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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Genua

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Genua (Stadt; Bauwerke).

Apennin entspringenden Flüsse Bormida, Scrivia, Trebbia fließen nach N. dem Po zu. Das Klima ist mild und gesund, aber sehr unbeständig, mit wechselvollen Winden. Die Einwohner (Genuesen), deren Zahl (1881) 760,122 beträgt, reden einen besondern, schwerverständlichen Dialekt, sind ein schlanker, beweglicher und arbeitsamer Menschenschlag und gelten für schlau und wankelmütig. Sie waren zu allen Zeiten als tüchtige Seeleute berühmt. Außer der Schiffahrt sind Industrie und Handel hoch entwickelt. Die wichtigsten Zweige der erstern sind: die Seiden-, Baumwoll- und Schafwollindustrie, die Papier-, Seifen-, Teigwaren- und Konservenfabrikation, der Maschinen- und Schiffbau. Bedeutende Hafenorte sind außer G. Spezia, Savona und Albenga. Die Provinz zerfällt in die Kreise G., Albenga, Chiavari, Savona und Spezia. Die Landschaften um den Golf von G. sind reizend, zum Teil mit dem üppigsten Pflanzenwuchs geschmückt. Bei dem steilen Abfall der Gebirge ist der Anbau von Getreide, dann von Gemüsen auf die wenig ausgedehnten Ebenen beschränkt; dagegen ist das Hügelgelände überall mit Oliven-, Südfrüchte-, Maulbeer- und Weinpflanzungen bedeckt. S. Karte "Oberitalien".

Die Stadt Genua.

(Hierzu der Stadtplan.)

