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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hamburg

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Hamburg (Stellung als Staat; Stadtteile, Hafen).

einander darf kein Bürgermeister im Amt bleiben. Die Bürgerschaft besteht seit 1879 aus 160 Mitgliedern, davon werden 80 durch allgemeine, direkte Wahlen erwählt, wahlberechtigt sind jedoch nur diejenigen, welche den Bürgereid geleistet haben; unter den übrigen 80 Mitgliedern werden 40 von den Grundeigentümern und 40 von denen erwählt, die Richter oder Mitglieder von Verwaltungsbehörden sind oder gewesen sind. Die Mitglieder der Bürgerschaft werden auf 6 Jahre erwählt, und zwar scheidet alle 3 Jahre die Hälfte derselben in jeder Klasse aus. Die Sitzungen der Bürgerschaft sind in der Regel öffentlich. Neben der Bürgerschaft besteht zur Überwachung der Verwaltung und Erledigung geringerer Angelegenheiten der Bürgerausschuß, welchem der Präsident der Bürgerschaft und 19 von letzterer aus ihrer Mitte gewählte Mitglieder angehören, worunter nur 5 Rechtsgelehrte sein dürfen. Gesetze werden durch übereinstimmenden Beschluß des Senats und der Bürgerschaft angenommen, das Vorschlagsrecht besitzen beide Körper. Für jeden Zweig der Staatsverwaltung ernennt der Senat eins seiner Mitglieder zum Vorstand. Die Verwaltungsbehörden sind in der Regel aus einigen Senatsmitgliedern und von der Bürgerschaft gewählten Bürgern zusammengesetzt. Die Angelegenheiten der Stadtgemeinde leiten der Senat und die Bürgerschaft. Die Landgemeinden haben eine besondere Landgemeindeordnung. Das Staatsbudget ist für 1886 mit Einnahmen von 38,310,228 Mk. veranschlagt, der reichlich bemessene Anschlag der Ausgaben ist 38,402,661 Mk. Hamburgs Matrikularbeitrag an das Reich ist einschließlich des Zollaversums auf 5 Mill. Mk. normiert. Die Staatsschuld belief sich Ende 1884 auf 152,566,480 Mk. Das Wappen des Staats ist eine silberne dreitürmige Burg mit einem (geschlossenen) Thor in rotem Felde, der Schild von zwei Löwen gehalten. Oben befindet sich ein Helm mit einem Wulst und sechs Fahnen inmitten dreier Pfauenfedern. Das Visier ist gegittert. Hamburgs Flagge s. Tafel "Flaggen II", mit Text.

Die Stadt Hamburg. (Hierzu der Stadtplan.)

Die freie Hansestadt H., einer der bedeutendsten Handelsplätze Europas, liegt in Gestalt eines Halbkreises am rechten Ufer der Norderelbe, 120 km von der Nordsee. An der Ostseite tritt ein Elbarm in die Stadt und durchfließt, in mehrere Kanäle geteilt, einen Teil derselben, um weiter unten (am Binnenhafen) sich wieder mit dem Hauptstrom zu vereinigen. Von N. fließt der Elbe aus dem Holsteinischen die Alster zu, die vor dem Eintritt in die Stadt, an der Nordseite derselben, infolge von Aufstauung einen von Gärten u. Landhäusern umgebenen See bildet, die Große Alster oder Außenalster genannt, welche bis an den ehemaligen Wall der Stadt tritt. Unmittelbar nach dem Eintritt in die Stadt (unter der Lombardsbrücke hindurch) erweitert sie sich nochmals zu einem schönen viereckigen Bassin von 2300 Schritt Umfang, der Binnenalster. Nach dem Austritt aus diesem Becken nimmt der Fluß seinen Lauf durch die Stadt. Die mit der Elbe in Verbindung stehenden Fleete liegen zur Zeit der niedrigsten Ebbe halb trocken, beim Steigen der Flut aber füllen sie sich rasch mit dem aufsteigenden Wasser der Elbe. Seit dem großen Brand von 1842 führen unterirdische, kürzlich großartig erweiterte Abzugskanäle (Siele) aus der Stadt und den meisten Vororten den Unrat in die Elbe.

