Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gott; Gotter; Götterbaum; Götterdämmerung

564

Gott (Johann von) - Götterdämmerung.

dem des Zweckes zu fassen, wie man zugleich philosophischerseits sogar bald von einem allmählich entstehenden und sich vervollkommnenden G., bald von einem zwar nicht schöpferischen, wohl aber als anziehendes Ideal dem sittlichen Prozeß vorstehenden, als liebender Genius über der Menschheit schwebenden G. geredet und die alte Verbindung von höchster Macht und sittlichem Gedanken im Gottesbegriff aufgelöst, ebendamit aber diesen letztern natürlich gefährdet hat. Da solchergestalt das eigentliche Problem bis auf den heutigen Tag nicht gelöst ist, scheint es vielen zeitgemäß, sich nach den seit Kant zugänglichen Gründen seiner Unlösbarkeit zu erkundigen und mit Trendelenburg u. a. die einfache Unerkennbarkeit Gottes zu behaupten. Die Rechte jener Bildersprache, welcher sich alles lebendige Gottesbewußtsein, jede kräftige Gotteserfahrung von jeher bedient hat und bedienen muß, werden aber auch von der andern Richtung nicht mehr angetastet, welche, weil sie ein spekulatives Denken für im Gefolge der Religion unabkömmlich erachtet, an einer von dieser Seite her sich ergebenden Erkennbarkeit Gottes, d. h. an der Möglichkeit einer nicht bloß negativen Bestimmung des Begriffs des Absoluten, festhält.

Gott, Johann von, s. Barmherzige Brüder.

Gotter, 1) Gustav Adolf, Graf von, preuß. Diplomat, geb. 26. März 1692 zu Altenburg, studierte in Jena und Halle die Rechte und war seit 1715 seinem Vater, gothaischem Kammerdirektor, in Wien bei Abwickelung finanzieller Geschäfte behilflich. Hier gewann er das Vertrauen des Prinzen Eugen, ward der Günstling vornehmer Damen, machte ein glänzendes, luxuriöses Haus und erlangte am kaiserlichen Hof großen Einfluß. 1717 wurde er als Legationssekretär Vertreter des Herzogs von Gotha am kaiserlichen Hof, 1720 außerordentlicher Gesandter desselben, 1724 in den Reichsfreiherrenstand erhoben, 1729 zugleich Komitialgesandter in Regensburg und 1732 preußischer Gesandter am Wiener Hof, zog sich aber 1736 auf das von ihm im Rokokostil prächtig erbaute und mit zahlreichen Kunstwerken ausgeschmückte Schloß Molsdorf bei Erfurt zurück, von wo er gleichzeitig das Amt eines preußischen Gesandten im obersächsischen Kreis versah. 1740 trat er nach der Thronbesteigung Friedrichs II., der an Gotters geistreicher, liebenswürdiger Unterhaltung besondern Gefallen fand, sich jedoch gelegentlich auch über seine Schwächen, seine ewige Geldverlegenheit und seine Schlemmerei, lustig machte, als Oberhofmarschall wieder in preußische Dienste, wurde vom Kaiser Karl VI. zum Reichsgrafen ernannt, führte Ende 1740 eine wichtige Mission an Maria Theresia aus, deren Scheitern den ersten Schlesischen Krieg zur Folge hatte, ward 1743 Generaldirektor der Oper, 1744 einer der Kuratoren der Akademie der Wissenschaften und, nachdem er seiner Kränklichkeit wegen wieder fünf Jahre zu Molsdorf in Ruhe hatte leben müssen, 1752 Generalpostmeister und 1753 dirigierender Minister im Generaldirektorium. Er starb 28. Mai 1762 in Berlin. Vgl. Beck, Graf Gustav Adolf v. G. (Gotha 1867).

