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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gironde; Girondisten

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Gironde - Girondisten.

Privatkabinett des Großherzogs von Toscana schnitt er zwei große Kameen mit den Darstellungen des die Giganten erschlagenden Jupiter und des Perseus mit der Andromeda. Noch bedeutender sind zehn in der Bibliothek des Vatikans befindliche Gemmen: Medusa, Jupiter, Herkules, Paris, Minerva, Antinous, Arethusa, eine Bacchantin, Jupiter gegen die Titanen und Phöbus Apollo. G. versuchte sich auch im Stempelschnitt, und erwarb sich auch in diesem Fach einen Namen, daher ihm der Papst das Direktorium der Münze übertrug. Seine Gedächtnismedaillen auf den Kardinal Consalvi und auf Canova, die Ehrenmünze auf den Dichter Niccolini sichern dem Künstler einen hervorragenden Rang. Pius VII. ließ durch ihn die Piazza del Popolo mit ihrer Umgebung und die Wiederauffindung des toten San Francesco medaillieren, Leo XII. die Eröffnung des Jubeljahrs etc. Für die Stadt Orvieto medaillierte er ihren Dom. Er starb 17. Nov. 1851 in Rom.

Gironde (spr. schiróngd'), Name des untersten Teils der Garonne (s. d.) von der Vereinigung derselben mit der Dordogne bis zur Mündung. Danach benannt ist das französische Departement G., welches aus Landschaften der ehemaligen Provinz Guienne (Bordelais, Bazadais, Périgord und Agénois) gebildet ist, nördlich an das Departement Niedercharente, östlich an die Departements Dordogne und Lot-et-Garonne, südlich an Landes, westlich an den Ozean grenzt und 9740 qkm (176,9 QM.) umfaßt. Bewässert wird dasselbe von der Garonne mit dem Ciron, von der Dordogne mit der Isle, welche die Dronne aufnimmt, zahlreichen andern Zuflüssen der Garonne und dem Küstenfluß Leyre. Zwischen Garonne und Dordogne ist etwas bergiges, aber äußerst fruchtbares Land, zwischen Dordogne und Dronne liegen Kalkhügel mit Buschholz und Reben, zwischen diesen aber lachende Thäler. Im S. und W. ist ebene, dürre Heide, die sogen. Landes, welche von der Garonne durch die Weinhügel von Médoc, Haut Brion, St.-Emilion und Grave getrennt sind. Sie drohten im vorigen Jahrhundert mit ihren landeinwärts wandernden Dünen diese Weindistrikte zu verschütten; doch gelang es seit 1787 den Bemühungen des Ingenieurs Brémontier, die Dünen durch Anpflanzung von Seestrandskiefern zu befestigen, so daß jetzt die ganze Kette von der Adour- bis zur Girondemündung bewaldet ist (s. Landes). Das Departement zählte 1881: 748,703 Einw. Bodenkultur in Verbindung mit einem großartigen Handel machen das Land reich; außer der erwähnten Bepflanzung der Dünen findet mancherlei Amelioration des Bodens, Entwässerung der Sümpfe u. a. statt. Der Landbau erzielt besonders Weizen, Roggen und Mais, nächstdem Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Obst. Auch künstliche Wiesenkultur wird stark betrieben; am bedeutendsten aber ist der Weinbau, der bis zu den Verwüstungen der Phylloxera eine Fläche von 1886, gegenwärtig von 1355 qkm einnimmt und die ausgezeichneten Sorten liefert (Produktion früher über 3, jetzt 2 Mill. hl, s. Bordeauxweine). Von dem übrigen Areal kommen 1680 qkm auf Ackerland, 2607 auf Wald, 903 auf Wiesen und 1252 auf die "Landes". Außer den Produkten der Agrikultur werden namentlich Seesalz und Harz gewonnen. Die Fischerei und Austernzucht ist lebhaft (ganz besonders im Bassin von Arcachon), und in Bezug auf Viehzucht ist die Zucht von Schafen hervorzuheben. Die mannigfache industrielle Thätigkeit, deren Hauptsitz Bordeaux ist, umfaßt namentlich die Zuckerraffinerie, Eisenindustrie, Fabrikation von Papier, Kerzen, Porzellan und Glas, Tabak, Chemikalien etc., Schiffbau, Branntweinbrennerei u. a. Die Textilindustrie dagegen ist ganz unbedeutend. Der Hauptzweig des alle Länder umfassenden Handels ist der Weinexport. Das Departement ist in sechs Arrondissements: Bazas, Blaye, Bordeaux, La Réole, Lesparre und Libourne, eingeteilt und hat Bordeaux zur Hauptstadt. Vgl. Féret; Statistique générale de la G. (Bordeaux 1874-78, 2 Bde.); Gabriel, Geographie de la G. (das. 1882).

