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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Galliēnus

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Gallien (Geschichte) - Gallienus.

hinzugefügt. In diesen Grenzen blieb das römische Gebiet bis zum Prokonsulat Cäsars (58), dem es in Zeit von acht Jahren gelang, das ganze transalpinische G. zur römischen Provinz zu machen, indem er erst die einzelnen Völkerschaften (civitates, im ganzen 64) Galliens der Reihe nach besiegte und zuletzt eine neue allgemeine Erhebung derselben unter Vercingetorix durch die Schlacht bei Alesia (52) niederschlug. Zu dem nun römisch gewordenen G. gehörten außer dem jetzigen Frankreich auch Belgien und die sämtlichen Gebiete bis zum Rhein. Cäsar selbst unterscheidet drei Teile: Aquitania, das von iberischen Stämmen bewohnte Land im Südwesten bis zu den Pyrenäen, Gallia Celtica oder Lugdunensis, das eigentliche G., und Belgica, der nordöstliche Teil. Diese Dreiteilung wurde sodann bei der Organisation der Verwaltung des Landes 27 von Augustus beibehalten, aber Aquitanien auf das ganze südwestliche G. ausgedehnt, auch Belgica durch die Gebiete zwischen Mosel und Alpen erweitert, so daß Lugdunensis nun einen langen, schmalen Streifen von den Alpen bis nach Aremorica bildete; als vierte Provinz blieb gesondert die alte Provincia, d. h. Gallia Narbonensis (die spätere Provence). Unter Diokletian wurde G. in 17 Provinzen eingeteilt: Narbonensis prima, von dem Rhône bis zu den Pyrenäen; Narbonensis secunda, von dem Rhône bis zu den Alpen; Alpes Maritimae, die Seealpen mit Nizza; Provincia Viennensis, der westliche Teil von Savoyen, die Dauphiné, Avignon, Arles und Marseille; Alpes Grajae et Penninae, Wallis und das nordöstliche Savoyen; Novem populana, das alte Aquitanien im engern Sinn (Vasconia) zwischen Garonne und Pyrenäen; Aquitania prima, das östliche Land zwischen Loire und Garonne; Aquitania secunda, der übrige Teil zwischen den genannten beiden Flüssen; Lugdunensis prima, Lyonnais, Burgund und Nivernais; Lugdunensis secunda, die Normandie; Lugdunensis tertia, Touraine, Maine, Anjou, Bretagne; Lugdunensis quarta oder Senonia, die Champagne südlich von der Marne, Isle de France, Orléanais; Belgica prima, Lothringen, Trier und ein Teil von Luxemburg, Belgica secunda, Nordchampagne, Picardie, Artois, Tournai; Germania secunda, das jetzige Belgien, Jülich, Köln bis südlich der Mosel; Germania prima, das linke Rheinufer von Bingen bis Straßburg; Maxima Sequanorum, Franche-Comté, Westhälfte von Helvetien, Südelsaß. Diese 17 Provinzen wurden auch zusammengefaßt unter der Benennung Gallia et septem Provinciae (Narbonenses duae, Aquitaniae duae, Alpes Maritimae, Viennensis, Novem populana).

