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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Herveyarchipel; Hervilly; Hervorbrechend; Herwarth von Bittenfeld

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Herveyarchipel - Herwarth von Bittenfeld.

Herveyarchipel (Cooksarchipel), polynes. Inselgruppe, zwischen 18 bis 20° südl. Br. und 157 bis 163° westl. L. v. Gr., südwestlich von den Gesellschaftsinseln gelegen, besteht aus neun Inseln: Palmerston, Rarotonga, Mangaia, Aitutaki, Hervey, Takutea, Atiu, Mitiaro u. Mauki, zusammen 368 qkm (6,7 QM.) groß mit 7900 Einw., worunter 100 Europäer, die letztern fast sämtlich auf Rarotonga. Palmerston ist eine Laguneninsel und unbewohnt, die übrigen sind Koralleninseln; nur Rarotonga, die größte, 81 qkm messend mit 2000 Einw., ist vulkanischen Ursprungs. Hinter einem sehr fruchtbaren, ebenen Küstenrand erheben sich Hügel, dann kühne basaltische Bergspitzen mit wohlgeschützten Thälern. Bis auf die höchsten Erhebungen und Nadeln sind diese Berge bedeckt von üppigem Pflanzenwuchs, der, wie die dürftige Tierwelt, dem tahitischen nahe verwandt ist. Das Klima ist sehr gleichmäßig und gestattet Europäern während des ganzen Jahrs die Arbeit im Freien. Die Bewohner (s. Tafel "Ozeanische Völker", Fig. 23), welche vielleicht von einem melanesischen Urstock abstammen, der sich mit eingewanderten Tahitiern vermischte, haben auch manches mit den Neuseeländern gemein; ihre sehr weit verbreitete Sprache steht zwischen denen dieser beiden Völker. Sie waren mutig und tapfer und besaßen eine nicht unbedeutende Bildung und eine gewisse Feinheit in ihrem gesellschaftlichen Leben, waren aber dabei der Anthropophagie ergeben. Zum protestantischen Christentum wurden sie 1827 in Aitutaki durch tahitische Lehrer, 1827 in Rarotonga durch englische Missionäre bekehrt. Jetzt gehen schon viele Rarotonganer als Verbreiter der christlichen Religion nach den verschiedensten Inseln der Südsee bis nach Neuguinea. Diese Missionäre sind auch faktisch die Beherrscher der Gruppe, welche zur Zeit der Entdeckung in vier Staaten: Rarotonga, Mangaia, Katutia und Aitutaki, zerfiel. Die Ansiedelung von Europäern wird seitens der Mission nicht gern gesehen, auf ihren Betrieb ist jeder Landverkauf an jene verboten. - Schon früh gründete die Sociétè commerciale de l'Océanie hier eine Filiale ihres Geschäfts in Tahiti, doch ist jetzt der deutsche Handel auf der ganzen Gruppe durch Neuseeland verdrängt. Ausgeführt werden: Baumwolle, Kaffee, Arrowroot u. a., 1884 für 28,000 Pfd. Sterl.; die Einfuhr (Manufakte u. a.) wertete 24,000 Pfd. Sterl. Aus dem Hafen Avarua auf Rarotonga liefen 1884-85 aus 50 Schiffe von 9062 Ton., meist britische. - Die Inselgruppe wurde von Cook auf seiner zweiten Reise 1773 entdeckt, auf seiner dritten 1777 wiederum besucht; doch wurde Rarotonga erst 1814, Mitiaro erst 1823 aufgefunden. S. Karte "Ozeanien".

Hervilly (spr. ärwiji), Ernest d', franz. Schriftsteller, geb. 26. Mai 1839 zu Paris, war zuerst als Eisenbahningenieur thätig, wandte sich aber bald ausschließlich der Litteratur und dem Journalismus zu. 1872 trat er in den "Rappel" ein, für den er unter dem Pseudonym Le Passant schreibt. Außer einigen Bänden Gedichte: "La lanterne en vers de couleur" (1868), "Les baisers" (1872) u. "Le harem" (1874), veröffentlichte er Sammlungen seiner humoristischen Skizzen unter den Titeln: "Contes pour les grandes personnes" (1874), "Mesdames les Parisiennes" (1875), "Histoires divertissantes" (1876), "D'Hervilly-Caprices" (1877); ferner: "Histoires de mariage" (1879), "Les armes des femmes" (1880), "Timbale d'histoires à la parisienne" (1883), "L'homme jaune" (1884), "Les Parisiennes bizarres" (1885) u. a. Auf dem Theater erschien er nicht ohne Erfolg mit kleinen Bühnenstücken, wie: "Le malade réel" (1874), "Le docteur Sanspareil" (1875), "La belle Saïnara" (1876), "Le magistre" (1877), "Le Bibelot" (1877), "Bigoudis" (1885) etc.

