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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Irland

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Irland (Geschichte: 17. und 18. Jahrhundert).

dens führten, der 29. Jan. 1649, also erst am Tag vor der Hinrichtung Karls I., publiziert wurde. Nach diesem Ereignis, das in I. allgemeinen Unwillen hervorrief, betrieb Ormond unter den katholischen Irländern die Anerkennung des Prinzen von Wales, Karls II., als König. Deshalb landete 15. Aug. 1649 der vom englischen Parlament zum Lord-Lieutenant ernannte Cromwell mit einem Heer von über 12,000 Mann an der irischen Küste und nahm schnell nacheinander Drogheda und Wexford mit Sturm. Da hier die ganze zahlreiche Besatzung von den Siegern niedergemacht wurde und das von wildem Fanatismus beseelte Heer Cromwells überhaupt mit äußerster Wut und Grausamkeit gegen die Aufständigen verfuhr, so verbreitete sich bald allgemeiner Schrecken in I.; viele der Insurgenten gaben die von ihnen besetzten festen Plätze ohne Schwertstreich auf und flüchteten sich in die Moräste. So ward binnen drei Vierteljahren der größte Teil der Insel von den Republikanern eingenommen. Cromwell verließ hierauf I., seinem Schwiegersohn Ireton die fernere Befestigung der republikanischen Herrschaft überlassend. Dieser ging ebenso radikal zu Werke wie Cromwell, und 26. Sept. 1652 konnte das englische Parlament die irische Rebellion für beendet erklären. Aber in den elf Jahren ihrer Dauer war mehr als eine halbe Million Menschen durch das Schwert, Krankheiten oder Hunger umgekommen. Nun wurde noch blutige Nachlese gehalten, zahlreiche Hinrichtungen, darunter auch die O'Neals, fanden statt, an hunderttausend Iren wurden verbannt oder wanderten freiwillig nach Amerika oder in europäische katholische Staaten aus; alle, welche am Aufstand mit bewaffneter Hand teilgenommen, wurden mit Konfiskation von zwei Dritteln ihrer Güter bestraft, aber sogar diejenigen, welche denselben nur nicht bekämpft hatten, verloren ein Drittel ihrere Besitzungen; 2000 Kinder sollen als Sklaven nach Jamaica verkauft worden sein. Was von Katholiken in I. verblieb, wurde größtenteils in die Provinzen Connaught und Clare verwiesen. Das ihnen entrissene Land wurde unter die Krieger des Parlaments und Abenteurer aller Art verteilt. So sollte die härteste und drückendste Herrschaft die Insel im Zaum halten, aber in der unterdrückten Bevölkerung glimmte das unauslöschliche Feuer des glühendsten Hasses gegen ihre Besieger fort.

Irland von der Revolution bis zur Union mit England (1649-1801).

