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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gariep; Garigliano; Garizim; Garmisch; Garmond; Garn

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Gariep - Garn.

Der Verlust der Garibaldiner betrug 1000 Tote und Verwundete und 1400 Gefangene. G. fiel bei Figlini den Truppen Viktor Emanuels in die Hände, wurde entwaffnet und als Gefangener in das Fort Varignano bei Spezia gebracht, erhielt aber Ende November 1867 die Erlaubnis zur Rückkehr nach Caprera, wo ihn die Regierung sorgfältig bewachen ließ. In seiner einsamen Zurückgezogenheit schrieb G. kirchenfeindliche Romane ("Clelia, ovvero il governo del Monaco", "Cantoni il volontario", deutsch, Leipz. 1870). Die Proklamierung der französischen Republik im September 1870 entflammte seinen republikanischen Fanatismus so heftig, daß er, begleitet von seinen Söhnen Menotti und Ricciotti, nach Tours zu Gambetta eilte, von welchem er Anfang Oktober das Kommando über die Freischaren auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz erhielt. Er begann nun in Burgund in seiner Weise einen Guerillakrieg, ohne jedoch Erfolge zu erringen. Die pomphaften Lobpreisungen in der Presse standen mit den wirklichen Leistungen in schroffem Widerspruch. Die Franzosen sahen ihn nicht gern, weil er als geschworner Feind des Papstes die katholischen Gefühle des Landvolkes oft rücksichtslos verletzte; überdies benahmen sich die Freischaren höchst zuchtlos und anmaßend. Seine gänzliche militärische Unfähigkeit bewies G. im Januar 1871, als er sich durch die Angriffe einer preußischen Brigade in Dijon festhalten ließ und nichts that, um den Marsch Manteuffels aufzuhalten und Bourbaki zu Hilfe zu kommen. Nach der Vernichtung der Bourbakischen Armee räumte G. 1. Febr. Dijon. Infolge dieses Ungeschicks wurde G. von den Franzosen sehr schlecht behandelt. Er war in die Nationalversammlung zu Bordeaux gewählt worden; als er jedoch seinen Sitz in derselben einnahm, ward er schon nach seinen ersten Meinungsäußerungen so mit Beleidigungen überschüttet, daß er sofort sein Mandat niederlegte und nach Caprera zurückkehrte, von wo aus er noch Erklärungen zu gunsten der Pariser Kommune erließ, wie er denn jede antiklerikale oder radikale Bewegung, ferner auch die chauvinistischen Bestrebungen der Italia irredenta von seiner Insel aus mit einigen Phrasen zu begrüßen pflegte. Eine vom Parlament 1874 votierte Dotation von 100,000 Lire Renten lehnte er anfangs mit Rücksicht auf die Finanzzustände Italiens ab, nahm sie aber 1876 wegen der Verschwendung seiner Söhne doch an. Seit den letzten Jahren durch körperliche Leiden sehr geschwächt, starb er 2. Juni 1882 auf Caprera und wurde unter großen Feierlichkeiten daselbst 8. Juni beigesetzt. - G. war von mittlerer Größe, kräftigem Körperbau, mit großem Kopf und ausdrucksvollen, energischen Zügen; sein ursprünglich rötlicher Bart ergraute früh. Er trug gewöhnlich die bekannte Bluse und den schwarzen, runden Filzhut. Er zeigte sich sein ganzes Leben hindurch als einen Mann, der für die einmal erfaßte Idee alle Opfer zu bringen fähig war. Schwärmerische Begeisterung für die nationale Sache, Thatkraft und Energie in der Ausführung seiner Pläne, Umsicht und Raschheit in den militärischen Bewegungen, persönliche Tapferkeit, Uneigennützigkeit und Redlichkeit des Strebens waren die Tugenden, die ihn in glänzender Weise auszeichneten und ihn zum Volkshelden machten. Dabei aber mangelten ihm ruhige Erwägung der realen Verhältnisse, namentlich des durch die politische Lage Gebotenen, sowie jede tiefere politische Einsicht. Zu seinen heftigsten Leidenschaften gehörte sein Haß gegen das Papsttum und die päpstliche Kirche, welchen er, und nicht mit Unrecht, das Unglück seines Vaterlandes zuschrieb. - Von Anita hatte G. zwei Söhne, Menotti und Ricciotti, und eine Tochter, Teresita, die an den General Canzio verheiratet ist. Anfang 1860 vermählte er sich mit einer Mailänderin, Contessa Raimondi, die ihn aber schmählich betrogen hatte; er trennte sich daher am Hochzeitstag von ihr, erkannte ihr Kind nicht an und erreichte 1879 die gerichtliche Ungültigkeitserklärung der Ehe. Er verheiratete sich darauf mit der frühern Amme seiner Enkelin, mit der er bisher in wilder Ehe gelebt, und die ihm zwei Kinder geboren hatte. Der Witwe und jedem der fünf Kinder bewilligte der Staat einen Jahrgehalt von je 10,000 Lire. Vgl. aus der zahlreichen, meist wertlosen Litteratur über G.: Delvau, G., vie et aventures 1807-59 (Par. 1862); Vecchj, G. auf Caprera (deutsch, Leipz. 1862); Elpis Melena, Garibaldis Denkwürdigkeiten (Hamb. 1861, 2 Bde.); Dieselbe, G., Mitteilungen aus seinem Leben (2. Aufl., Hannov. 1885); Balbiani, Scene storiche della vita politica e militare di G. G. (Mail. 1872); Bent, Life of G. (Lond. 1881); Guerzoni, G. con documenti inediti (Turin 1882, 2 Bde.); Mario, G. e i suoi tempi (Mail. 1884); "Epistolario di G. G." (hrsg. von Ximenes, das. 1885, 2 Bde.).

