Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gradierwage; Gradierwerk; Gradisca; Gradishsk; Graditz; Gradīvus; Gradmessungen

593

Gradierwage - Gradmessungen.

Gradierwage (Salz- oder Solspindel), ein Aräometer zur Bestimmung des Gehalts einer Sole an Salz.

Gradierwerk, s. Salz.

Gradisca, 1) Stadt im österreichisch-illyr. Küstenland, gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca, am Isonzo, in einer reichkultivierten Gegend unfern der Südbahnstation Sagrado gelegen, hat ein altes Kastell (jetzt Strafanstalt), (1880) 1564 Einw. und ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts. Die ehemaligen Festungswerke wurden seit Anfang dieses Jahrhunderts abgetragen und an ihrer Stelle ein Volksgarten angelegt. In der Umgebung von G. befinden sich mehrere industrielle Etablissements, wie eine Schmirgel- und Kaffeesurrogatfabrik, eine Seidenspinnerei (in Sdraussina) und eine Lederfabrik (in Sagrado). - Der Name G. bezeichnet in seiner slawischen Wurzel den befestigten Ort, die Verschanzung. Dieselbe ward 1478 von den Venezianern angelegt und zwar auf Kosten des Görzer Nachbarlandes. G. erwuchs in ihrer Hand zur starken Festung, und sein Landgebiet wurde rasch kolonisiert. Am 12. April 1500 starb der letzte Görzer, und Maximilian I. wurde sein Erbe und betrachtete G. als Gebietsteil des Görzer Landes. 1511 besetzten es im venezianisch-friaulischen Krieg die Kaiserlichen unter Herzog Erich von Braunschweig und behaupteten sich darin gegen die heftigen Angriffe der Venezianer, welche es auch 1516 und 1521 an Österreich abtraten. Unter habsburgischer Herrschaft war G. der Sitz einer der acht Hauptmannschaften (Kapitanate) des österreichischen Küstenlandes, mit besonderer Gerichtsgewalt. 1616-17 war G. der Mittelpunkt des Kriegs Österreichs mit Venedig. Seit dieser Zeit trat immer mehr das Streben des Gradiscaner Gebiets nach völlig unabhängiger provinzieller Stellung hervor, und wirklich kam es zur Trennung von Görz, indem G., Stadt und Gebiet, 26. Febr. 1647 dem Sohn des Fürsten Hans Ulrich von Eggenberg, Hans Anton, für 315,000 Gulden als "gefürstete Grafschaft" lehensweise übergeben wurde. Als das Haus Eggenberg 25. Febr. 1717 mit dem Fürsten Hans Christian erlosch, fiel das Gradiscanische, welches seine besondere Ständeschaft und Landesverfassung erhalten, wieder an den Kaiser zurück. 1754 glückten endlich die Vereinigungsversuche der Görzer; 13. Juli erschienen beiderlei Ständekörper wieder in einen verbunden. Am 16. März 1797 nahmen die Franzosen G. ein und hielten es bis zum Frieden von Campo Formio, sodann zum zweitenmal bis zum Traktat von Lüneville (1801) besetzt. Durch den Frieden von Preßburg österreichische Grenzfestung geworden, ging es bald (10. Okt. 1807) mit Monfalcone an das Königreich Italien verloren und erscheint dann 14. Okt. 1809 als ein Teil des Departements Illyrien dem Reich Napoleons einverleibt. 1813 fiel es wieder an Österreich zurück. Vgl. Schreiner in Ersch und Grubers Encyklopädie 57. Teil, 1864.

2) Distrikt in der ehemaligen slawon. Militärgrenze, im N. vom Komitat Požega, im S. von der Save begrenzt, umfaßt 1905 qkm (34,6 QM.) mit (1881) 61,696 Einw. Amtssitz ist der Markt Neu-G. (ungar. Uj-G.) mit 2 Kirchen, 2415 Einw., großer Ziegel-, Geschirr- und Schindelfabrik, Obst- und Weinbau und Gerichtshof. Südwestlich an der Save Dorf und Festung Alt-G. (ungar. O-G.) mit 137 Einw. Gegenüber an der Save liegt Bosnisch-G. oder Berbir, befestigte Stadt in Bosnien (Kreis Banjaluka), mit (1885) 4569 meist mohammedan. Einwohnern. Es ist Sitz des Bezirks Berbir, eines Bezirksgerichts und Steueramtes.