Nach der Wiederherstellung der Königsherrschaft in England gestaltete sich die Lage der Irländer nicht viel günstiger. Denn wenn auch unter Karl II. für I. größere Toleranz in religiöser Hinsicht obwaltete, so konnten doch nur wenige irische Katholiken wieder zu ihren Gütern gelangen, die sich in den Händen der Protestanten befanden. Daher war den Irländern die katholische Reaktion, die mit der Regierung Jakobs. II. eintrat und 1687 zur Ernennung eines Katholiken, Richard Talbot, Grafen von Tyrconnell, zum Statthalter von I. führte, äußerst willkommen. Als nach der Vertreibung Jakobs ein französisches Heer von 5000 Mann in I. landete, ward es von den Katholiken mit offenen Armen aufgenommen. In kurzer Zeit konnte Jakob mit 38,000 Mann den englischen Truppen entgegentreten und ihnen einen festen Platz nach. dem andern wegnehmen. Nur Londonderry und Enniskillen blieben in der Gewalt der Engländer, ein irisches Parlament ward 7. Mai 1689 von Jakob eröffnet, ungefähr 2400 protestantische Grundbesitzer verloren ihre Güter an Katholiken, und eine neue Ära der Freiheit und Selbständigkeit schien für das lange unterdrückte Land zu beginnen. Doch dieselbe war nicht von langer Dauer. Wilhelm III. von Oranien, der neue König von England, sandte schon 1689 ein Heer unter Marschall Schomberg nach I., landete dann 14. Juni 1690 selbst auf der Insel, und die Siege am Boynefluß 1. Juli 1690 und bei Aghrim 12. Juli 1691, deren ersten der König selbst, deren zweiten General Ginkel über die Iren davontrug, vollendeten die Unterwerfung des Landes. Der letzte feste Platz der Katholiken, Limerick, kapitulierte 1. Okt. 1691, wobei den Irländern freie Religionsübung, wie sie unter Karl II. bestanden, zugesagt wurde. Mehr als 18,000 Iren von der Partei Jakobs gingen ins Ausland. Ein Beschluß des englischen Parlaments verfügte wieder eine Konfiskation von 1 Mill. Morgen irischen Landes, das an Protestanten verteilt wurde, und die von den letztern in den Städten gegründeten sogen. Orangistengesellschaften (Orangemen), welche dem neuen Königshaus als Stütze dienen sollten, bedrückten die Katholiken auf jede erdenkliche Weise. Es wurden besondere Strafgesetze (penal laws) gegen den Katholizismus erlassen; dieselben verfügten unter anderm die Verbannung der höhern katholischen Würdenträger, die Beschränkung der niedern Priester auf ihre Bezirke, das Verbot des katholischen Unterrichts und der öffentlichen Zeichen des Kultus, die Ausschließung der Katholiken von öffentlichen Ämtern, das Verbot gemischter Ehen zwischen Protestanten und Katholiken, die Entwaffnung aller katholischen Einwohner; ja, man erließ sogar Vorschriften, welche die Katholiken des Rechts beraubten, ihre Kinder im Land oder auswärts zu erziehen: alles dies unter schnödester Mißachtung der Kapitulation von Limerick. Zwar wurden diese Gesetze nicht von allen englischen Beamten mit Strenge gehandhabt; allein schon ihr Bestehen reichte hin, die bereits vorhandene Erbitterung zu steigern. Die Irländer hatten seit 1695 in ihrem Parlament die Zurücknahme der Poynings-Akte und damit ihre legislative Selbständigkeit gefordert. Allein durch einen Beschluß des britischen Parlaments von 1719 unter Georg I. wurde nicht nur jene Akte bestätigt, sondern auch 1727 den Katholiken bei Parlamentswahlen das Stimmrecht ganz entzogen. Das unterdrückte irische Volk, dem es an jedem Organ fehlte, seinen berechtigten Klagen Gehör zu verschaffen, suchte sich nun auf andre Weise Lust zu machen. Es entstanden die Verbindungen der Defenders (s. d.), welche sich über die ganze Insel verbreiteten und Lynchjustiz übten. Auch die White Boys ("weißen Burschen") tauchten schon um 1760 aus, so genannt von den Hemden, welche sie über ihre sonstigen Kleider zogen, wenn sie sich des Nachts zur Bestrafung übermütiger Beamten, Grundherren oder Pfarrer zusammenfanden. Eine andre ähnliche Verbindung waren die Hearts of oak ("Eichenherzen"), welche 1763 entstanden, als das Volk durch Straßenbaufronen bedrückt wurde.

Die Kunde von den Freiheitskämpfen in Amerika rief auch im irischen Volk. Bewegungen hervor und nötigte den Engländern einige Zugeständnisse ab, namentlich wurden die unmenschlichen Strafgesetze in einigen Punkten gemildert. Da Frankreich einen Einfall in I. zu machen drohte und das Land nur von wenigen Truppen besetzt war, so gebrauchten die Irländer diesen Umstand als Vorwand, ein Heer von irischen Freiwilligen zu bilden. Schon nach zwei Jahren war dasselbe auf 50,000 Mann angewachsen, und es wurden nun mit den Waffen in