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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Industrielle Partnerschaft; Industriepapiere; Industriepflanzen

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Industrielle Partnerschaft - Industriepflanzen.

tung sehr überschätzte Beteiligung am Gewinn. Auch kann durch Gründung von Produktivgenossenschaften (s. Genossenschaften) das Einkommen bisheriger Lohnarbeiter erhöht werden, doch lassen leider die Schwierigkeiten, welche sich der Gründung und dem Betrieb derselben entgegenstellen, diese Unternehmungsform nur in einem eng begrenzten Maß anwendbar erscheinen. Eins der wichtigsten und für die friedliche Lösung der industriellen Arbeiterfrage unentbehrlichen Mittel sind die Gewerkvereine (s. d.) in der Organisation und mit den Zielen der englischen Trades' Unions. Weitere wesentliche Heilmittel sind die Hilfs- und Versicherungskassen (Kranken-, Unfall-, Alters-, Witwen-, Waisen-, Begräbniskassen), die Arbeiterbildungsvereine, Sparkassen (insbesondere auch in der Form von Postsparkassen, Fabriksparkassen und Pfennigsparkassen), Einigungsämter etc. (s. die betreffenden Artikel).

Für industrielle Arbeiterinnen sind insbesondere von Frauen aus den besitzenden Klassen zu gründen und zu leiten: Vereine zur Pflege der kleinen Kinder, deren Mütter den Tag über außer dem Haus beschäftigt sind, in Kleinkinderbewahranstalten (Krippen, Kindergärten), Vereine zur Unterstützung von Wöchnerinnen und Vereine, welche unverheirateten Arbeiterinnen eine ordentliche Wohnung und Verpflegung vermitteln und ihnen in den freien Stunden Gelegenheit geben, sich in weiblichen Arbeiten und anderm, was eine tüchtige Arbeiterfrau wissen sollte, auszubilden.

Ein Hauptmittel für die Lösung ist aber auch noch die individuelle Einwirkung der Arbeitgeber auf ihre Arbeiter zur Besserung der Lage derselben. Gerade die Arbeitgeber vermögen, wenn sie in dem Bewußtsein ihrer sittlichen Pflichten energisch für das Wohl ihrer Arbeiter sorgen, dasselbe am meisten zu fördern. Der Haß und die Erbitterung von Arbeitern gegen Arbeitgeber, über welche so oft geklagt wird, wären sicher nicht vorhanden, wenn alle Arbeitgeber diese Pflichten erfüllten. Gute, humane, für das Wohl der ihnen anvertrauten Personen sorgende Menschen laden nicht auf sich den Haß und die Erbitterung derer, denen sie nur Gutes erwiesen. Vgl. Schönberg, Die gewerbliche Arbeiterfrage ("Handbuch der politischen Ökonomie", 2. Aufl., Tübing. 1885); weitere Litteratur s. Arbeiterfrage.

Industrielle Partnerschaft (engl. Industrial partnership), das Arbeitsverhältnis, bei welchem die Arbeiter sich am Gewinn der Unternehmung beteiligen. Vgl. Arbeitslohn, S. 759.

Industriepapiere, die von industriellen Unternehmungen begebenen Wertpapiere, insbesondere Aktien.