Girondisten (spr. schirongd-, Girondins), Name der gemäßigt republikanischen Partei in der ersten französischen Revolution, welcher daher rührt, daß ihre Hauptwortführer aus dem Departement der Gironde waren. Zu der Gesetzgebenden Versammlung, welche im Oktober 1791 zusammentrat, hatte dasselbe die Advokaten Vergniaud, Guadet, Gensonné, Grangeneuve und den Kaufmann Ducos gewählt, welche durch ihre Beredsamkeit und ihre offen verkündigten republikanischen Grundsätze bald bedeutenden Einfluß gewannen. Außer Brissot und Roland und deren Anhängern schlossen sich ihnen mehrere hervorragende Mitglieder des Zentrums an, namentlich Condorcet, Fauchet, Lasource, Isnard, Kersaint und Henri Larivière; einen sehr gewichtigen Einfluß übte Madame Roland aus. Die G. nötigten den König zur Wahl eines Ministeriums aus ihrer Mitte, in welchem Roland, Dumouriez, Clavière und Servan sich befanden, und zur Kriegserklärung gegen Österreich und Preußen (April 1792); sie vornehmlich waren es, welche die Verbannung aller eidweigernden Priester sowie die Bildung eines Lagers von 20,000 Mann Milizen aus allen Departements in der Nähe von Paris beantragten. Daß der König die Bestätigung dieser Beschlüsse verweigerte und das girondistische Kabinett entließ, hatte den Aufstand vom 20. Juni 1792 zur Folge. Obwohl die G. denselben stillschweigend gebilligt hatten, sahen ihre Führer doch endlich ein, daß durch fortgesetzte Aufreizung der untern Schichten des Volkes nicht nur alle gesetzliche Ordnung, sondern auch ihr eigner Einfluß gefährdet sei. Schon waren sie mit dem Hof in Unterhandlungen getreten und hatten dem König unter der Bedingung, daß er fernerhin nach ihrem Belieben regieren würde, ihre Unterstützung in Aussicht gestellt, als der blutige Aufstand vom 10. Aug. und die Septembermorde der königlichen Gewalt und damit auch diesen Unterhandlungen ein Ende machten. Damit hatten die G. ihren direkten Einfluß auf die Volksstimmung an die von den Jakobinern geleitete Pariser Gemeinde verloren. Im Konvent, der 21. Sept. 1792 eröffnet ward, waren die G. zwar in verstärkter Anzahl vertreten und bildeten das Zentrum (Plaine oder Marais); aber die ihnen gegenüberstehende Partei des Bergs zählte die kühnsten und fanatischten Revolutionäre zu ihren Mitgliedern und beherrschte den Pariser Gemeinderat. Die ganze Haltung der G. im Nationalkonvent war eine schwankende, widerspruchsvolle und daher erfolglose. Gegen Robespierre und Marat eröffneten sie die Feindseligkeiten, indem sie auf Bestrafung der Urheber der Septembermorde drangen, aber jedesmal im entscheidenden Augenblick den Mut zur That verloren. Robespierre beschuldigte die G. föderalistischer Tendenzen und errang an der Spitze der festgeschlossenen Bergpartei stets den Sieg über die gespaltene Majorität. Obwohl nun die G. durch Beantragung der Todesstrafe für alle Emigranten und Royalisten ihre republikanische Gesinnung zu beweisen suchten, trat ihre schwankende Haltung doch bei