Die gleichnamige Hauptstadt (mit dem Beinamen la superba, im genuesischen Volksdialekt Zene) liegt im innern Winkel des Meerbusens von G., wo sie zwischen zwei im O. und W. mündenden Flüßchen an den Bergterrassen des Apennin bis zu einer Höhe von 160-190 m amphitheatralisch emporsteigt. Ausgezeichnet durch einen den kleinern Schiffen des Altertums und Mittelalters ohne wesentliche künstliche Verbesserung genügenden Naturhafen, mußte sich an dieser Stelle eine große Handelsstadt entwickeln, sobald die Länder Oberitaliens u. Mitteleuropas sich zu höherer Kultur erhoben und Straßen über den hier durch das Thal der Polcevera eingeschnittenen und leicht gangbar zu machenden Apennin gebahnt waren. Schon zu Hannibals Zeit war G. der bedeutendste Platz Liguriens, von wo 148 v. Chr. die Via Postumia nördlich zum Padus, 104 die Via Ämilia nach Luna gebaut wurde. In diesem Winkel an der nördlichsten Ausbuchtung des westlichen Mittelmeerbeckens stießen die beiden längs der ligurischen Küsten führenden Wasserstraßen, auf welche aller Verkehr bei der Steilheit der Berge angewiesen war, zusammen, um sich vereint als Landstraße über den Apennin fortzusetzen. Wenn auch wesentlich infolge der verringerten Bedeutung des ganzen Mittelmeers seit dem 16. Jahrh. G. sank, so mußte sich die Gunst seiner Lage doch neuerdings geltend machen, sobald durch Eisenbahnen wieder lebhaftere Beziehungen zum Hinterland hergestellt waren. So sehen wir seit einigen Jahrzehnten die Stadt in raschem Aufschwung, der durch Eröffnung der Gotthardbahn, welche G. zum nächsten Hafen für die Schweiz und das südwestliche Deutschland machte, noch mehr gestiegen ist. Eine doppelte Umwallung umschließt die um das halbkreisförmige Hafenbecken gelagerte Stadt, die äußere zieht sich über die umliegenden Höhen und steht mit den vorgeschobenen Festungswerken und Forts in Verbindung, die ganz oben in einem spitzen Winkel, dem "Sporn" endigen und in Verbindung mit den Hafenbefestigungen G. zu einer der stärksten Festungen Italiens machen. Die Bauart der Stadt, bedingt durch deren Lage und das sengende Sommerklima, trägt den Charakter des Massenhaften. Die Häuser sind aneinander geschichtet, die Straßen meist erstaunlich eng, dazu von acht- bis neunstöckigen Häusern eingefaßt und sehr düster, aber äußerst sauber gehalten. Sie führen bald auf-, bald abwärts und sind hier und da durch Marmortreppen oder, wo ein Felsenspalt sie trennt, durch Brücken miteinander verbunden. Bemerkenswert ist unter den letztern namentlich der 34 m hohe Ponte Carignano. Gefahren wird nur in einigen breiten Hauptstraßen; sonst dienen Portechaisen den Menschen als Transportmittel, während zahlreiche Reihen von Maultieren die Waren fortschaffen. Die schönste Straße Genuas ist die Via Balbi, welche mit ihren Verlängerungen, der Via Nuovissima, Via Garibaldi und Via Carlo Felice (8-9 m breit), den Corso von G. bildet. Die Paläste, welche diese Straßen zieren, ruhen zumeist auf einem Unterbau von Rustika und machen mit den mächtigen Formen der Fassade, dem mit Säulen geschmückten, schön gewölbten Vestibül und dem großartigen Treppenhaus einen imposanten Eindruck. Die platten Dächer sind terrassenförmig und mit Orangen-, Myrten- und Granatbäumen, Blumen, hier und da mit Statuen besetzt, auch wohl mit einem Kühlung verbreitenden Springbrunnen versehen. Schön nimmt sich eine Illumination dieser "hängenden Gärten" aus, wie sie an gewissen Tagen, z. B. am Johannistag, üblich ist. Erwähnungswert sind außerdem die Via Carlo Alberto am Hafen, die neue Via Roma mit der parallel laufenden glasbedeckten Galleria Mazzini sowie die Fortsetzung der Via Roma, die neue Via Assarotti. Unter den öffentlichen Plätzen, welche durchweg von geringer Ausdehnung sind, verdienen Erwähnung: die mit Bäumen umgebene Piazza Acquaverde (mit dem Monument des Kolumbus von M. Lanzio, 1862), die Piazza dei Banchi (mit der Börse, Sammelplatz der Handelsleute, Schiffer etc.), die Piazza dell' Annunziata (am Ende der Via Balbi), die Piazza Nuova, wo die Wochenmärkte gehalten werden, die Piazza Deferrari, die Piazza Vittorio Emanuele mit dem 1886 errichteten Standbild des Königs etc. G. hat fünf Thore u. mehrere Vorstädte.

[Bauwerke.] Unter den 82 Kirchen steht obenan die Kathedrale San Lorenzo, ein schöner Bau im spätromanischen Stil aus dem 12. Jahrh., wiederholt, so von Alessi im 16. Jahrh., restauriert. Das Innere, eine Säulenbasilika mit dreischiffigem Langhaus und einer Kuppel, enthält eine Kapelle Johannes des Täufers mit den aus dem Kreuzzug 1098 hierher gebrachten Reliquien des Heiligen und Marmorstatuen von Civitali und Andrea Sansovino. Von den übrigen Kirchen sind zu erwähnen: Santa Annunziata, ein Säulenbau der Spätrenaissance (16. Jahrh.); der imposante Kuppelbau Sant' Ambrogio (1589 erbaut) mit Gemälden von Guido Reni (Himmelfahrt Maria) und Rubens; die schöne Kirche Santa Maria di Carignano (von Alessi nach Michelangelos Plan der Peterskirche in Rom erbaut) in griechischer Kreuzform mit Zentralkuppel und zwei schlanken Türmen; Santo Stefano mit einem berühmten Altargemälde von Giulio Romano (Steinigung des Stephanus) und San Matteo (mit dem Grabmal des Andrea Doria). Erwähnenswert ist auch der Campo santo (seit 1838 angelegt) mit reichem monumentalen Schmuck. Die berühmtesten Paläste sind: der ehemalige Dogenpalast mit neuer

^[Abb.: Wappen von Genua.]