[Stadtteile, Hafen.] Die Stadt zerfällt in die Altstadt, welche sich am linken Ufer der Alster ausbreitet, und die Neustadt, rechts vom Fluß oder im W. auf etwas höherm Terrain gelegen. Größtenteils im westlichen Teil der Altstadt liegt das Revier des großen Brandes, auf dem sich der Neubau erhoben hat. Im O. liegt die ehemalige Vorstadt St. Georg, im W. die Vorstadt St. Pauli; erstere ist seit 1868 völlig, letztere seit 1. Jan. 1876 bis auf geringe Verwaltungszweige der Stadt einverleibt; St. Pauli grenzt unmittelbar an Altona. Der Anblick der Stadt ist am schönsten von der Elbseite her. Am Ostende der Stadt bildet ein mit der Bille vereinigter Elbarm zwischen dem Berlin-Hamburger und dem Venlooer Bahnhof den Oberhafen, welcher für die stromabwärts nach H. kommenden Schiffe bestimmt ist, am Nordostende die eigentliche Norderelbe den gegen den Eisgang sichern Niederhafen; doch erscheint der Elbstrom fast als ein einziger großer Hafen. Die neuen Hafenbassins am Grasbrook mit ausgedehnten Kaianlagen und geräumigen, am tiefen Wasser gelegenen Speichern sind vorzugsweise für Dampfschiffe bestimmt. Die Hafen- und Kaianlagen gehen infolge des im J. 1888 stattfindenden Anschlusses Hamburgs an das Zollgebiet einer großen Umgestaltung entgegen; sie werden größtenteils zu einem ausgedehnten Freihafendistrikt ausgebaut werden. Was die Bauart der Häuser Hamburgs betrifft, so ist dieselbe in den vom großen Brand verschont gebliebenen Teilen der Stadt meistens unansehnlich. Die Mehrzahl der ältern Häuser ist von mit Ziegelsteinen ausgesetztem Fachwerk aufgeführt. Nur einzelne Straßen sind besser gebaut. Viele Wohnungen befinden sich in den Kellerräumen, obschon dieselben in den niedrigen Gegenden wiederholt im Jahr der Gefahr ausgesetzt sind, bei besonders hohen Fluten mit Wasser angefüllt zu werden. Doch ist in den letzten Jahren durch Erhöhung mancher Straßen der Umfang der Überschwemmung verringert worden. Nicht viel besser ist die Neustadt gebaut, in welcher jedoch das alte Gängeviertel, so benannt wegen seiner zahlreichen, jetzt allmählich verschwindenden engen Gänge, durch Anlegung von neuen Straßen (Wexstraße etc.) mehr und mehr beseitigt wird. In dem nach 1842 entstandenen Neubau hat die Mehrzahl der Häuser 3-4 Stockwerke und meistens platte Dächer. Im Lauf der letzten Jahre sind auch in den ältern Stadtteilen an Stelle früherer kleinerer Häuser große Wohngebäude entstanden, und infolge des bevorstehenden Zollanschlusses mußte fast der ganze südliche am Wasser gelegene Teil der Altstadt zum Abbruch bestimmt werden, um neuen Kais, Wasserstraßen und Lagerhäusern Platz zu machen. Den Glanzpunkt Hamburgs bildet das Alsterbassin, welches auf drei Seiten von den langen Häuserreihen des Neuen und Alten Jungfernstiegs und des Alsterdammes eingerahmt ist, während es auf der vierten Seite durch den die Anlagen östlich und westlich von der Stadt verbindenden Wall von der Außenalster geschieden ist. Baumreihen umgeben das Wasserbassin, und große Kaufläden, Hotels und Restaurationen finden sich in seiner Nähe. Besonders verdienen die langgestreckten Wallanlagen mit ihrer garten- und parkartigen Ausstattung Erwähnung. Als der interessanteste Punkt innerhalb der Stadt ist aber die Elbhöhe oder der Stintfang (am Hafenthor) zu nennen wegen des charakteristischen Blicks auf den Hafen. Der eigentliche Sitz des Großhandels ist im

^[Abb.: Stadtwappen von Hamburg.]