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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Geschütz

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Geschütz (Anfertigung).

Die Feldgeschütze der größern europäischen Staaten.

Deutschland Frankreich Italien Österreich Rußland Spanien England

leichtes C/73 schweres C/73 80 mm C/77 90 mm C/77 7 cm C/74 9 cm C/76 8 cm C/75 9 cm C/75 leichtes C/77 schweres C/77 8 cm C/78 9 cm 16-Pfünder C/74 13-Pfünder C/82 12-Pfünder 22-Pfünder

Kaliber Millim. 78,5 88 80 90 75 87 75 87 87 106,7 78,5 87 94,4 76,2 76,2 89

Aufbau des Rohrs Mantelrohr Ringrohr Hartbronze Mantelrohr Hartbronze Mantelrohr Hartbronze Gußstahl Mantelrohr

Rohrmetall Gußstahl Gußstahl, Ringe, Puddelstahl Hartbronze Gußstahl Hartbronze Gußstahl Stahl, Mantel aus Schmiedeeisen

Verschlußsystem Rundkeil Schraubenverschluß Rundkeil Flachkeil Rundkeil Rundkeil Vorderlader Schraubenverschluß

Rohrgewicht Kilogr. 390 450 425 530 300 492 299 487 438 617 372 516 609 406 - 545

Geschoßführung Hartblei, Kupfer in der Einführung Kupferband Kupferringe Kupferringe Kupferband Kupferringe Bronze-Ailetten Kupfer-Ailetten Kupfer

Art der Granate Ringgranate Doppelwand Ringgranate Ringgranate Ringgranate Ringgranate einfache Doppelwand

Gewicht der Granate Kilogr. 5,07 7,0 5,825 8,015 4,20 6,70 4,309 6,397 6,9 12,5 4,60 6,40 7,343 5,89 - 9,98

Gewicht im Schrapnell Kilogr. 5,439 9,002 5,97 8,16 4,20 6,70 4,66 7,082 6,9 12,5 4,60 7,10 7,84 5,19 - -

Füllkugeln im Schrapnell Stück 175 270 93 92 103 177 105 165 165 340 92 - 72 116 - 234

Geschützladung Kilogr. 1,25 1,50 1,50 1,90 0,85 1,45 0,95 1,50 1,396 1,841 1,25 1,50 1,361 1,42 1,814 3,4

Anfangsgeschwindigkeit Meter 465 444 490 455 421 454 422 448 442 373,4 490 455 411 486 - 538

Lebendige Kraft Meter 55,9 70,4 68,5 83,9 58 71,0 39,2 65,6 68,7 88,6 56,3 65,3 63,1 73,2 78,7 149,4

Schußweite der Granate Meter 6800 7000 7000 7000 - 5600 4500 4500 6400 5334 6000 6000 3800 - - -

Schußweite des Schrapnells Meter 3500 3500 5000 5000 2600 2800 2250 2250 3414 3200 2400 2400 3800 - - -

Geschütze der Batterie 6 6 6 6 8 8 8 8 8 8 6 6 6 6 - -

Schußzahl der Batterie pro Geschütz 152 2/3 134 2/3 161,5 150,5 142 130 146 123 165 126 120 103 100 144 - -

dann unter dem Dampfhammer geschmiedet. Das Ausbohren und Abdrehen der Rohre geschieht durch Bohrmaschinen und Drehbänke, das Ausschneiden der Züge auf einer Ziehbank mit Teilscheibe. Vor ihrer Ablieferung werden die Rohre in Bezug auf Abmessungen und Beschaffenheit des Metalls sorgfältig nach festgesetzten Vorschriften untersucht, nächstdem angeschossen, d. h. es werden eine bestimmte Anzahl Schüsse mit bestimmten Ladungen und Geschossen aus dem Rohr gethan, wobei gleichzeitig die Trefffähigkeit festgestellt wird. Die Bronze ist ihrer bedeutenden Zähigkeit wegen ein sehr geschätztes Geschützrohrmetall; dazu kommt, daß unbrauchbare bronzene Rohre sich mit geringer Entwertung des Metalls zum Neuguß wieder verwenden lassen; dagegen sind sie leicht zu beschädigen, büßen auch infolge baldigen Ausschießens durch Ausschmelzen des Zinns aus der Bronze nach und nach an Treffsicherheit ein. Zur Vermeidung der Zinnausscheidungen beim langsamen Erkalten des Gußstückes gießt man jetzt die Rohre, damit sie schnell erstarren, in eisernen Schalen. Der Herstellung von Geschützen nach dem Uchatiusschen Verfahren liegt gleichfalls der Guß in eisernen Schalen über einen Kern zu Grunde. Für die 8,7 cm Rohre wird die Seele auf 8 cm ausgebohrt und dann durch Hineinpressen von verschieden starken Stahlcylindern auf 8,7 cm erweitert. Die Bronze (92 Proz. Kupfer, 8 Proz. Zinn) nahe der Seelenwand erhält durch diese Verdichtung eine Festigkeit ähnlich dem Gußstahl, daher ihr Name Stahlbronze, und das Rohr in Bezug auf Widerstand beim Schießen ähnliche Eigenschaften wie die beringten Rohre (künstliche Metallkonstruktion). In Rücksicht auf ihre Billigkeit werden auch in Deutschland seit 1878 alle Bronzerohre nach diesem Verfahren hergestellt. Die Bronze wird hier aber Hartbronze genannt. Gußeiserne Rohre sind sehr billig, bieten aber den gegen früher sehr gesteigerten Geschützladungen gegenüber ungenügende Widerstandsfähigkeit und werden daher nicht mehr gefertigt. Das beste Geschützmetall für alle Geschütze ist der Gußstahl; seiner so ausgedehnten Verwendung steht nur sein hoher Preis entgegen. Durch Versuche und Rechnung ist nachzuweisen, daß bei Massivrohren (d. h. aus Einem Stück bestehenden) die äußern Schichten der Wandung durch den Gasdruck in viel geringerm Grad in Anspruch genommen werden als die innern, und zwar um so weniger, je größer die Metallstärke im Verhältnis zum Seelendurchmesser ist. Eine gleichmäßige Inanspruchnahme aller Schichten der Rohrwandung zum Widerstand gegen den Gasdruck wird dadurch erreicht, daß die äußern Rohrschichten die innere in einem von außen nach innen steigenden Druck zusammenpressen. Schiebt man auf eine cylindrische Röhre einen durch Erwärmen erweiterten Hohlcylinder, dessen innerer Durchmesser vorher (in kaltem Zustand) kleiner ist als der äußere der innern Röhre, so wird beim Erkalten diese zusammengedrückt, jener entsprechend ausgedehnt werden. Zieht man in ähnlicher Weise noch einen dritten Cylinder auf, so wiederholt sich dieselbe Wirkung. Auf diese Weise läßt sich bei richtiger Bemessung der Schrumpfmaße die Spannung der innern Schichten den obigen Grundsätzen gemäß regeln. Theoretisch wäre es vorteilhaft, dem Rohr möglichst viele Ringlagen zu geben; aus technischen Gründen und praktischen Erfahrungen empfiehlt sich deren Beschränkung auf 1-3 Lagen. Diesen Rohraufbau hat man die künstliche Metallkonstruktion und die nach ihren Grundsätzen gefertigten Rohre Ring- oder Mantelrohre genannt. Bei erstern bildet die