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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Glaubensbekenntnis - Glauber.

Paulus ganz auf den Begriff des Glaubens zurückgeführt worden. Die christlichen Theologen unterscheiden den subjektiven Glauben (fides qua creditur), als das Organ für die göttlichen Dinge, von dem objektiven, d. h. dem kirchlichen Glauben (fides quae creditur), der sich in seiner Ausschließlichkeit gegen abweichende, ketzerische Meinungen als seligmachenden gibt. So fällt namentlich der römisch-katholischen Kirche zufolge der G. einfach mit dem Gehorsam gegen die Lehrautorität der Kirche zusammen, während nach dem evangelischen Lehrbegriff der seligmachende G. (fides salvifica) die erste Bedingung der Vergebung der Sünde (s. Rechtfertigung) und die Erlangung des ewigen Heils in Christus ist und sich direkt auf dessen Person und Werk bezieht. S. Christologie.

Glaubensbekenntnis (Confessio fidei, Symbolum), die öffentliche Erklärung einer Kirche oder einer religiösen Partei oder eines Einzelnen über das, was sie als wahre Lehren des Glaubens mit Überzeugung annehmen, also eine kurze, aber hinreichend bezeichnende Zusammenstellung derjenigen Artikel, welche man als den Kern des Glaubens betrachtet, an welche sich sowohl die Lehrer einer bestimmten kirchlichen Gemeinschaft wie die Glieder derselben als an eine Regel und Richtschnur halten. Die außerchristlichen Religionen haben darauf im allgemeinen nicht den entscheidenden Wert gelegt wie das Christentum. Ihr G. besteht darin, daß man sich beim Kultus beteiligt und der Autorität der Priester unterwirft. Dagegen kann das sogen. Schma Israel (5. Mos. 6, 4) und das "Allah ist Allah, und Mohammed ist sein Prophet" als das G. des Judentums und des Islam gelten. Auch das älteste christliche G. bestand bloß in der Aussage, daß "dieser (Jesus nämlich) ist der Christ" (Apostelg. 9, 22). Allmählich wurde allerlei jüdischen und heidnischen, zuletzt auch innerchristlichen Abweichungen von dem kirchlichen Gemeinbewußtsein gegenüber dieses G. erweitert, ausgeführt, bereichert, und es traten im Lauf einer solchen Entwickelung nicht nur bald das sogen. apostolische (s. d.), nicäisch-konstantinopolitanische (s. d.) und Athanasianische (s. d.) G. hervor, sondern es wurde überhaupt Sitte, daß jede Religionsgenossenschaft ihr besonderes G. oder ihre Konfession hatte. Über diese Glaubensbekenntnisse sind die den einzelnen Kirchen und Sekten gewidmeten Artikel zu vergleichen. S. Symbolische Bücher.

Glaubensehe (Putativehe, Matrimonium putativum), eine trotz eines trennenden Ehehindernisses eingegangene und daher nichtige Ehe, bei deren Eingehung der eine Teil oder beide Gatten von dem Vorhandensein des betreffenden Hindernisses nichts wußten, z. B. wenn sich Geschwister miteinander verheiraten, ohne zu wissen, daß sie Geschwister sind. Bevor die richterliche Trennung erfolgt, hat eine solche Ehe alle Wirkungen einer rechtlich gültigen Ehe und zwar sowohl für die oder für den in gutem Glauben stehenden Gatten als für die erzeugten Kinder, welche daher als eheliche gelten.

