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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Heinrich

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Heinrich (Bayern).

Codex Balduini Trevirensis" (39 Tafeln, mit Text von Irmer, Berl. 1881).

[Bayern.] 10) H. I., Herzog von Bayern, zweiter Sohn des deutschen Königs Heinrich I. und seiner Gemahlin Mathilde, bald nach dessen Thronbesteigung geboren, empörte sich 938 gegen seinen Bruder Otto I. im Bund mit Eberhard von Franken und Giselbert von Lothringen, weil er als Königssohn mehr Recht auf den Thron habe, wurde aber 939 bei Birten geschlagen und gezwungen, Deutschland zu verlassen. Er floh zu König Ludwig IV. von Frankreich, unterwarf sich aber, nachdem derselbe mit Otto Frieden geschlossen, und erhielt das Herzogtum Lothringen. Da ihm dasselbe wieder genommen wurde, weil er sich in der Herrschaft nicht behaupten konnte, versuchte er Otto I. Ostern 941 in Quedlinburg zu ermorden. Der Anschlag wurde entdeckt, H. in Ingelheim gefangen gehalten, zu Weihnachten 941 in Frankfurt a. M. nach reuevoller Buße begnadigt und 948 mit dem Herzogtum Bayern (seine Gemahlin Judith war eine bayrische Fürstin) belehnt. Er schützte und vergrößerte dasselbe im tapfern Kampf mit den Ungarn, ferner durch den Erwerb Friauls von Italien, geleitete die Königin Adelheid als Brautwerber seines Bruders 951 nach Pavia, erregte durch die große Gunst, die er sich durch seine treue Ergebenheit bei Otto I. erworben, den Neid und den Aufruhr Ludolfs und Konrads von Lothringen (953-954), unterdrückte den Aufstand in Bayern mit grausamer Strenge und starb 1. Nov. 955 im Kloster Pöhlde. Vgl. Winter, H. von Bayern (Jena 1872).

11) H. II., der Zänker, Herzog von Bayern, Sohn des vorigen, folgte vierjährig seinem Vater unter Vormundschaft seiner Mutter Judith, vermählte sich mit einer Nichte der Kaiserin Adelheid, Gisela von Burgund, und machte 974 eine Verschwörung, um Otto II. zu entthronen und selbst die Krone zu erlangen. Deswegen zu Ingelheim gefangen gesetzt, entfloh er und stiftete einen Aufruhr in Bayern an, wurde indes 976 besiegt und seines Herzogtums, 978 nach einer neuen Empörung auch seiner Güter beraubt und unter die Aufsicht des Bischofs von Utrecht gestellt. Nach Ottos II. Tod vom Bischof seiner Haft entlassen, suchte er sich 984 von neuem an Stelle des unmündigen Otto III. des Throns zu bemächtigen, unterwarf sich jedoch 985 in Frankfurt und erhielt Bayern zurück. Er hielt nun Frieden, erwarb 989 Kärnten und die italische Mark zurück und starb 28. Aug. 995 in Gandersheim. Sein Nachfolger im Herzogtum war sein Sohn, der nachmalige Kaiser Heinrich II.

12) H. der Stolze, Herzog von Bayern und Sachsen, aus dem Haus der Welfen (s. d.), geboren um 1108, Sohn Heinrichs des Schwarzen (gest. 1126), folgte diesem als Herzog von Bayern und vermählte sich 29. Mai 1127 mit Gertrud, der einzigen Tochter Kaiser Lothars, welche dem welfischen Haus die supplinburgischen, braunschweigischen und nordheimischen Allodialgüter in Sachsen zubrachte. Er stritt tapfer für Lothar gegen die Staufer, begleitete 1136 den Kaiser auf seinem zweiten Römerzug und erhielt die Markgrafschaft Tuscien und vom Papste die Mathildischen Güter. Da ihn Lothar auf der Rückkehr aus Italien kurz vor seinem Tod in Breitenwang 1137 zum Herzog von Sachsen ernannt und ihm die Reichsinsignien überliefert hatte, rühmte er sich mit stolzem Munde, daß seine Besitzungen vom Mittelmeer bis zur Ostsee reichten, und beanspruchte, zum deutschen König erwählt zu werden. Indes trotz seiner ritterlichen Tüchtigkeit wurde er wegen seines hochfahrenden Wesens und seiner allzu großen Macht nicht gewählt. H. lieferte dem 1138 auf den Thron erhobenen Konrad III. die Reichskleinodien aus, weigerte sich aber, auf eins seiner Herzogtümer Verzicht zu leisten. Hierauf wurde er geächtet und Sachsen Albrecht dem Bären übertragen. H. vertrieb aber seine Gegner aus Sachsen und behauptete dasselbe siegreich auch gegen Konrad, starb aber plötzlich im blühenden Mannesalter, noch nicht 32 Jahre alt, in Quedlinburg 20. Okt. 1139. Er wurde zu Königslutter begraben.

