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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Huene; Hüne; Huneman; Hünenburgen; Hünengräber; Hünenvolk; Hunfalvy; Hünfeld; Hungen; Hunger

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Hüne - Hunger.

Hüne (früher Heune, mittelhochd. hiune), ursprünglich s. v. w. Hunne (Volksname); dann s. v. w. Riese, Recke aus sagenhafter Zeit und allgemeinere Bezeichnung eines übergroßen und starken Menschen.

Huene, Karl, Freiherr von Hoiningen, genannt von H., preuß. Abgeordneter, geb. 24. Okt. 1837 zu Köln, besuchte in Koblenz und Berlin das Gymnasium, trat 1859 als Avantageur beim Kaiser Alexander-Grenadierregiment ein, ward 1860 Leutnant im Elisabeth-Regiment, wurde 1869 in den Generalstab und 1871 als Hauptmann in das 82. Regiment versetzt. Er nahm an den Feldzügen gegen Dänemark 1864, gegen Österreich 1866 und gegen Frankreich 1870/71 teil. 1873 schied er aus dem Militärdienst aus und übernahm die Bewirtschaftung seines Gutes Groß-Mahlendorf im Kreis Falkenberg in Oberschlesien. Bei den Neuwahlen 1876 ward er zum Abgeordneten gewählt und schloß sich der Fraktion des Zentrums im preußischen Abgeordnetenhaus an; er zeichnete sich durch Sachkenntnis, besonders in finanziellen und volkswirtschaftlichen Fragen, durch Rednergabe und Mäßigung aus. Um die Verwaltung der Güter des Fürsten von Thurn und Taxis zu übernehmen, legte er 1882 sein Mandat nieder, wurde aber schon 1883 von dem inzwischen großjährig gewordenen Fürsten aus dieser Stellung entlassen und trat durch Neuwahl wieder in den Landtag und den Reichstag ein. In ersterm stellte er 1885 den Hueneschen Antrag (lex Huene) über Verteilung des Mehrertrags der im Reich neu eingeführten Zölle für Preußen an die Kommunen, der angenommen wurde.

Huneman, s. Schlankaffe.

Hünenburgen, s. Befestigung, prähistorische.

Hünengräber, s. Gräber, prähistorische.

Hünenvolk, das vermeintlich riesenhafte Geschlecht, welches in grauer Vorzeit unsre Gegenden bewohnte und die großen Erd- und Steinmonumente errichtete.

Hunfalvy, Paul, ungar. Sprachforscher und Ethnograph, geb. 1810 zu Groß-Schlagendorf in der Zips, studierte in Käsmark und Miskolcz und ist seit 1856 ordentliches Mitglied der ungarischen Akademie, deren sprachwissenschaftliche Mitteilungen er redigiert. Seine Hauptwerke sind: "Finn olvasmányok" ("Finnische Chrestomathie", Pest 1861); "Egy vogul monda" ("Eine wogulische Sage", ungar. Akademieberichte 1859) und "A vogul föld és nép" ("Land und Volk der Wogulen", das. 1864), auf Grund der von dem ungarischen Reisenden Reguly hinterlassenen Schriften, mit deren Herausgabe H. von der Akademie beauftragt war; "A kondai vogul nyélo" ("Die südliche wogulische Sprache", das. 1872); "Utazás a Balttenger vidékein" ("Reise in den Ländern am Baltischen Meer", das. 1871, 2 Bde.; der 1. Teil, Esthland betreffend, deutsch, Leipz. 1872); "Az észak osztják nyélo" ("Sprache der nördlichen Ostjaken", Pest 1875); "Magyarorszag ethnographiája" (das. 1876; deutsch, von Schwicker: "Ethnographie von Ungarn", das. 1877); "Die Ungarn oder Magyaren" (Bd. 5 des Werkes "Die Völker Österreich-Ungarns", Teschen 1881) u. "Die Rumänen u. ihre Ansprüche" (das. 1883).

Hünfeld, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, an der Haun und der Linie Frankfurt-Göttingen der Preußischen Staatsbahn, 279 m ü. M., hat ein Amtsgericht, eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Zuckerfabrik, eine Papierfabrik, mechanische Leinweberei, Dampfdestillation und -Müllerei und (1885) 1827 meist kath. Einwohner. - H. kam 782 an Fulda und erhielt 1310 Stadtrechte; das ehemalige Chorherrenstift ward 1803 aufgehoben. Hier 4. Juli 1866 siegreiches Treffen der preußischen Division Beyer gegen bayrische Kavallerie unter Fürst Taxis.

