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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Futter

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Futter (Arten der Futterstoffe).

(x = Nh.:Nfr. = 1:x Proz. der Nfr. Extraktst. + Proz. des Rohfettes / Proz. des Rohproteins) ^[img].

Das Rohfett wird dabei in Rechnung gestellt durch eine Zahl, welche das Stärkeäquivalent einer gleichen Menge von Reinfett ausdrückt (s. Ernährung, S. 796).

Verschiedene Arten der Futterstoffe.

A. Grün- und Rauhfutterstoffe. Die auf Wiesen und Ackerländereien erzeugten Pflanzen kommen frisch als Grünfutterstoffe oder getrocknet als Heu, Stroh (Rauhfutterstoffe) zur Verwendung. Hierher gehört Weidegras, bei welchem neben der botanischen Zusammensetzung die natürliche Beschaffenheit und der Düngungszustand des Bodens, die Witterung, die Zeit und Methode der Ernte von größtem Einfluß auf den Nährstoffgehalt sind. Reicher Boden und nicht zu trockne Witterung bringen gewöhnlich reicheres F. hervor. Je jünger die geernteten Pflanzen, um so reicher an Nährstoffen, besonders an Nh., sind sie, während der Rohfasergehalt mit dem Alter und der steigenden Verholzung wesentlich zunimmt. Regen während der Heuernte kann dem zum Trocknen ausgebreiteten Gras einen bedeutenden Teil seiner Nährstoffe entziehen; naß eingebrachtes Heu aber verdirbt sehr leicht und wirkt höchst nachteilig auf die Gesundheit des Viehs. Beim Aufladen und Transport verlieren die trocknen Pflanzen sehr leicht die zartern und nährstoffreichern Teile. Die verschiedenen Kleearten zeichnen sich vor dem Weidegras durch höhern Proteingehalt aus und können für Wiederkäuer als Kraftfutter gelten. Weniger Bedeutung kommt dem Bocharaklee (Steinklee, Melilotenklee) und dem Wund- oder Tannenklee zu. Sehr hohen Proteingehalt besitzen ferner die Grünwicken und das Heu der gelben Lupine. Durch ihren Rohfasergehalt ragen die Stroharten, besonders die der Winterhalmfrüchte, hervor. Sommerstroh (Gerste, Hafer, besonders Hirse) ist wegen seines höhern Proteingehalts und infolge seiner weichern Beschaffenheit geschätzter als das Stroh der Winterhalmfrüchte (Weizen, Roggen). Die Stroharten eignen sich als Futterstoffe am besten für Schafe zum "Ausfressen" (der zartern und nährstoffreichern Teile), aber auch als Haupt- und Nebenfutterstoffe für die übrigen Wiederkäuer und sind am zweckmäßigsten als Zugabe zu sehr wasserreichen Futterstoffen (Wurzelfrüchte, Grünfutterstoffe) zu verwenden. Infolge seines größern Reichtums an Protein bildet das Stroh der Leguminosen (Erbsen, Bohnen etc.) ein noch wertvolleres Futtermittel als das der Cerealien. Die Spreu der letztern sowie Schoten und Spreu der Hülsenfrüchte pflegen ihrer größern Weichheit wegen den Tieren noch besser zu munden als die betreffenden Stroharten, sind auch durchschnittlich an Rohfaser ärmer, an Protein reicher als diese. Eine geringere Rolle spielen Grünmais und Grünsorgho; beide, wässerig und arm an Protein, reich an Nfr. Extraktstoffen, eignen sich hauptsächlich als Nebenfutterstoffe für Milchkühe. Ebenso die Ackerdistel, die Blätter der Futterrunkel- und Zuckerrübe, welche ihres großen Oxalsäuregehalts wegen am besten als Sauerfutterstoffe (s. unten) verabreicht werden. Weniger bedenklich ist die Fütterung mit Mohren- und Kohlrübenblättern, mit Viehkohl und Weißkraut. Die Blätter und zartern Teile der Topinamburstengel werden von den Schafen gern gefressen; das Laub der Pappeln, Linden, Eschen, Weiden und Erlen (in Schlesien "Lustwiese" genannt), weniger das der Birken und Buchen, bildet in getrocknetem Zustand ein hauptsächlich seiner diätetischen Wirkungen wegen geschätztes Futtermittel für Schafe.