13) H. der Löwe (wahrscheinlich von dem Löwen als Sinnbild der Tapferkeit), Herzog von Bayern und Sachsen, Sohn des vorigen und der Tochter Kaiser Lothars, Gertrud, geb. 1129, erhielt auf dem Reichstag zu Frankfurt 1142 das von seiner Großmutter Richenza tapfer verteidigte Sachsen zurück und verzichtete auf Bayern. 1147 nahm er indes wieder den Titel eines Herzogs von Bayern an und versuchte 1151 das Herzogtum mit Waffengewalt wiederzuerwerben. Friedrich I. gab es ihm auch 1154 zurück, aber erst 1156 gelangte H. in den wirklichen Besitz desselben. Er begleitete zum Dank dafür Friedrich auf seinem ersten Römerzügen, zeichnete sich durch seine Tapferkeit in dem Kampf in Rom 1155 aus und stand auch im Kirchenstreit auf seiten des Kaisers. In den Zwischenzeiten befestigte er seine Gewalt in Bayern, wo er München gründete, vor allem aber in Sachsen, dessen Ostgrenzen er durch glückliche Kämpfe gegen die Slawen bedeutend erweiterte. Er erhob Lübeck zur Stadt, stiftete mehrere Bistümer und Klöster und eroberte ganz Mecklenburg und Vorpommern. In diesen Küstenlanden der Ostsee breitete sich nun das Christentum aus, Friede und Ordnung befestigten sich, Ackerbau, Industrie und Handel entfalteten sich durch niederländische und flandrische Kolonisten rasch zu hoher Blüte. Aber seine Erfolge steigerten seine Selbstüberhebung und seine Herrschsucht so, daß eine große Zahl geistlicher und weltlicher Fürsten und Herren, die Erzbischöfe Wichmann von Magdeburg und Hartwig von Bremen, die Bischöfe von Halberstadt und Hildesheim, der Markgraf Albrecht von Brandenburg, der Landgraf Ludwig von Thüringen u. a., 1166 zu Merseburg einen Bund gegen ihn schlossen, während H. in Pommern kämpfte. Er beendigte aber rasch den dortigen Krieg, indem er dem Obotritenfürsten Pribislav nach Annahme des Christentums Mecklenburg als sächsisches Lehen zurückgab, und wandte sich gegen die Verbündeten. Es entbrannte ein heftiger Kampf, den Friedrich I. nach zweijähriger Dauer auf dem Reichstag zu Bamberg (Juni 1169) zu Heinrichs gunsten beilegte, da er auf die welfische Freundschaft großes Gewicht legte. Heinrichs Stellung war so fest und unerschüttert, daß er 1172 eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternehmen konnte. Seitdem jedoch der Kaiser sich durch einen Vertrag mit Welf VI. (s. Welfen) die Erbfolge in den welfischen Gütern in Schwaben gesichert und H. nach seiner zweiten Vermählung mit der englischen Prinzessin Mathilde (1. Febr. 1167) männliche Erben erhalten hatte, erkaltete allmählich die Freundschaft zwischen beiden Fürsten. H. hielt sich für mächtig genug, um des kaiserlichen Schutzes entbehren zu können; sein Gebiet in Norddeutschland unterschied sich wenig von einem unabhängigen Reich. Die alte Eifersucht gegen die Staufer erwachte wieder in H. und steigerte seinen Stolz, seinen Eigenwillen, seinen Ehrgeiz, und er beschloß, seine Kräfte allein auf Stärkung seiner Hausmacht zu verwenden und sein Geschlecht so zu erheben, daß es nach der höchsten Krone