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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hersilia; Herstal; Hertel; Herter; Hertford; Hertfordshire; Hertha; Herthasee; Hertogenbosch; Herts; Hertwig

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Hersilia - Hertwig.

brikation, Maschinen-, Tuch- und Zigarrenfabriken, Bierbrauerei und (1885) mit Garnison (ein Füsilierbataillon Nr. 32) 7271 meist evang. Einwohner. - Die Geschichte der Stadt H., welche in der ersten Hälfte des 12. Jahrh. Stadtrecht erhielt, ist mit der des Stifts aufs engste verbunden, obgleich die Bürger sich bereits im 13. und 14. Jahrh. von der Herrschaft der Äbte fast befreit hatten und um 1370 in den Schutz der hessischen Landgrafen getreten waren. Im Bauernkrieg von den Bauern genommen, ward H. vom Landgrafen wieder befreit. Nachdem die Reformation hier Eingang gefunden, nahm 1628 der Abt von Fulda die Stadt, die jedoch von den Schweden bald wieder erobert ward und dann nebst der Abtei an Hessen kam. 1806 entging H., das wegen der Tötung einiger französischer Soldaten auf Napoleons Befehl niedergebrannt werden sollte, nur durch die Milde des Gouverneurs Lagrange und des badischen Majors Lingg v. Lingenfeld der Verwüstung. Zum Andenken an den Gründer des Stifts H. wird alljährlich am 16. Okt. ein Volksfest, der Lullusmarkt, gefeiert.

Hersilia, des Romulus (Quirinus) Gemahlin, erbeutet beim Raub der Sabinerinnen, später mit Unsterblichkeit beschenkt und als Hora Quirini verehrt; ursprünglich wohl die weibliche Seite des Gottes Quirinus. Nach andern war H. die Gemahlin des Hostus Hostilius, des Bundesgenossen von Romulus.

Herstal (Heristall), industriöser Flecken in der belg. Provinz und Arrondissement Lüttich, an der Maas und der Eisenbahn Lüttich-Hasselt, fast eine Vorstadt von Lüttich bildend, mit (1885) 11,918 Einw., meist Arbeitern; historisch denkwürdig, weil hier ehemals das Stammschloß des austrasischen Majordomus Pippin stand, der hiernach auch Pippin von H. genannt wurde. Als Familienbesitzung der Karolinger war dasselbe oft Aufenthaltsort (Pfalz) Karls d. Gr., wurde 1235 Sitz einer jüngern Linie der Herzöge von Brabant und fiel 1339 durch Erbschaft an den Grafen Wilhelm von Hoorn. Seit 1444 war das Haus Nassau im Besitz der Herrschaft H., die drei Jahrhunderte später durch Erbschaft an die Krone Preußen fiel, von Friedrich II. aber 1740 für 150,000 Thlr. an den Bischof von Lüttich verkauft wurde. Dieses H. hieß das fränkische zum Unterschied von dem sächsischen Heristall, einem alten Schloß, das bei dem heutigen Dorf Herstelle im westfälischen Kreis Höxter an der Weser lag, und bei welchem 797 Karl d. Gr. ein festes Lager errichtete.

Hertel, Albert, Maler, geb. 19. April 1843 zu Berlin, bildete sich auf der dortigen Kunstakademie und widmete sich während eines Aufenthalts in Rom (1863-67) zuletzt der Landschaftsmalerei, wobei er sich an Dreber anschloß. Er entwickelte schnell sein Kolorit zu solcher Virtuosität und solchem Glanz, daß er zu den ersten Koloristen der Berliner Schule gehört, und zwar gibt sich seine koloristische Begabung ebensowohl in Landschaften und Marinen wie in Stillleben und in Blumenstücken kund. Von 1875 bis 1877 leitete er ein Atelier für Landschaftsmalerei an der Berliner Kunstakademie. Von seinen Staffeleibildern, unter denen diejenigen aus der südlichen Natur und vom nordischen Meeresstrand durch großartige Auffassung hervorragen, sind zu nennen: Acqua acetosa, Civitella (1870), Capri, Via Flaminia bei Rom (1872), Sommerabend vor dem Brandenburger Thor (1874), Sabinerlandschaft, Stillleben aus dem Atelier, Stillleben für einen Musiksaal (1876), Fischstillleben, Motiv bei Scheveningen (1877), nahender Sturm an der genuesischen Küste (1878, Berliner Nationalgalerie), Frühling in der Provence (1881), nordische Strandszene (1883, Nationalgalerie) und Ruhe auf der Flucht (1885). Er hat auch zahlreiche dekorative Gemälde ausgeführt, unter andern einen Cyklus von sechs italienischen Landschaften mit den Werken der Barmherzigkeit (1874), Landschaften nach Motiven Sophokleischer Tragödien (Berlin, Wilhelmsgymnasium) und ein aus drei Gemälden bestehendes Diorama von Bad Gastein. H. ist auch ein ausgezeichneter Aquarellmaler. Er ist königlicher Professor.

