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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Genga; Gengenbach

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Genga - Gengenbach.

Kastanienwäldchen, heitern Obst- und Weingärten, Hafen- und Stapelplätzen, ist das savoyische Südufer eine Landschaft von mehr ernstem und einsamem Charakter, die eine spärlichere Kultur zeigt und nur einen einzigen Hafen besitzt. Unter den zahlreichen kleinen Zuflüssen (außer dem Rhône) sind die bedeutendern die savoyische Dranse, auf der Nordseite die Veveyse, Venoge und Aubonne; den Abfluß bildet der Rhône bei Genf. Die Niveaudifferenzen sind ziemlich bedeutend, durchschnittlich 1 2/3 m, in einzelnen Jahrgängen weit mehr; der tiefste Stand fällt zumeist in den März, der höchste in den August. Das Seewasser ist außerordentlich rein und von prächtiger bläulicher Farbe, dessen Transparentwirkung man am besten beim Ausfluß in den dahinstürzenden Rhônewellen erkennen kann. Eine gewisse Strömung, von den Anwohnern Lardeyre oder La Dière genannt, geht im Frühjahr und Herbst im östlichen See, nach verschiedenen Richtungen hin, oft so stark, daß kein Ruder sie zu bewältigen vermag. Man glaubt, daß sie von unterirdischen Zuflüssen herrühre, die dem See einen großen Teil (im Sommer ein Drittel, im Winter die Hälfte) seiner Wassermenge zuführen. Ein andres eigentümliches Phänomen ist die mit einiger Regelmäßigkeit wiederkehrende Bewegung und Veränderung im Wasserstand des Seespiegels, die Seiches, der "Ruhs" des Bodensees analog, an Ebbe und Flut erinnernd. Diese Erscheinung tritt bei völlig windstiller Luft, ohne Wellenschlag und äußerlich sichtbare Strömung, ein; der See steigt 4-5 Minuten lang und sinkt dann wieder in ebensoviel Zeit. Zu Genf ist die Bewegung am stärksten; bisweilen erreicht sie 1½ m. Zu Morges, wo sie von Professor Dufour sorgfältig beobachtet ward, übersteigt sie kaum 12-15 cm. Die Ursache schreibt man dem ungleichen Druck der Luftsäulen zu, welche gleichzeitig auf verschiedene Stellen der Wasserfläche einwirken. Auch Wasserhosen treten periodisch auf. Ferner beobachtet man daselbst die Luftspiegelungen der Wüste (mirages) und die Fata Morgana Unteritaliens. Erstere finden statt, wenn die Wasseroberfläche wärmer ist als die Luft; am prächtigsten in den Morgenstunden des Septembers und Oktobers. Die andre Erscheinung tritt ein, wenn umgekehrt die Luft wärmer ist als das Wasser (an heißen Nachmittagen im März bis Juni); dann sieht man Gegenstände, die sonst wegen der Wölbung der Erdoberfläche nicht sichtbar sind, auftauchen, manche in entstellter Form oder beträchtlich vergrößert. Die Temperatur des Wassers bei einem Wärmestand der Oberfläche von 24,4° C. betrug in einer Tiefe von 300 m nur 8,2° C. Ein völliges Zufrieren wurde noch nie beobachtet; nur der westliche Teil überfriert in kalten Wintern. Unter den Winden, die auf dem See herrschen, ist der kälteste die Bise, ein Nordostwind. Der Vaudaire kommt aus dem Wallis und treibt die Wellen zu bedeutender Höhe; der furchtbarste aber ist der aus den Schluchten Savoyens unerwartet und heftig hervorbrechende Bornand. Der Regen bringende Südwestwind heißt vorzugsweise der "Genfer"; ein austrocknender Südwind wird bezeichnend Séchard genannt. Der angenehme Rébat bewegt an Sommermittagen die Oberfläche leicht kräuselnd. An Fischen ist der G. S. nicht so reich wie andre Schweizer Seen. Man zahlt 21 Arten, von denen der Weißfelchen (Salmo fera), die große Seeforelle (20-25 kg schwer), die Ritterforelle und die Kaulquappe die beliebtesten sind. Der Fischfang ist an den beiden Enden am ergiebigsten. In der Tiefe des Sees hat man 35-40 Tierarten entdeckt, die sämtlich den niedern Tieren angehören. Pflanzen finden sich daselbst nicht vor. - Der G. S. bildet die große Straße, welche für drei Schweizer Kantone und Savoyen den Warentausch vermittelt. Größere Frachtschiffe hatten sich von jeher zu den Kähnen und Fischerbarken gesellt; später kamen noch die Dampfer hinzu, hier zuerst von allen Schweizer Seen der Guillaume Tell 1823. Doch steht hinsichtlich der Zahl der Dampfschiffe, wie überhaupt als internationale Handelsstraße, der Léman weit hinter dem Bodensee zurück. Diese Bedeutung mußte sich noch verringern, seit die ganze Schweizerseite entlang eine Uferbahn raschern Verkehr ermöglicht. Die verschiedenen Dampfschiffahrtsgesellschaften haben sich im Januar 1873 vereinigt zur "Compagnie générale de navigation sur le lac Léman", die, ungerechnet die zwei der Ligne d'Italie gehörigen und außer Dienst befindlichen, zwölf Boote besitzt, darunter den schönen Salondampfer Montblanc (1875 gebaut). Vgl. Rey, Genève et les rives du Léman (3. Aufl., Par. 1875); Forel, Le lac Léman; précis scientifique (2. Aufl., Basel 1886); Herbst, Der G. S. und seine Umgebung (Weim. 1877).

