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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gregatim; Grège; Gregoir; Grégoire

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Gregatim - Grégoire.

quere Scheidewand das vordere Ende gleichsam wie ein Kopf ab und ist auch wohl mit Widerhaken zum Anheften versehen (Fig. a). Sie werden bis zu 1 cm lang, sind aber meist sehr viel kleiner. Die Ortsbewegung ist auf ein langsames Fortgleiten beschränkt, die Ernährung erfolgt, weil Mund sowie Darm und After fehlen, durch endosmotische Aufnahme gelöster Stoffe mittels der äußern Körperhülle. In der Jugend leben sie einzeln, später umgeben sich je zwei G. mit einer gemeinsamen Cyste und zerfallen in einen Haufen kleiner Bläschen, welche zu spindelförmigen, kleinen Körpern werden und durch Platzen der Cyste in Freiheit gelangen (Fig. b-f). Jedes dieser Körperchen (Pseudonavizellen) erzeugt aus seinem Inhalt ein amöbenartig bewegliches Gebilde, Gregarinen, aus welchem zwei fadenförmige junge G. hervorgehen, in denen sich erst später ein Kern bildet. Hierher gehören wohl auch die Psorospermien aus Leber, Darm, Drüsen und Nieren der Kaninchen, des Hundes und der Menschen, aus den Kiemen der Fische und den Muskeln mancher Säugetiere sowie die sogen. Mischerschen Schläuche. Die kugel- oder eiförmigen Psorospermien, welche man als eingekapselte oder nackte G. auffaßt, treten oft massenhaft auf, zerstören das Organ, in welchem sie sich angesiedelt haben (besonders das Epithel des Darms und der Gallenwege und die Lieberkühnschen Drüsen), und führen oft den Tod herbei. Die Mischerschen oder Raineyschen Schläuche sind bisweilen von der Größe einer Bohne, länglichrund, schlauchförmig, meist an einem Ende etwas zugespitzt und finden sich in allen willkürlichen Muskeln und im Herzen. Schafe scheinen durch sie bisweilen zu Grunde zu gehen, doch kommen sie in großer Zahl auch bei ganz gesunden Schweinen, Schafen und Pferden vor. Psorospermien, resp. G. wollte man auch an Menschenhaaren beobachtet haben, jedoch haben sich diese Angaben nicht bestätigt.

^[Abb.: Gregarinen. a Mit Widerhaken, b zwei Individuen in Konjugation, c dieselben in der Einkapselung begriffen, d eingekapselt, e im Zustand der Pseudonavizellenbildung, f Kapsel mit reifen Pseudonavizellen.]

Gregatim (lat., von grex, "Herde"), herdenweise.

Grège (franz., spr. grähsch, Greze, Grezseide), Rohseide, wie sie von den Kokons abgehaspelt wird.

Gregoir (spr. -goár), Edouard, belg. Musikhistoriker und Komponist, geb. 7. Nov. 1822 zu Turnhout bei Antwerpen, 1837 Schüler von Chr. Rummel in Biebrich, trat als Pianist öffentlich auf, reiste unter anderm mit den Schwestern Milanollo (1842), widmete sich aber mehr der Komposition und der musikalischen Geschichtsforschung und ließ sich 1850 dauernd in Antwerpen nieder. G. schrieb mehrere Bühnenwerke: "La vie" (1848), "De Belgen en 1848" (1851), "La dernière nuit d'Egmont" und "Leicester" (1854), "Willem Beukels" (vlämische Oper, 1856), "Marguerite d'Autriche" u. a.; ferner eine historische Symphonie in vier Abteilungen: "Les croisades", ein symphonisches Oratorium: "Le déluge", eine Ouvertüre: "Hommage à Henri Conscience", eine "Méthode théorique" der Orgel, eine "Méthode de musique", Klavier- und Violinstücke, Gesänge u. a. Von seinen zahlreichen, für die Musikgeschichte sehr wertvollen historischen und bibliographischen Arbeiten seien hervorgehoben: "Essai historique sur la musique et les musiciens dans les Pays-Bas" (1861); "Galerie biographique des artistes-musiciens belges du XVIII. et du XIX. siècle" (1862; neue Aufl. u. d. T. "Les artistes musiciens belges, au XVIII. et au XIX. siècle", 1885); "Les artistes-musiciens néerlandais" (1864); "Documents historiques relatifs à l'art musical et aux artistes-musiciens" (1872-76, 4 Bde.); "Panthéon musical populaire" (1876-77, 6 Bde.); "Bibliothèque musicale populaire" (1877-79, 3 Bde.); "L'art musical en Belgique sous les règnes de Léopold I et Léopold II" (1879); "Les gloires de l'opéra et la musique à Paris" (1880 ff., bis jetzt 4 Bde.); "André Ernest - Modeste Grétry" (1883).

Grégoire (spr. -góahr), Henri, Graf, Bischof von Blois, geb. 4. Dez. 1750 zu Vého bei Lunéville, studierte bei den Jesuiten in Nancy, trat in den geistlichen Stand und machte sich durch seinen von der Akademie zu Metz 1788 gekrönten "Essai sur la régénération des juifs" (Metz 1789) bekannt. Als Pfarrer in Emberménil in Lothringen vertrat er 1789 die Geistlichkeit des Bezirks Nancy bei der Konstituierenden Versammlung, in welcher er, ein leidenschaftlicher Jansenist, sich bald als einen der eifrigsten Verteidiger der Volkssache zeigte. Er beantragte die Vereinigung der Geistlichkeit mit dem dritten Stande, die Abschaffung der Annaten und Vernichtung der Monopole und Privilegien des Adels, erkämpfte den Juden sowie den von freien Eltern gebornen Negern und Mulatten in den Kolonien das volle Bürgerrecht und war der erste, der, von den Gemeinden des Sprengels Blois nach den neuen Gesetzen über die Kirchenverfassung ohne Mitwirkung des Papstes zum Bischof ernannt, den Bürgereid ablegte, worauf er den berüchtigten Chabot zum Generalvikar in seinem Bischofsprengel machte. Als Abgeordneter im Konvent trug er 21. Sept. 1792 durch eine heftige Rede, in welcher er die Geschichte der Könige die Leidensgeschichte der Völker nannte, viel zu dem Beschluß bei, der die Königswürde abschaffte und die Republik gründete, und vindizierte dem Volk das Recht, den König als seinen ersten Diener (son premier commis) zur Rechenschaft zu ziehen. Während des Prozesses Ludwigs XVI. war er abwesend, billigte aber schriftlich seine Verurteilung. Hauptsächlich bemühte er sich, die freien Zustände zu befestigen. Er stellte Anträge auf Anlegung von Volksbibliotheken, Musterwirtschaften und Einführung besserer Volkslehrbücher, veranlaßte die Errichtung des Längenbüreaus und des Konservatoriums der Künste und Handwerke, widersetzte sich dem Vandalismus, der in der Schreckenszeit gegen die Kunstdenkmäler wütete, erklärte sich gegen die Geistlichen, die im Konvent das Christentum abschworen, und berief sich auf die durch das Staatsgrundgesetz verbürgte Freiheit des Gottesdienstes. Nach Auflösung des Konvents