Gariep (Garip), s. Oranjefluß.

Garigliano (spr. -rilja-, im Oberlauf Liri, bei den Alten Liris genannt), Fluß in Unteritalien, entspringt im römischen Subapennin westlich vom ehemaligen Fuciner See, bildet bei Isola einen Wassersturz von 27 m Höhe und nimmt unterhalb Ceprano den Sacco auf. Der beträchtlich angewachsene Fluß erhält nach seiner Vereinigung mit der Melfa den Namen G., durchbricht mit neun Fällen die basaltischen Felsen des Mortulawaldes und strömt nun, an den Ruinen von Minturnä vorbei, nach 140 km langem Lauf dem Golf von Gaeta zu. Bei Ceprano wird er von der Eisenbahn, bei Traetto von der ersten italienischen Kettenbrücke (von 1832) überschritten. Er ist von Pontecorvo an schiffbar und sehr fischreich. Am G., welcher eine strategisch wichtige Linie bildet, erlitten 27. Dez. 1503 die Franzosen unter dem Markgrafen von Saluzzo durch die Spanier unter Gonsalvo von Cordova eine Niederlage. Bayard soll hier die Brücke allein gegen eine Übermacht von 200 Spaniern verteidigt haben.

Garizim, ein 865 m hoher Berg aus Nummulitenkalk in Palästina, an dessen Nordfuß Nablus (Sichem) liegt. Der G. ist ein kahles, breites, sanft gegen S. sich abdachendes Plateau; sein Abfall gegen die Stadt dagegen ist schroff und steil. Die auf dem G. befindlichen Ruinen sind nach Robinson die Reste eines von Kaiser Justinian erbauten Kastells, unweit dessen der geglättete Felsboden den ehemaligen Standort des samaritanischen Tempels erkennen lassen soll, der um 330 aufgeführt und um 129 v. Chr. durch J. ^[John] Hyrcanus zerstört wurde.

Garmisch, Flecken im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern (692 m ü. M.), im Thal der Loisach in den Alpen, ist Hauptort des Bezirksamtes und Amtsgerichts Werdenfels und hat (1885) 1672 Einw. Die ehemalige Grafschaft Werdenfels (Burgruine gleichen Namens noch vorhanden) kam 1803 an Bayern und war in ganz Mitteleuropa durch den Handel ihrer Bewohner mit Medikamenten bekannt. Vgl. Steindel, G. und dessen Umgebung (Leipz. 1882).

Garmond, Schriftgattung, die in Süddeutschland übliche Bezeichnung für Korpus; s. Schriftarten.

Garn, ein aus Fasern durch Zusammendrehen (Spinnen) gebildeter Faden, welchen man entweder ohne weiteres zur Weberei, Wirkerei etc. anwendet,