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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Intarsiatore - Integralrechnung.

(s. d.). Auch leimt man verschiedenfarbige und passend geformte Holzstäbe zusammen und zerschneidet die Blöcke rechtwinkelig zur Längsrichtung in dünne Platten. Diese zeigen dann Muster, welche sich aus den Querschnitten jener Stäbe zusammensetzen.

Intarsiatōre (ital.), Verfertiger von eingelegter Arbeit oder Holzmosaik (s. Intarsia).

Intarsĭenmalerei, ein Ersatz für die kostbare und mühevolle Holzintarsia durch die Malerei, welche dabei die matten Farben der gefärbten, zum Einlegen benutzten Hölzer nachzuahmen und in der Zeichnung den Charakter der Flächendekoration innezuhalten hat. Man bedient sich der Wasserfarben, die, wenn sie trocken sind, durch einen dünnen Auftrag von Leim u. dgl. geschützt werden. Die I., auch Holzmalerei, eine moderne Technik, ist neuerdings in Berlin durch Ludwig Burger (s. d.) zu großer Virtuosität ausgebildet worden und wird namentlich von Damen kultiviert, die Tischplatten, Kästchen, Albums und ähnliche Luxusgegenstände mit I. dekorieren.

Intĕger valor (sc. notarum, lat.), in der Mensuralmusik das Durchschnittstempo, die gewöhnliche Geltung der Notenwerte, im Gegensatz zu der durch Diminution, Augmentation oder Proportionen (s. d.) veränderten.

Intĕger vitae scelĕrisque purus (lat.), "Reinen Wandels und frei von Schuld", oft citierter Anfangsvers einer Ode des Horaz (I, 22).

Integrāl (lat.), ein Ganzes ausmachend, für sich bestehend (s. Integralrechnung); Integralen, die 2½proz. Schuldtitel der holländischen Staatsschuld. In den Niederlanden wurde 1814 die auf 1/3 reduzierte Schuld wieder in ihrem vollen Betrag hergestellt, hiermit jedoch zugleich eine neue Anleihe in Verbindung gesetzt mit der Bedingung, daß 2/3 der damaligen Schuld für jetzt noch unverzinslich sein (die sogen. ausgestellte oder tote Schuld, dette différée) und hiervon jährlich ein Teil in die verzinsliche oder aktive Schuld einrücken sollte, so wie von dieser eine gleiche Summe getilgt würde. Die Obligationen der damals gebildeten wirklichen Schuld heißen Integralen. Für die ausgestellte Schuld wurden zweierlei Papiere ausgegeben, Certifikate und Losbillets (Kansbillet, Kanzen), in denen das Verlosen der zum Zinsgenuß gelangenden Nummern erfolgte. - Integrale Staatsschuld, s. v. w. fundierte Staatsschuld.

Integrālrechnung, der zweite Teil der Infinitesimalrechnung, welcher sich mit der Ermittelung der Integrale beschäftigt. Zu dem Begriff des Integrals gelangt man folgendermaßen. Es sei f(x) eine Funktion der Variabeln x, die man sich geometrisch versinnlichen kann, indem man x als Abscisse und y = f(x) als rechtwinkelige Ordinate abträgt; ferner seien a und b zwei Werte von x, a < b, und zwischen denselben mögen die Werte x_{1}, x_{2}, x_{3}, ... x_{n} eingeschaltet werden. Zieht man nun die Ordinaten f(a), f(x_{1}), f(x_{2}), ... f(x_{n}), f(b), so zerfällt die Fläche, welche von x = a bis x = b zwischen der Abscissenachse und der Linie y = f(x) liegt, in n+1 Streifen, die man annäherungsweise als Rechtecke berechnen kann. Man erhält also als Annäherungswert für diese Fläche die Summe (x_{1} - a)f(a) + (x_{2} - x_{1})f(x_{1}) + ... + (b-x_{n})f(x_{n}).

