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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Harlingen - Harmodios.

lang. 1863, 2. Aufl. 1866); "Aus dem Leben, in Lied und Spruch" (Stuttg. 1865); "Aus Luthers Lehrweisheit" (Münch. 1867); "Geschichtsbilder aus der lutherischen Kirche Livlands" (2. Aufl., Leipz. 1869); "Die kirchlich-religiöse Bedeutung der reinen Lehre von den Gnadenmitteln" (mit Harnack, Erlang. 1869); "Staat und Kirche" (Leipz. 1870); "Jakob Böhme und die Alchimisten" (Berl. 1870). Selbstbiographisches gab er unter dem Titel: "Bruchstücke aus dem Leben eines süddeutschen Theologen" (Bielef. 1873, neue Folge 1875). Vgl. K. v. Raumer, A. v. H., ein Erinnerungsblatt (Gütersl. 1880).

4) Emil, Physiolog, geb. 22. Okt. 1820 zu Nürnberg, studierte in Berlin und Würzburg Medizin, Physik und Chemie, habilitierte sich 1848 zu München, ward 1849 zum außerordentlichen Professor der Physiologie, 1852 zum Vorstand des physiologischen Kabinetts der Universität und 1857 zum ordentlichen Professor ernannt und starb 16. Febr. 1862. Er schrieb: "Lehrbuch der plastischen Anatomie" (Stuttg. 1856-58, 3 Tle.; 2. Aufl. von Hartmann, 1876); "Über Muskelirritabilität" (Münch. 1851); "Molekulare Vorgänge in der Nervensubstanz" (das. 1858-1861, 4 Abtlgn.); "Zur innern Mechanik der Muskelzuckung" (das. 1862); "Die elementaren Funktionen der kreatürlichen Seele" (das. 1862); "Populäre Vorlesungen aus dem Gebiet der Physiologie und Psychologie" (Braunschw. 1851).

Harlingen (Haarlingen, fries. Harns), Seestadt in der niederländ. Provinz Friesland, an dem Zuidersee und der Eisenbahn H.-Groningen (nach Oldenburg), hat 5 Kirchen, eine lateinische Schule, eine Bau-, Zeichen- und Schiffahrtsschule und einen großen, tiefen Hafen, bestehend aus einem durch mächtige Schleusen gegen die Hochflut geschützten Innen- und einem Außenhafen zur Bergung großer Dampfschiffe. Auf dem Meeresdeich südlich von der Stadt steht ein Monument von Caspar de Robles, der im 16. Jahrh. die Meeresdeiche verbesserte. Die industrielle Thätigkeit der Bewohner, deren Zahl (1883) 10,453 beträgt, erstreckt sich vornehmlich auf Fabrikation leinener Säcke, Maschinen- und Schiffbau. H. ist Sitz eines deutschen Konsuls sowie der Friesischen Dampfschiffahrtsgesellschaft und steht mit Amsterdam, Enkhuizen und dem Nieuwe Diep sowie mit Hull und mit London in Verbindung, wohin hauptsächlich Butter und Vieh ausgeführt werden.

Harlingerland (Harlingia), Landschaft im nordöstlichen Strich des preuß. Regierungsbezirks Aurich, nach dem dieselbe durchfließenden Flüßchen Harle genannt, bildet den größten Teil des Kreises Wittmund und besteht meist aus fruchtbarem Marschland. - Das H. gehörte nicht zum eigentlichen Ostfriesland, sondern war ein Lehen des Herzogtums Geldern; erst 1745 unter preußischer Verwaltung wurde die Verbindung mit Ostfriesland durchgeführt. Hauptort ist Esens. S. Karte "Hannover".

Harmachis, ägypt. Gott, s. Horos.