Hungen, Stadt in der hess. Provinz Oberhessen, Kreis Gießen, an der Horloff und der Linie Gießen-Gelnhausen der Oberhessischen Eisenbahn, hat ein Amtsgericht, ein Schloß des Fürsten Solms-Braunfels, Farbenfabrikation und (1885) 1364 evang. Einw.

Hunger (Fames), das Gefühl, durch welches das Bedürfnis nach Nahrung zum Bewußtsein gebracht wird. Durch welche Teile des Nervensystems diesem Gefühl vermittelt wird, ist noch nicht genügend aufgeklärt. Man hat vielfach gesagt, der H. sei ein rein lokales Gefühl, welches sich dann einstelle, wenn der Magen keine Nahrungsmittel mehr enthalte. Dieses kann schon deshalb nicht richtig sein, weil der Magen vieler Tiere, bei denen das Vorkommen des Hungergefühls gar nicht zu bezweifeln ist (z. B. derjenige der Wiederkäuer), unter keinen Umständen leer wird. Auch sensible, von der Schleimhaut des Magens ausgehende Reize können das Gefühl nicht veranlassen, denn Tiere bekundeten noch unzweideutige Zeichen des Hungers, nachdem die sensibeln Nerven des Magens zerstört waren. Man stellt sich jetzt vor, daß durch Veränderungen in der Zusammensetzung der Ernährungsflüssigkeit, Veränderungen, welche durch die Verarmung des Bluts an gewissen Nährstoffen, möglicherweise auch noch durch Anhäufung von Zersetzungsprodukten bedingt werden, gewisse noch nicht näher bekannte Empfindungsnerven gereizt werden, woraus dann das Hungergefühl resultiert. Die Empfindung des Hungers ist anfangs nicht unangenehm. Der Speichel wird in vermehrter Quantität in den Mund ergossen, und man glaubt eine Bewegung im Magen zu verspüren; später entstehen auch Bewegungen in den Gedärmen und ein Kollern von Luft. Wird aber jetzt das Nahrungsbedürfnis nicht befriedigt, so stellt sich zunächst ein Gefühl von Mattigkeit, Muskelschwäche und Verminderung des Turgor vitalis ein. Später steigern sich dann auch die lokalen Symptome. Der Magen wird immer empfindlicher, selbst schmerzhaft, so daß er jetzt genossene Speisen nur dann verträgt, wenn sie mit großer Vorsicht in kleinen Quantitäten geboten werden, während in größerer Quantität genommene Speisen schwere Verdauungsstörungen veranlassen. Zugleich mit der gesteigerten Empfindlichkeit des Magens entstehen Kopfschmerzen; länger dauernder H. führt zu großer Aufregung, Irrereden, selbst Tobsucht. Die Schwäche steigt dabei aufs höchste, die Muskeln versagen ihren Dienst, das Gesicht fällt ein; der Speichel wird bitter, der Atem übelriechend, der Harn sehr konzentriert, dunkel gefärbt, scharf; die meisten Sekretionen vermindern sich oder hören auf, die Schleimhäute werden trocken. Hungernde Tiere werden so stumpf, daß sie schließlich vorgehaltenes Futter gar nicht mehr aufnehmen, sondern unter zunehmender Schwäche zu Grunde gehen. Kräftige, wohlgenährte Hunde erliegen dem Hungertod erst nach vier Wochen, der Mensch nach 21-22 Tagen; bei Genuß von Wasser erträgt er den H. viel länger, und nach dem Vorgang des amerikanischen Arztes Tanner haben in neuester Zeit mehrere Personen 40 Tage und länger angeblich aller Speise sich enthalten. Nach den Beobachtungen einer vom französischen Kriegsministerium niedergesetzten Kommission vermögen Pferde 8-15 Tage den H. ohne üble Folgen zu ertragen, wenn sie an Wasser keinen Mangel leiden; hungern sie aber länger, so vermögen sie sich durch passendes Futter nicht mehr zu erholen, sondern gehen an Erschöpfung zu Grunde. Pflanzenfresser ertragen den H. viel weniger lange als Fleischfresser. Die wirbellosen Tiere