Gradishsk, Kreisstadt im russ. Gouvernement Poltawa, unfern des Dnjepr, hat 4 Kirchen, im Mai einen belebten Jahrmarkt, Handel mit Korn, Pferden, Rindvieh, Weinen, Teer, Holzgerätschaften, Hanf, Lein, Butter, Talg etc. und (1881) 7842 Einw. In der Umgegend ist eine Zuckerraffinerie, die 1885: 289,000 Pud Raffinade fabrizierte.

Graditz, Hauptgestüt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, Kreis Torgau, nahe der Elbe, hat (1885) 238 evang. Einw. Das Gestüt zählte Anfang 1886: 5 Vollblut- und 6 Halbbluthengste, 158 Mutterstuten und drei Jahrgänge Fohlen. Das ursprünglich kursächsische Gestüt wurde hier 1722 errichtet und ging 1815 an Preußen über. Mit den zugehörigen Vorwerken Döhlen, Neu-Bleesern und Repitz nimmt G. ein Areal von 1295 Hektar ein. In G. starb 14. Juni 1828 Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar. Vgl. J. v. Schwartz, Das königlich preußische Hauptgestüt G. (Berl. 1870).

Gradīvus (lat.), der Ausschreitende, Beiname des Mars (vom Sturmschritt in der Schlacht).

Gradmessungen, Messungen eines bestimmten Bogens auf dem Umfang der Erde, sind schon seit alten Zeiten vorgenommen worden, um Größe und Gestalt der Erde zu ermitteln. Jede solche Messung besteht aus zwei verschiedenen Operationen, einer geodätischen, welche die absolute Länge des Bogens in einem bekannten Längenmaß, in Toisen, Meilen etc., bestimmt, und einer astronomischen, welche den Bogen nach Gradmaß mißt und damit sein Verhältnis zum ganzen Umfang feststellt. Die meisten G. sind auf Meridianen, also in der Richtung von Süden nach Norden, vorgenommen worden; in diesem Fall hat es der astronomische Teil der Arbeit mit der Ermittelung des Breitenunterschieds der beiden Endstationen zu thun, was man schon seit den ältesten Zeiten verhältnismäßig genau ausführen konnte. Später hat man auch Messungen in der Richtung eines Parallelkreises oder Längengradmessungen vorgenommen, bei denen es sich in astronomischer Hinsicht um Auffindung des Längenunterschieds der Endstationen handelt. Diese Aufgabe vermag man erst in neuerer Zeit mit befriedigender Genauigkeit zu lösen, namentlich seit Anwendung des elektrischen Telegraphen zu diesem Zweck.

Dem Altertum verdanken wir den ersten Versuch einer Bestimmung des Erdumfangs. Eratosthenes (276-194 v. Chr.) beobachtete nämlich zur Zeit des Sommersolstitiums in Alexandria die mittägige Zenithdistanz der Sonne = 7° 12', während an demselben Tag in der oberägyptischen Stadt Syene die Sonne im Zenith stand. Da er beide Orte auf demselben Meridian voraussetzte, so schloß er hieraus, daß ihre Entfernung ebenfalls 7° 12' oder der 50. Teil des Erdumfangs sei. Nun schätzte er aber diese Entfernung = 5000 Stadien und erhielt somit für den Erdumfang den Wert von 250,000 Stadien. Eine zweite Gradmessung aus dem Altertum ist die von Posidonius um 50 v. Chr. zwischen Rhodos und Alexandria ausgeführte. Der Breitenunterschied beider Stationen ergab sich durch Beobachtung des Sterns Kanopus gleich dem 48. Teil eines Kreises, und die Entfernung wurde nach der Dauer der Seereise = 5000 Stadien geschätzt, was 240,000 Stadien für den Erdumfang gab. Im Abendland wurden Arbeiten dieser Art erst nach dem Wiederaufblühen der Wissenschaften in Angriff genommen. Im J. 1525 bestimmte Fernel den Breitenunterschied zwi-^[folgende Seite]