Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Holstein

663

Holstein (Geschichte).

auch Einwanderer aus den westlichen Teilen Deutschlands hier ansiedelte und der germanisch-christlichen Kultur in dem von ihm erbauten Lübeck einen festen Mittelpunkt schuf. Die Lehnsabhängigkeit von Sachsen verwickelte H. in die Wirren, welche 1180 zum Sturz Heinrichs des Löwen führten; doch Adolf III. (seit 1164) stellte sich auf die Seite Kaiser Friedrichs I. und trug, als der kühne Welfe auf die Dauer nicht in H. festen Fuß zu fassen vermochte, bei der Verteilung der welfischen Lehen Dithmarschen als Frucht seiner Reichstreue davon. Die Lehnsverbindung mit Sachsen blieb auch in der Folge rechtlich bestehen, erwies sich aber bei der geringern Machtfülle der folgenden Herzöge von Sachsen als bedeutungslos. Bei ihnen fand H. während der staufisch-welfischen Kämpfe um den deutschen Thron keine Unterstützung und mußte der dänischen Macht erliegen, welche sich unter der Regierung Waldemars I. (1157-82) und Knuts (1182-1202) zu erstaunlicher Höhe erhoben hatte. So sah sich Adolf III. 1200 zur Abtretung Dithmarschens an Dänemark genötigt und mußte nach der Niederlage bei Stellau (1201) auf die ganze Grafschaft verzichten (1203), nur um Befreiung aus der Gefangenschaft zu erlangen. Der dänische Waldemar II. aber ließ sich zu Lübeck als König der Dänen und Slawen und als Herr von Nordalbingien ausrufen und ernannte den Grafen Albert von Orlamünde mit unumschränkter Vollmacht zum Statthalter in H. und Schleswig. Kaiser Friedrich II. trat ihm 1214 das Eroberte förmlich ab und trennte es vom Deutschen Reich, und der Papst bestätigte 1217 die Urkunde.

Die Übermacht Dänemarks an der Elbe und Ostsee erreichte damals ihren Gipfel; weit über die Grenzen Nordalbingiens trug König Waldemar II. seine siegreichen Waffen. Auch Mecklenburg wurde bedroht, und nur eine Gewaltthat des Grafen Heinrich von Schwerin, welcher den König auf der Jagd 1223 in Fünen überfiel und gefangen nach Mecklenburg führte, rettete die deutschen Länder an der Ostsee. Während der Gefangenschaft Waldemars erhoben sich die Holsteiner. Adolf IV., Adolfs III. Sohn schlug den ihm mit einem Heer entgegenziehenden Albert von Orlamünde bei Mölln, nahm ihn gefangen, überlieferte ihn dem Grafen von Schwerin, nahm Lübeck und Hamburg und entriß sogar Dithmarschen der dänischen Herrschaft. Auf die Kunde von diesen Ereignissen schloß der gefangene Waldemar 17. Nov. 1225 einen Vertrag, worin er dem Deutschen Reich alle Länder nördlich von der Elbe bis über die Eider sowie das ganze Wendenland zurückgab, den Grafen Adolf IV. als rechtmäßigen Herrn von H., Wagrien und Dithmarschen anerkannte, ihm noch die Festung Rendsburg übergab und den Bürgern von Hamburg und Lübeck völlige Handelsfreiheit durch ganz Dänemark bestätigte. Nachdem er seine Freiheit erhalten, erkaufte er sich von dem Papst Honorius III. die Entbindung von seinem Eid, fiel in H. ein, unterwarf die Dithmarschen nach einem kurzen Kampf und nahm die wichtige Festung Rendsburg. Dann zog er gegen Lübeck, wo ihm ein schlagfertiges Heer der deutschen Verbündeten (Bremen, Hamburg, Lübeck: H., Mecklenburg und Sachsen) unter Anführung des Grafen Adolf IV. die Spitze bot. Die Schlacht bei Bornhövede (22. Juli 1227) entschied durch den Abfall der Dithmarschen, die bis dahin auf des Königs Seite gestanden, zu gunsten der Deutschen und veranlaßte Waldemar, sich mit Adolf IV. auszusöhnen und auf ewige Zeiten Verzicht auf H., Stormarn und Wagrien zu leisten. Als Adolf 1239 der Herrschaft entsagte und ins Kloster ging, folgten ihm seine beiden minderjährigen Söhne Johann (in Kiel) und Gerhard (in Itzehoe; der dritte Ludolf, wurde Geistlicher) zunächst unter der Vormundschaft ihres Oheims, des Herzogs Abel von Schleswig. Bei ihren Lebzeiten fand noch keine Teilung der Grafschaft statt, dieselbe erfolgte erst nach Johanns Tod (1263). Seine Söhne Adolf V. und Johann II. begründeten 1273 die Linien H.-Segeberg und H.-Kiel, während im Westen H.-Rendsburg ihrem Oheim Gerhard I. verblieb. Nach dessen Tod 1290 teilten seine Söhne gleichfalls, und so entstanden die Linien H.-Plön, H.-Schauenburg und H.-Rendsburg. In betreff seiner Verfassung jedoch, sowohl dem Deutschen Reich als auch der einheimischen Ritterschaft gegenüber, galt H. als Einheit, und eine Entfremdung von Gebietsteilen wurde 1307 durch Vertrag mit dem Herzog von Sachsen-Lauenburg, dem damaligen Lehnsherrn, für immer untersagt.