2) Friedrich Wilhelm, Dichter, geb. 3. Sept. 1746 zu Gotha, studierte in Göttingen die Rechte, daneben englische, italienische und namentlich französische Litteratur, insbesondere die Dramatiker, und wagte, angeregt durch den Schauspieler Ekhof, selbst einige nicht unglückliche dramatische Versuche. Nach der Rückkehr in seine Vaterstadt (1766) ward er als zweiter Archivar daselbst angestellt und begleitete im folgenden Jahr den Freiherrn v. Gemmingen als Legationssekretär nach Wetzlar. Doch verließ er die diplomatische Laufbahn, um 1768 als Erzieher zweier junger Edelleute nach Göttingen zurückzukehren, wo er mit Boie die Herausgabe des ersten deutschen "Musenalmanachs" besorgte und durch seine dazu gelieferten Beiträge seinen Dichterruf begründete. Im J. 1770 ging er als Legationssekretär wieder nach Wetzlar, wo er mit Goethe, Jerusalem u. a. verkehrte, und ward nach seiner Rückkehr nach Gotha Geheimer Sekretär daselbst. Aus Gesundheitsrücksichten unternahm er 1774 eine Reise nach Lyon, lebte dann in seiner Vaterstadt den Musen und starb daselbst 18. März 1797. G. war der letzte namhafte Vertreter des spezifisch französischen Geschmacks in der deutschen Poesie, welcher in korrekter Nüchternheit und eleganter Versifikation seine Triumphe suchte. Seine Opern, Lustspiele und Schauspiele waren größtenteils nur Bearbeitungen französischer Originale, am bekanntesten wurde davon das Melodrama "Medea" (1775), mit Musik von Benda (1778). Seine Episteln, Lieder, Elegien, Erzählungen etc. zeichnen sich durch schalkhafte Laune und weltmännischen Ton aus, sind aber ohne tiefern poetischen Wert. Seine "Gedichte" erschienen gesammelt Gotha 1787-1788, 2 Bde.; Bd. 3, als "Litterarischer Nachlaß", das. 1802.

Götterbaum, s. Ailanthus.

Götterdämmerung (Ragnarök), in der nordischen Mythologie der Weltuntergang, herbeigeführt durch eine hereinbrechende allgemeine Verwilderung. Diese Zeit kündigt sich an durch drei Jahre, die mit schweren Kriegen erfüllt sind; Brüder bringen sich aus Habgier ums Leben, und in Mord und Sippebruch schont der Vater nicht des Sohns, der Sohn nicht des Vaters. Dann kommt der Fimbulwinter, der drei Jahre dauert, ohne Sommer dazwischen. Sonne und Mond werden von den Wölfen verschlungen, die sie immer schon im (heulenden) Wettersturm zu verfolgen schienen; die Sterne fallen vom Himmel, die Erde bebt, die Bäume werden entwurzelt, die Berge stürzen zusammen, das Meer überflutet das Land. Der grimme Fenriswolf (s. Loke), bis dahin gefesselt, zerreißt seine Bande und fährt mit klaffendem Rachen daher, aus Augen und Nase Feuer sprühend; sein Oberkiefer berührt den Himmel, sein Unterkiefer die Erde. Auch das große, aus den Nägeln der Toten gefertigte Schiff Naglfar, gesteuert von Hrim, dem Anführer der Reifriesen, wird bei der Überschwemmung flott, und die Midgardschlange (s. Jormungandr), von Riesenwut ergriffen, erhebt sich aus dem Meer und speit Gift aus, daß Luft und Meer entzündet werden. Da birst der Himmel; herangeritten kommen von Süden die Söhne Muspels, die Götter der Flammenwelt, Surtr an der Spitze, vor und hinter ihnen glühendes Feuer. Die Brücke Bifröst bricht, indem sie darüberreiten. Das gesamte Heer der Götterfeinde sammelt sich auf der Ebene Wigrid, wo auch Loke nebst Hels ganzem Gefolge erscheint. Von Heimdall durch einen Stoß in das Giallarhorn geweckt und zum Kampf aufgerufen, versammeln sich die Götter und halten Rat. Dann zieht Odin mit allen Asen und Einheriern nach der Ebene Wigrid, wo nun sechs große Einzelkämpfe stattfinden: der Kampf Odins gegen den Fenriswolf, der jenen verschlingt; der Kampf Thors gegen die Midgardschlange, die jener erlegt, während er selbst von dem Gifte, das sie auf ihn speit, tot zur Erde fällt; der Kampf Freyrs gegen Surtr, in welchem ersterer erliegt; der Heimdalls gegen Loke, die sich beide töten; der Kampf Tyrs mit dem Riesenhund Garm, in welchem beide fallen, und der Widars (Sohn Odins), welcher