Harmand (spr. armang), François Jules, Reisender, geboren im Oktober. 1845 zu Saumur, studierte in Paris und Straßburg Medizin und nahm als Marinearzt bis 1870 an verschiedenen Expeditionen der Flotte teil, war während des französisch-deutschen Kriegs in der Ostsee und machte 1871 den Feldzug gegen die Kabylen mit. Darauf wurde er als Arzt und Naturforscher der wissenschaftlichen Expedition von Delaporte beigesellt, welche in Kambodscha und dann in Tongking Forschungen und Sammlungen anstellen sollte. Alle Mitglieder der Expedition erkrankten, H. allein ausgenommen, der sodann Garnier nach Tongking begleitete, den Feldzug mitmachte und eine Zeitlang den Posten eines Gouverneurs bekleidete, bis er 1874 nach Frankreich zurückkehrte. Zum zweitenmal bereiste er 1875-77 Kambodscha, erforschte die Zuflüsse des Mekhong, überstieg die große indisch-chinesische Gebirgskette und gelangte nach Huë. 1881 krank nach Paris zurückgekehrt, wurde er 1882 zum Konservator am Musée des colonies ernannt, starb aber bereis ^[richtig: bereits] 14. April 1883 in Florenz. Berichte seiner Reisen veröffentlichte er im Bülletin der Geographischen Gesellschaft zu Paris, im "Tour du monde", in den "Annales de l'extrême orient" etc.

Harmattan, warmer und trockner Wind, welcher auf der Westküste Afrikas, vorzüglich in Senegambien, drei- oder viermal in jeder Jahreszeit vom Innern Afrikas nach dem Atlantischen Ozean (der Küste von Guinea) hin weht. Am stärksten macht er sich in den Monaten Dezember, Januar und Februar geltend und wechselt zwischen SO. und NO. Gewöhnlich hält er nur einen, selten 5-6 Tage an und ist stets nur von mäßiger Stärke. Jedesmal, wenn er weht, erhebt sich ein eigentümlicher Nebel, der vermutlich nichts andres als der feine Sandstaub ist, den der Wind mit sich führt, und der so dicht ist, daß nur in der Mittagszeit einige Strahlen der rot gefärbten Sonne ihn durchdringen. Die Bestandteile dieses Nebels lagern sich überall ab und färben alles weiß. Unter der außerordentlichen Trockenheit dieses Wüstenwindes leiden, wenn er länger als zwölf Tage anhält, die Vegetation und die Menschen. Die Neger schützen sich durch Beschmieren ihres Körpers mit Fett oder Talg, und daher rührt der Name des Windes, H. (von aberrahman, "wehen", und tan, "Fett, Talg").

Harmelkraut, s. Peganum.

Harmenopūlos, Konstantinos, berühmter griech. Rechtsgelehrter, geboren um 1320 zu Konstantinopel, Rat der Kaiser Kantakuzenos und Joh. Paläologos, später Richter zu Thessalonich, starb um 1380. Er schrieb unter anderm ein "Promptuarium juris", das noch heute in Griechenland als bürgerliches Gesetzbuch Geltung hat (am besten hrsg. von Heimbach, Leipz. 1851; neueste Ausg., Athen 1872). Vgl. Dirksen, Das Rechtsbuch des H. (Berl. 1847).

Harmersbach, ein gegen 7 km langes Thal des Schwarzwaldes, Seitenthal des Kinzigthals, im bad. Kreis und Amtsbezirk Offenburg, mit den Gemeinden Ober- und Unterharmersbach und der Stadt Zell (s. d.) nahe am Ausgang, hat zahlreiche Mühlen, Thonwarenfabriken, Granitschleifereien und Obstbau und etwa 3900 kath. Einwohner. Es war bis 1803 reichsfrei.

Harmodĭos und Aristogeiton, die Mörder des Peisistratiden Hipparchos. Durch jugendliche Schönheit ausgezeichnet, war H. Aristogeitons Liebling und ließ sich um so leichter für dessen Plan zum Sturz der Peisistratiden Hippias und Hipparch gewinnen, als ihn der letztere zu unkeuscher Liebe hatte verleiten wollen und seine Schwester beschimpft hatte. Die Verschwornen beschlossen, 514 v. Chr. am Feste der Panathenäen ihr Werk zu vollführen, eilten aber, sich verraten glaubend, noch vor Beginn des Festzugs in die Stadt und stießen den bei dem Leokorion beschädigten Hipparch nieder. H. wurde dafür von der Leibwache auf der Stelle zusammengehauen und auch der entflohene Aristogeiton bald festgenommen und hingerichtet. Obwohl Hippias am Leben blieb, seine Herrschaft durch Schrecken zu befestigen suchte und erst 510 mit fremder Hilfe gestürzt wurde, feierte man doch H. und Aristogeiton als die ersten Märtyrer