Zu Anfang des 14. Jahrh. bestanden jene drei Linien noch, die Plöner unter Johann III., dem Milden (1313-59), die Schauenburger unter Adolf VII. (1315-53), endlich die Rendsburger unter Gerhard III., d. Gr. (1304-40, s. Gerhard 1). Der Aufschwung, den Dänemark unter Erich (Menved) genommen, ließ bei dessen Tod (1319) erheblich nach, der Übermut der Großen lähmte des Königs Arm; dennoch suchte Christoph II., Erichs Bruder und Nachfolger, nach dem Tode des Herzogs Erich II. von Schleswig dies Herzogtum an sich zu reißen. Bereits hatten die Dänen das ganze Land bis auf das Schloß Gottorp in ihrer Gewalt, und auch dieses hätte erliegen müssen, wenn nicht Gerhard d. Gr., Erichs II. Schwager, 1325 seinem Neffen Waldemar V. zu Hilfe geeilt wäre und die Dänen aus dem Land getrieben hätte. Nach Christophs Absetzung trugen die Dänen dem siegreichen Grafen von H. die Krone an. Gerhard schlug sie aus, verschaffte sie aber seinem Neffen Waldemar von Schleswig, der ihm dafür dieses Herzogtum erblich abtrat. So wurde 15. Aug. 1326 Schleswig mit H. vereinigt. Gerhard, von den dänischen Reichsbaronen während der Jugend des Königs zum Reichsvorsteher und Reichsfeldherrn erwählt, ließ sich über den Erwerb des Herzogtums Schleswig sowohl vom König Waldemar als von den Reichsständen eine umfassende Urkunde ausstellen, die sogen. Constitutio Waldemariana, das erste historische Dokument, durch welches ausgesprochen wird, daß "Schleswig und Dänemark niemals wieder so vereint werden sollen, daß Ein Herr sei über beide". Der abgesetzte König sammelte in Deutschland Anhänger, fiel wiederum in Schleswig ein, wurde aber auch diesmal von Gerhard verjagt. Dieser ließ sich jedoch durch die Zaghaftigkeit seines Neffen Waldemar, durch das Zureden des Grafen Johann und durch die Ermahnungen des deutschen Kaisers zur Nachgiebigkeit bewegen. Das große Hauptziel seines Strebens, die Selbständigkeit Schleswig-Holsteins, suchte er dadurch zu erreichen, daß er die Constitutio Waldemariana neu bekräftigen und die eventuelle Nachfolge in Schleswig sich zusichern ließ (1330). Außerdem wurde Gerhard mit Fünen belehnt, während Johann schon vorher Fehmarn und als Pfand Laaland, Schonen und den größten Teil von Seeland erhalten hatte. Dafür gab Gerhard Schleswig seinem Neffen Waldemar zurück, der seinerseits auf die königliche Würde verzichtete. Als aber Christoph II. ohne irgend eine Veranlassung verwüstend in Schleswig einfiel, wurde er von Ger-^[folgende Seite]