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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hirsch

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Hirsch (Edelhirsch).

tion sowie sofortiges Vergraben der gefallenen und Abschuß der kranken Stücke haben sich gegen diese Epidemie wirksam erwiesen. Außerdem wird das Wild durch die teils unter der Haut, teils in der Rachenhöhle lebenden Engerlinge (s. d.) nicht nur sehr belästigt, sondern es gehen auch Stücke, welche von der Rachenbremse stark befallen sind, ein. Das Rotwild wird im Walde durch Zertreten und Verbeißen der jungen Pflanzen sowie durch Schälen der Stangenhölzer, auf dem Felde dagegen durch Zertreten und Abäsen der Saat, Abbeißen und Abstreifen der Getreideähren, Ausschlagen der Kartoffeln etc. schädlich, und es wird deshalb meist nur noch in mäßiger Zahl im Freien gehalten, was jedoch nur in großen, zusammenhängenden Waldkomplexen möglich ist. Der H. geht leicht und zierlich, anstandsvoll; sein Lauf ist von fast unglaublicher Geschwindigkeit, auch überschwimmt er breite Ströme und Meeresarme. Die Jäger haben die Kenntnis der Fährte ungemein ausgebildet, sie unterscheiden nach derselben das Geschlecht u. ziemlich genau das Alter des Tiers. Fig. 1 zeigt die untern Teile des Laufs oder die Klauen. Aus der Größe und Gestaltung der Fährte, besonders auch aus der Weite der Schritte läßt sich auf das Tier schließen, welchem sie entstammt. Wenn der H. "trollt" und "vertraut zieht", ist die Fährte geschlossen, und die Tritte sind ein wenig von der Grundlinie mit den Spitzen nach auswärts gerichtet. In der Flucht drücken sich die Oberrücken ab und sind die Schalen etwas gespreizt, um so mehr, je müder der H. wird; der kranke H. spreizt selbst bei ruhiger Bewegung. Das Tier hat bedeutend weniger geschlossene Fährte als der H., auch zeigen die Tritte bei allen Gangarten geradeaus. Der Schritt mißt beim Kalb im Sommer 326, beim Schmaltier im Sommer 408, beim Spießer im Sommer 480, beim Sechzehnender 625 mm. Fig. 2 zeigt die Größe der Tritte, doch sind diese Größen wie die vorhergehenden nur Durchschnittswerte und variieren nach den Rassen. Der Abstand der beiden Linien a b und c d (Fig. 3), welche die Tritte miteinander verbinden, heißt der Schrank; er ist beim Tier sehr unbedeutend, beim H. um so größer, je feister und stärker dieser ist, und erreicht 10-15, selbst 20 cm und mehr. Der fortlaufende Schrank ist daher eins der gerechtesten Zeichen. Gehör, Geruch und Gesicht des Hirsches sind außerordentlich scharf; für manche Töne, z. B. die des Waldhorns, hat er große Vorliebe und läßt sich durch dieselben anlocken. Wo er verfolgt wird, ist er sehr furchtsam, während er höchst zutraulich wird, wenn er sich des Schutzes sicher bewußt ist. In der Erregung vergißt er oft seine Sicherheit. In der Brunftzeit ist er förmlich von Sinnen, höchst reizbar und nimmt dann auch den Menschen an; das weibliche Tier ist sanfter, liebenswürdiger und niemals boshaft. Der H. nährt sich im Winter von grüner Saat, Knospen, Rinde, Brombeerblättern etc., im Frühjahr von Gras und Kräutern, später von Getreidekörnern, Rüben, Kraut, Kartoffeln, Bucheckern, Eicheln etc. In der Brunftzeit fressen alte Hirsche namentlich Pilze.

^[Abb.: Fig. 1. Klauen.; Fig. 2. Größe des Trittes. a Kalb im Sommer 32 mm. b Schmaltier 43 mm, c Alttier und Gabelhirsch 48 mm, d Hirsch von 6.-10 Enden 51-55 mm. e Hirsch von 10-16 Enden 55-61 mm; Fig. 3. Schrank.]