Herter, Ernst, Bildhauer, geb. 14. Mai 1846 zu Berlin, bildete sich auf der Akademie und später bei A. Fischer, Bläser und Albert Wolff. Nachdem er 1875 eine Studienreise nach Italien gemacht, ließ er sich in Berlin nieder. Von seinen sorgfältig durchgebildeten und poetisch erdachten, aber etwas nüchtern ausgeführten Werken sind zu nennen: Bacchantin mit einem Knaben spielend (1870); Antigone (Marmor, im Besitz des Kaisers); Antigone, im Begriff ihren Bruder zu bestatten; Orest, bevor er die Klytämnestra tötet; Alexander d. Gr., beim nächtlichen Studium den Schlaf bekämpfend (1876, Bronzeausführung in der Berliner Nationalgalerie); der verwundete Achilles (1879); Eulenspiegel und Doktor Eisenbart, zwei Statuetten (1880); Moses, die Gesetzestafeln zerschmetternd (1881); Kaiser Wilhelm und Friedrich II. (1883, Sandsteinfiguren am Landgerichtsgebäude zu Potsdam); Statue Kaiser Wilhelms (Justizpalast zu Berlin) und die ruhende Aspasia (1886). Er ist Mitglied der Berliner Kunstakademie.

Hertford (spr. harrförd), Hauptstadt von Hertfordshire (England), am Lea, hat ein großes Krankenhaus, eine Zweiganstalt des Londoner Christ Hospital mit 450 Schülern, Handel mit Korn und Malz und (1881) 7585 Einw. Dabei Panshanger, Landsitz des Grafen Cowper, und Haileybury College, ein großes Knabeninstitut.

Hertfordshire (spr. hárrfördschir, Herts), Grafschaft im mittlern England, umgeben von Buckingham-, Bedford- und Cambridgeshire, Essex und Middlesex, hat einen Flächenraum von 1640 qkm (29,8 QM.) mit (1881) 203,069 Einw. Die Oberfläche ist wellenförmig, zum Teil gut bewaldet; die Mitte wird von Kreidehügeln durchzogen, die nördlich steil in die Ebene von Bedford abfallen, sich aber südlich sanft abdachen. Die Hauptflüsse sind Colne und Lea, die zur Themse fließen. Fast das ganze Land hat Ackerboden und ist ausgezeichnet kultiviert. Haupterzeugnisse sind vorzüglicher Weizen und Hafer; auch viel Obst wird gezogen. Der Korn- und Malzhandel ist bedeutend. In betreff der Viehzucht ist das Hertfordschaf zu erwähnen, das treffliche Wolle liefert. Vom Gesamtareal sind 60 Proz. Ackerland, 27,7 Proz. Weiden und 5,9 Proz. Wald. An Vieh zählte man 1885: 13,975 Ackerpferde, 37,731 Rinder, 169,507 Schafe und 32,464 Schweine. Die industrielle Thätigkeit beschränkt sich auf Seidenspinnerei, Strohflechterei und Fabrikation von Papier. Hauptstadt ist Hertford.

Hertha, s. Nerthus.

Herthasee, s. Rügen.

Hertogenbosch, Stadt, s. Herzogenbusch.

Herts, engl. Abkürzung für Hertfordshire.

Hertwig, 1) Karl Heinrich, Lehrer der Tierheilkunde und bedeutender Forscher, geb. 10. Jan. 1798 zu Ohlau in Schlesien, studierte zu Breslau Medizin, später in Wien und München Tierarzneikunde, wurde 1823 an der Tierarzneischule in Berlin als Repetitor, 1826 als Lehrer angestellt, 1833 zum Professor und 1870 zum Medizinalrat ernannt. Er trat 1877 in den Ruhestand und starb 19. Juli 1881 in Berlin.