B. Knollen- und Wurzelgewächse zeichnen sich besonders durch hohen Wassergehalt, Reichtum an Nfr. Extraktstoffen und Mangel an Rohfaser aus. Ihr Nährstoffgehalt richtet sich nach Boden- und Witterungsverhältnissen und den Kulturmethoden. Am wichtigsten ist die Kartoffel für die Fütterung, besonders, wie die Topinamburknollen, für die Mast der Schafe und Schweine. Während in den Knollengewächsen die Nfr. Extraktstoffe zum größten Teil aus Stärkemehl bestehen, bildet der Zucker den Hauptbestandteil der Rübenarten (Futterrunkelrübe, Zuckerrübe, Futtermöhre, Kohlrübe, Turnipsrübe).

C. Konzentrierte Futterstoffe: die Körner der Getreidearten und Leguminosen; besonders die letztern sind sehr reich an Nährstoffen und von hervorragender Bedeutung als Kraftfutterstoffe bei der Aufzucht und für die intensive Ernährung von Arbeitstieren. Hauptsächlich zur Verwendung kommen: Hafer für Pferde, Kälber und Zuchtrindvieh, Schafe und Schweine, letztern am besten als Suppe, den Wiederkäuern in geschrotenem Zustand zu verabreichen; Gerste für Rinder, Schafe und Schweine, weniger für Pferde. Roggen und Weizen, besonders letzterer, finden als Futtermittel weniger Verwendung. Mais eignet sich hauptsächlich als Mastfutterstoff für Rinder, Schafe, Schweine und Geflügel und ist auch für Arbeitspferde tauglich. Buchweizen empfiehlt sich besonders für Schweine, aber auch zur Mast der Rinder und Schafe und für Zugpferde. Erbsen und Bohnen bilden einen Kraftfutterstoff für Arbeits- und Masttiere. Wicken können ihres bittern Geschmacks wegen nur in beschränkter Menge verfüttert werden, ebenso Lupinen, denen man den Bitterstoff entziehen kann. Vom Leinsamen kommen nur die geringern Körner zur Verfütterung als Mehl oder in aufgequollenem Zustand für Milch-, Mast- und Aufzuchtvieh sämtlicher landwirtschaftlicher Nutztiere.

D. Abfälle aus technischen Gewerben. Ölkuchen bilden ihres hohen Proteingehalts wegen einen sehr geeigneten Zusatz zu proteinarmen und wasserreichen Futtermitteln. Rapskuchen wird wegen seines Gehalts an scharfem Öl bei weitem nicht so geschätzt als Leinkuchen, welcher sich vorzüglich für Jungvieh eignet. Beide Kuchen werden als Milch- und Mastfutter Schafen und Rindern gereicht. Palm-, Mohn-, Sesam-, Kokos-, Erdnuß-, Baumwollsamenkuchen u. a. spielen als Futtermittel eine ähnliche Rolle wie die genannten. Kleie von Weizen, Roggen und Buchweizen ist als Milch- und Mastfutterstoff an Rinder und Schafe, mit Vorsicht an Pferde zu verfüttern. Weizenkleber eignet sich seines hohen Proteingehalts wegen besonders als Zugabe zu stickstoffarmen Futtermitteln. Kartoffelschlempe, der Rückstand von der Spiritusfabrikation, ist ihres großen Wassergehalts halber als alleiniges F. nicht zu verwerten, mit Stroh, Heu etc. zusammen gereicht, wegen ihres hohen Proteingehalts ein vorzüglicher Milch-, Mast- und Arbeitsfutterstoff. Von den Getreide-, Rüben- und Melasseschlempen kommt nur der erstern größere Bedeutung als Futterstoff zu. Unter den Rückständen aus den Zuckerfabriken: Preß-, Macerations- und Diffusionsrückständen, enthalten die Preßrückstände am wenigsten Wasser, dagegen die Diffusionsschnitzel im trocknen Zustand den größten Reichtum an Protein. Man preßt sie vor der Verfütterung oder läßt sie, in Gru-^[folgende Seite]