Je kleiner man die Abschnitte x_{1} - a, x_{2} - x_{1} etc. auf der Abscissenachse macht, und je größer man also gleichzeitig ihre Anzahl nimmt, desto genauer stellt diese Summe die erwähnte Fläche dar, und der Grenzwert, der sich ergibt, wenn man diese Abschnitte verschwindend klein werden und ihre Anzahl über alle Grenzen wachsen läßt, ist der genaue Wert dieser Fläche. Dieser Grenzwert heißt nun das bestimmte Integral der Funktion f(x) zwischen den Grenzen a und b und wird durch das Zeichen

_{a}∫^{b} f(x)dx

ausgedrückt. Die Differenzen x_{1} - a, x_{2} - x_{1} etc. sind nämlich verschwindend kleine Zunahmen der Abscisse x oder Differentiale von x und werden mit dx bezeichnet. Der Grenzwert obiger Summe ist daher die Summe der unendlich vielen verschwindend kleinen Produkte f(x)dx, gerechnet von x = a bis x = b. Das Wort "Summe" wird durch das Zeichen ∫ ausgedrückt, welches aus dem Buchstaben S entstanden ist. Wir können uns das bestimmte Integral auch als ein Volumen denken. Legt man nämlich durch einen Körper eine Achse, welche man als Abscissenachse betrachtet, und errichtet darauf senkrechte Ebenen, welche den Körper in Querschnitten f(x) schneiden, so kann man das Volumenelement dieses Körpers als eine Schicht von der verschwindend kleinen Dicke dx und dem Querschnitt f(x) betrachten, also gleich f(x)dx setzen, und das bestimmte Integral drückt also das Volumen des Körpers zwischen x = a und x = b aus. Den Wert eines bestimmten Integrals kann man in vielen Fällen nach folgender Regel finden: Ist f(x) der Differentialquotient (s. Differentialrechnung) einer Funktion F(x), welche von x = a bis x = b stetig und endlich bleibt, so ist

_{a}∫^{b} f(x)dx = F(b) - F(a).

Um das bestimmte Integral zu ermitteln, hat man daher nur nötig, die Funktion F(x) zu finden. Diese nennt man nun das unbestimmte Integral von f(x) und bezeichnet sie mit ∫f(x)dx. Die Ermittelung der unbestimmten Integrale ist daher die erste Aufgabe der I., und diese Aufgabe ist gerade das Gegenstück von der Bestimmung des Differentialquotienten, der Fundamentalaufgabe der Differentialrechnung (s. d.). Die Eigenschaften und die Wertermittelung bestimmter Integrale bilden einen zweiten Hauptgegenstand der I.; bestimmte Integrale lassen sich nämlich auch dann oft genau angeben, wenn sich der Wert des entsprechenden unbestimmten Integrals nicht in geschlossener Form mit Genauigkeit darstellen läßt. Den umfangreichsten, wichtigsten und noch lange nicht abgeschlossenen Teil der I. bildet die Integration der Differentialgleichungen. Unter Differentialgleichungen versteht man Gleichungen zwischen den Funktionen, den unabhängigen Variabeln und den Differentialquotienten; die Aufgabe besteht darin, die Funktionen ohne Vermittelung der Differentialquotienten durch die unabhängigen Variabeln auszudrücken. Auf solche Gleichungen kommt man meistenteils, wenn man geometrische, mechanische, physikalische Probleme mathematisch zu behandeln sucht. Als Schöpfer der I. im heutigen Wortsinn ist Leibniz zu betrachten; von ihm rührt auch das Zeichen ∫ her, das er zuerst in einem Manuskript vom 25. Okt. 1675 angewandt hat. Sein Zeitgenosse Newton hat, wenn auch in andrer Form, noch früher ähnliche Probleme behandelt. Um die weitere Ausbildung der I. haben sich im vorigen Jahrhundert namentlich die Brüder Jakob und Johann Bernoulli, Leonh. Euler, d'Alembert, Lagrange u. a. verdient gemacht. Vgl. Schlömilch, Kompendium der höhern Analysis, Bd. 1 (5. Aufl., Braunschw. 1881); Derselbe, Handbuch der