boden sehr große Unterschiede zeigt, müssen mehrere Fruchtfolgen eingeführt werden; wenn irgend möglich, richtet man aber nur eine ein. In