Genga (spr. dschenga), 1) Girolamo, ital. Maler, Architekt und Bildhauer, geboren um 1476 zu Urbino, lernte bei Signorelli und Perugino, malte mit T. della Vite in Urbino in der Kapelle San Martino des bischöflichen Palastes und ging dann nach Rom, wo er für die Kirche Santa Caterina da Siena eine Auferstehung Christi malte und sich viel mit dem Zeichnen und Messen antiker Baulichkeiten beschäftigte, worüber er ein handschriftliches Werk hinterließ. Vom Herzog Francesco Maria nach Urbino zurückgerufen, folgte er diesem später in die Verbannung nach Cesena, wo unter anderm die Tafel: Gott-Vater mit Maria und den vier Kirchenvätern entstand (jetzt in der Brera zu Mailand). Nach der Rückkehr des Herzogs nach Urbino erbaute G. für denselben auf dem Berg dell' Imperiale einen großartigen Palast. Auch lieferte G. die Pläne zur Kirche San Giovanni Battista in Pesaro, zum Zoccolantenkloster in Monte Barroccio und zum Bischofspalais in Sinigaglia. Von Werken der Skulptur verfertigte er für das Schloß dell' Imperiale einen Engel und für den Herzog von Urbino und den Bischof von Sinigaglia die Modelle zu Trinkgeschirren. Er starb 1551 in Urbino.

2) Bartolommeo, Maler, Architekt und Bildhauer, Sohn des vorigen, geb. 1518 zu Cesena, Schüler seines Vaters, ging zu weiterer Ausbildung 1538 nach Florenz, später nach Rom, wurde Aufseher der Staatsbauten des Herzogtums Urbino und vollendete als solcher die von seinem Vater begonnene Kirche San Giovanni und den Palast zu Pesaro. Er erlangte namentlich auch als Festungsbaumeister Ruf; man berief ihn nach Malta, um es gegen die Angriffe der Türken zu befestigen. Er starb 1558.

3) Annibale della, Papst, s. Leo XII.

Gengenbach, Stadt im bad. Kreis Offenburg, 117 m ü. M., am Eingang eines lieblichen, von der Kinzig durchflossenen Thals und an der Linie Offenburg-Singen der badischen Schwarzwaldbahn, hat eine katholische und eine evang. Pfarrkirche, Fabrikation von Papier, Strohstoff, Pappe und Zigarren, eine Sägemühle, Acker- und Weinbau und (1885) 2542 meist kath. Einw. - Die Stadt, als Sommerfrische beliebt, ist entstanden aus der ehemals reichsunmittelbaren Benediktinerabtei G., die, zwischen 724 und 746 gegründet, 1643 dreimal von den Schweden geplündert und 1689 von den Franzosen zerstört wurde, und war bis 1802 freie Reichsstadt.