Hervorbrechend, in der Heraldik Bezeichnung für Menschen- und Tierfiguren, von denen nur Kopf und Hals aus dem obern Schildrand oder der Helmkrone emporragen.

Herwarth von Bittenfeld, Karl Eberhard, preuß. Generalfeldmarschall, wurde 4. Sept. 1796 zu Großwerther in Thüringen geboren. Seine Familie, auch Hoerwarth genannt, stammt ursprünglich aus Augsburg und teilte sich in eine Hohenburger, eine Bittenfelder, eine Augsburger und eine französische Linie. Die erstere, katholisch, erlangte im bayrischen und kaiserlichen Dienst die Reichsfreiherren- und Grafenwürde und erlosch im 18. Jahrh. Auch die Augsburger Patrizierfamilie und die französischen Herwarth sind ausgestorben. Der erste H. in preußischen Diensten, der Großvater des Feldmarschalls, fiel an der Spitze seines Regiments beim Sturm auf eine Batterie bei Kolin (18. Juni 1757), ein Sohn desselben bei Jena; ein andrer Sohn, des Feldmarschalls Vater, ward bei Auerstädt schwer verwundet u. starb 1822. H. trat 15. Okt. 1811 in preußischen Militärdienst, machte im 2. Garderegiment zu Fuß die Freiheitskriege 1813 bis 1815 mit und nahm namentlich an der Schlacht von Großgörschen und den Kämpfen um Paris Anteil. In den Friedensjahren avancierte er langsam; 1848 war er Oberst des 1. Garderegiments zu Fuß, 1852 ward er Generalmajor und Brigadekommandeur, 1856 Generalleutnant und Divisionskommandeur, 1860 Führer des 7. Armeekorps. Im Mai 1864 erhielt er, als Prinz Friedrich Karl an Wrangels Stelle den Befehl über die verbündeten Streitkräfte übernommen hatte, das Kommando der preußischen Truppen in Schleswig und führte 29. Juni 1864 den berühmten Übergang nach Alsen aus. 1865 ward er Kommandeur des 8. Korps und 1866 Oberbefehlshaber der Elbarmee, welche den rechten Flügel der in Böhmen einrückenden Streitkräfte bildete. Er lieferte die Gefechte von Hühnerwasser und Münchengrätz, stand am Tag von Königgrätz dem 10. österreichischen Armeekorps und den Sachsen gegenüber und eroberte am Nachmittag die Dörfer Problus und Prim, wodurch er den linken feindlichen Flügel zerschmetterte. Er erhielt dafür den Schwarzen Adlerorden und später eine Dotation. Nach dem Frieden führte H. wieder das Generalkommando des 8. Armeekorps. Als Vertreter des Wahlkreises Wittlich-Bernkastel gehörte H. dem ersten norddeutschen Parlament an und hielt sich zur Fraktion der regierungsfreundlichen Konservativen. 1870 zum Generalgouverneur des westlichen Deutschland (7., 8. und 11. Armeekorps) ernannt, leitete er die Verteidigungsmaßregeln gegen eine etwanige französische Invasion, und als diese nicht mehr zu befürchten war, organisierte er den Transport der Reserven und der Gefangenen sowie deren Unterbringung. Am 8. April 1871 erhielt er den Charakter als Feldmarschall. Er lebte seitdem, in Ruhestand versetzt, zu Bonn und starb 2. Sept. 1884 daselbst. - Ein jüngerer Bruder, Hans, geb. 2. Jan. 1800, war seit 1864 Gouverneur von Magdeburg, 1866 während des Kriegs Militärgouverneur der Provinz Sachsen, ward als General der Infanterie zur Disposition gestellt und starb 21. Mai 1881 in Berlin; ein Vetter, Friedrich Adrian, geb. 13. April 1800, machte als Kommandeur der 4. Infanteriedivision 1866 den Krieg in Böhmen mit, wurde 1867 Gouverneur von Königs-^[folgende Seite]