Glaubenseid, im Kirchenrecht (Professio fidei) die durch einen feierlichen Schwur bekräftigte Versicherung, einer bestimmten Religionspartei zugethan zu sein und das übertragene Lehramt nach der Glaubenslehre derselben verwalten zu wollen; insbesondere der vom Papst Pius IV. für Geistliche und Vorsteher der Klöster bei Antritt ihres Amtes sowie für Konvertiten eingeführte Eid der Treue gegen die katholische Religion und den Papst. Im Zivilprozeß ist G. (juramentum de credulitate) der nicht auf die Wahrheit oder Unwahrheit einer Thatsache, sondern auf das Fürwahrhalten einer solchen oder auf das Nichtwissen um dieselbe und auf den Glauben, daß sie nicht wahr sei, gerichtete Eid, der statt des Wahrheitseides dann auferlegt wird, wenn der Schwurpflichtige von der fraglichen Thatsache keine eigne Wissenschaft haben kann. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung wird der G. in einer Weise geleistet, daß der Schwurpflichtige beschwört, daß er nach sorgfältiger Prüfung und Erkundigung die Überzeugung erlangt habe, daß die betreffende Thatsache wahr oder nicht wahr sei, oder daß er nach sorgfältiger Prüfung und Erkundigung die Überzeugung erlangt oder nicht erlangt habe, daß die Thatsache wahr sei (Überzeugungseid). Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 424; Zimmermann, Der G. (Marb. 1863).

Glaubensfreiheit, die unbeschränkte Befugnis des Staatsbürgers, in Sachen der Religion sich einzig und allein nach seiner Überzeugung zu richten und sich zu derjenigen Glaubensform zu bekennen, welche er für die vollkommenste hält. Es ist dies eins der sogen. allgemeinen Menschen- oder Grundrechte, welches der sittlich-vernünftige Mensch zu fordern hat, und welches in allen zivilisierten Staaten (in einigen Staatsverfassungen ausdrücklich) anerkannt ist. Vielfach sind für diejenigen Staatsangehörigen, welche sich nicht zu den herrschenden Religionslehren bekennen, besondere "Dissidentengesetze" erlassen (s. Dissidenten). Auch die Vereinigung zu Religionsgesellschaften ist in den neuern Verfassungsurkunden, z. B. in der preußischen, ausdrücklich anerkannt, mit der Einschränkung freilich, daß es zur Erlangung von Korporationsrechten noch eines besondern gesetzgeberischen Aktes gegenüber den freien Religionsvereinigungen bedarf.

Glaubensgericht, ein Tribunal, das über die Rechtgläubigkeit oder die Orthodoxie Einzelner oder ganzer Parteien zu entscheiden hatte, wie dies insonderheit durch die Inquisition (s. d.) geschah.

Glaubenslehre, s. v. w. Dogmatik (s. d.).

Glaubensregel (lat. Regula fidei), Richtschnur des Glaubens, der Inbegriff von positiven Glaubenslehren, welche zur Charakteristik einer bestimmten religiösen Gemeinschaft dienen; insbesondere das im Verhältnis zum apostolischen Symbolum ausführlichere Glaubensbekenntnis, welches seit dem 2. und 3. Jahrh. den dogmatischen Hauptinhalt der Tradition in sich vereinigte und im Gegensatz zu dem offiziellen Taufsymbol nicht fest formuliert, aber auch nicht als Mysterium behandelt wurde. Wir finden daher verschiedene Fassungen der G. bei Irenäus, Tertullian und Origenes. An die Stelle dieser modifikabeln Formeln traten dann später die eigentlichen Symbole. Vgl. Caspari, Ungedruckte, unbeachtete und wenig beachtete Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der G. (Christiania 1866-75, 3 Bde.); Derselbe, Alte und neue Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der G. (das. 1879).

Glaubenszwang, die mit Gewalt geltend gemachte Forderung an andre, ihre eigne religiöse Überzeugung zu verleugnen und sich zu einem ihnen vorgelegten Glaubensbekenntnis zu bekennen. Vgl. Toleranz.

Glauber, 1) Johann Rudolf, Arzt und Alchimist, geb. 1603 oder 1604 zu Karlstadt in Franken, lebte in Wien, Salzburg, Frankfurt a. M., Köln und etwa seit 1648 in Holland, wo er 1668 in Amsterdam starb. Seine angeblichen Geheimnisse, namentlich ein Lebenselixir, verkaufte er um hohe Preise. Neben