Der harte Steuerdruck der Römer rief 21 n. Chr. einen Aufstand des Trevirers Julius Florus und des Äduers Sacrovir hervor; doch mißglückte derselbe infolge der Gleichgültigkeit der gallischen Bevölkerung, welche sich rasch an die Fremdherrschaft gewöhnte und Sprache und Sitte der Eroberer annahm, und der geübtern Kriegskunst der Römer. Unter Nero trat im südlichen G. Julius Vindex, ein geborner Aquitanier, an die Spitze einer Empörung; doch wurde er von Virginius Rufus bei Besançon geschlagen. Als nach dem Sturz Neros (68) der Bataver Claudius Civilis das römische Joch abzuwerfen suchte und die Gallier zur Teilnahme aufrief, schlossen sich ihm zwar die Trevirer unter Classicus und Julius Tutor und die Lingonen unter Jul. Sabinus an, wurden aber bald besiegt. Während des ganzen 2. Jahrh. herrschte in G. Ruhe, und die Bevölkerung wurde fast völlig romanisiert. Das römische Bürgerrecht war erst nur den Adligen, aber schon von Galba dem gesamten Volk erteilt worden. G. war daher durch seinen Reichtum und seine geistige Blüte ein besonders wertvoller Teil des römischen Reichs. Als jedoch seit dem 3. Jahrh. bei dem zunehmenden Verfall der römischen Herrschaft die Franken und Alemannen anfingen, G. durch ihre Einfälle zu beunruhigen, als die immer mächtiger werdenden Statthalter sich oft Gewaltthätigkeiten erlaubten und durch Steuererpressungen die Kraft des Landes aussaugten, versank dasselbe in einen immer traurigern Zustand. Die Franken fielen zuerst um 240 in G. ein und setzten sich um 290 auf der batavischen Insel fest, von wo aus sie sich im Lauf eines Jahrhunderts des ganzen jetzigen Belgien bemächtigten. Den Alemannen wurde unter Kaiser Constantius das jetzige Elsaß eingeräumt, andre deutsche Stämme drangen bei Köln und Koblenz über den Rhein, und erst Julianus, der 355 zum Schutz Galliens abgeschickt ward, errang mehrere glänzende Siege über die Germanen. Doch die Ruhe war nur von kurzer Dauer. Zu den Alemannen und Franken gesellten sich seit dem Beginn des 5. Jahrh. die Alanen, Sueven und Vandalen, denen um so weniger ein Damm entgegengesetzt werden konnte, als der bedrohte Zustand Italiens die Zurückziehung der Legionen aus den Provinzen nach dem Mittelpunkt des Reichs notwendig machte. 413 erschienen die Westgoten im südlichen G. und breiteten sich verheerend bis Bordeaux aus. Gleichzeitig nahmen die Burgunder Länderstrecken am Mittelrhein in Besitz. Die Römer behielten bloß das Seinegebiet; doch gelang es wenigstens dem tapfern Aetius, dem verheerenden Andrang der Hunnen unter Attila durch die Schlacht bei Troyes (weniger genau als Schlacht bei Châlons sur Marne bezeichnet) 451 ein Ziel zu stecken. Aber nach Ermordung des Aetius 454 breiteten sich Franken, Alemannen und Burgunder immer weiter aus, und auf der Nordküste ließen sich die von den Sachsen aus England verdrängten Briten nieder, so daß zu der Zeit, wo dem römischen Reich durch Odoaker der Todesstreich versetzt wurde, der römische Statthalter Syagrius nur noch einen sehr kleinen Landstrich im mittlern G. als letzten Rest der römischen Herrschaft behauptete. Auch dieser wurde 486 nach der Besiegung und Ermordung des Syagrius die Beute des Frankenkönigs Chlodwig, und aus den Trümmern Galliens erstand das germanische Reich der Franken (s. Frankenreich). Vgl. Bourguignon d'Anville, Notice de la Gaule ancienne (Par. 1760); Walckenaer, Géographie des Gaules (2. Aufl., das. 1862, 2 Bde.); Herzog, Galliae Narbonensis historia, descriptio, institutorum compositio (Leipz. 1864); Desjardins, Géographie historique et administrative de la Gaule (Par. 1876-85, 3 Bde.); Amédée Thierry, Histoire des Gaulois (10. Aufl., das. 1877, 2 Bde.); Derselbe, Histoire de la Gaule sous la domination romaine (4. Aufl., das. 1877, 3 Bde.); Fauriel, Histoire de la Gaule méridionale (das. 1836); Fallue, Conquête des Gaules (das. 1862); Derselbe, Annales de la Gaule (Evreux 1864); Maissiat, Annibal en Gaule (Par. 1874); Derselbe, Jules César en Gaule (das. 1876, 2 Bde.); Ludwig Napoleon, Histoire de Jules César, Bd. 2 (das. 1866); A. v. Göler, Cäsars gallische Kriege (2. Aufl., Freiburg 1880); "Dictionnaire archéologique de la Gaule" (Par. 1875 ff.).

Galliēnus, Publius Licinius, röm. Kaiser von 253 bis 268, erst mit seinem Vater Valerianus zusammen, dann seit dessen Gefangennehmung durch die Perser (260) ohne denselben. Die Zeit seiner Regie-^[folgende Seite]