Industriepflanzen (hierzu die Tafel "Industriepflanzen"), Pflanzen, welche für die Industrie wichtige Rohstoffe liefern. Das Pflanzenreich ist die unerschöpfliche Schatzkammer, aus welcher unzählige Materialien der verschiedensten Art zur Befriedigung der Bedürfnisse des Menschen entnommen werden. Zum Teil verwertet man nur die physikalischen Eigenschaften der vegetabilischen Substanz und benutzt das Material, welches bisweilen eine außerordentliche Härte und Festigkeit besitzt, in mannigfacher Weise. So liefern die zahlreichen stammbildenden Pflanzen eine große Mannigfaltigkeit von Hölzern, welche die Grundlage mehrerer Industriezweige bilden Fruchtschalen von großer Härte, z. B. diejenigen der Kokospalme, verarbeitet man auf Gefäße, die harten Samen der Phytelephas macrocarpa (s. Tafel) geben ein treffliches Surrogat des Elfenbeins etc. Manche Holzarten werden gespalten und in dieser Form als Flechtmaterial verwandt. In dieser Weise benutzt man namentlich auch die Stämme von Calamus-Arten (aus der Familie der Palmen, s. Tafel), das Spanische Rohr, dann das halmartige Blatt der Stipa tenacissima (Esparto), die Blätter der Carludovica palmata (Panamahüte) etc. Geschmeidigere Fäden liefert der Bast vieler Pflanzen, und diesem reihen sich die zarten Pflanzenhaare (Baumwolle) an, welche, wie die Bastfasern, das Rohmaterial für Spinnerei und Weberei liefern. Die Gewebe, welche als solche verbraucht sind, wandern als Lumpen in die Papiermühlen; der enorm gestiegene Papierbedarf zwingt aber, Pflanzenstoffe direkt auf Papier zu verarbeiten, und in dieser Beziehung sind für uns das Holz, Esparto und Stroh am wichtigsten. Viele Pflanzenfasern sind zu Geflecht und Gespinst weniger geeignet, während sie die tierischen Haare als Polstermaterial vollständig ersetzen und das früher zu diesem Zweck benutzte Seegras mehr und mehr verdrängen. Noch häufiger als die physikalischen Eigenschaften von Pflanzengeweben werden die chemischen Eigenschaften der Pflanzenbestandteile in Anspruch genommen. Früher verbrannte man kolossale Mengen Holz, um aus der Asche das kohlensaure Kali zu gewinnen; diese Industrie ist unter veränderten Verhältnissen fast ganz zu Grunde gegangen, doch werden noch Tange (Fucus, Laminaria) gesammelt, um aus ihrer Asche (Kelp, Varech) Jod darzustellen. Diese Ausnutzung der mineralischen Bestandteile der Pflanzen ist unbedeutend gegenüber der ausgedehnten und vielseitigen Verwertung der organischen Substanz. Die Holzfaser selbst dient zur Darstellung von Oxalsäure und gelegentlich von Spiritus; Knollen, Stämme, Früchte liefern Stärkemehl und sind deshalb als Nahrungspflanzen (s. d.), aber, insofern die Stärke auf Dextrin und Spiritus verarbeitet wird, auch als I. von hoher Bedeutung. In großem Maßstab wird die Stärke auch in Traubenzucker verwandelt; sehr viel bedeutender aber ist die Rohrzuckerindustrie, für welche das Zuckerrohr (Saccharum officinale, s. Tafel), die Runkelrübe (Beta vulgaris), in Nordamerika der Zuckerahorn (Acer saccharinum) und in den Tropen mehrere Palmen, besonders Phoenix sylvestris (s. Tafel), das Material liefern. Auch die Stammpflanzen des Gummi arabikum (mehrere Akazien) sind hier zu erwähnen. Pflanzen sind stets die hauptsächlichsten Öllieferanten gewesen, aber feste Fette entnahm man früher vorwiegend dem Tierreich; erst in neuerer Zeit sind vegetabilische Fette für Kerzen- und Seifenfabrikation wichtig geworden (s. Öle und Fette liefernde Pflanzen). Den Fetten schließen sich die Harze an, welche meist aus den Stämmen von Holzgewächsen gewonnen werden. Für die Harzindustrie kommen in erster Linie die Koniferen in Betracht, von denen die Gattung Pinus das gemeine Harz, Dammara australis (s. Tafel) das Kauriharz liefern. Von den übrigen Harzen ist besonders der Kopal hervorzuheben, dessen Abstammung man übrigens noch nicht sicher kennt; zweifellos ist aber, daß Hymenaea Courbaril (s. Tafel) den südamerikanischen Kopal liefert. Wichtige I. sind auch jene duftreichen Gewächse, deren Blüten, Blätter, Rinden oder Früchte auf ätherisches Öl für Zwecke der Parfümerie verarbeitet werden. Diesen Stoffen stehen endlich in chemischer Beziehung das Kautschuk und die Guttapercha nahe, letztere von Isonandra Gutta (s. Tafel), ersteres von verschiedenen Bäumen, namentlich aber von Hevea guianensis (s. Tafel), stammend. Eine große Gruppe von Pflanzen liefert endlich Farb-^[folgende Seite]