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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Italien

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Italien (Viehzucht, Fischerei, Bergbau).

Weizen und Mais dagegen trotz ansehnlicher Produktion nicht hinreichend, so daß jährlich bedeutende Quantitäten von diesen Früchten importiert werden müssen (durchschnittlich 2 Mill. metr. Ztr. Weizen und 1,4 Mill. metr. Ztr. Mais). Die Produktion an Cerealien beziffert sich im Jahresdurchschnitt an Weizen mit 50,9, Mais 31,3, Roggen und Gerste 6,4, Hafer 6,7, Reis 11,3, ferner an Hülsenfrüchten 5,6 Mill. hl und an Kartoffeln 7 Mill. metr. Ztr. Der Weizenbau findet in allen Provinzen Italiens statt, am stärksten in den neapolitanischen, in Sizilien und der Lombardei, wo er den Konsum übersteigt. Für Mais und Reis ist das Pogebiet bei weitem am wichtigsten, ebenso für Kartoffeln. Von Industriepflanzen werden Hanf (960,000 metr. Ztr.) in den mittelitalienischen Provinzen östlich von den Apenninen, Flachs (235,000 metr. Ztr.) besonders in der Lombardei, Baumwolle (180,000 metr. Ztr.) in Süditalien und Tabak (45,000 metr. Ztr.) auf den Inseln und in einigen kontinentalen Provinzen gebaut. Die Kultur der südlichen Fruchtbäume spielt in I. eine größere Rolle als selbst in den übrigen Mittelmeerländern. Südlich vom 40. Breitengrad sind Orangen u. Limonen, deren Anbau in Sizilien und Kalabrien sich beständig ausdehnt, die wichtigsten, von da bis zum 44. Breitengrad ist der Ölbaum, der weiter südlich aber durchaus nicht fehlt, der charakteristische Baum, doch fängt man erst jetzt an, das Öl rationell zu behandeln und dadurch höhere Preise zu erzielen. Die Jahresproduktion an Olivenöl beläuft sich auf 3 Mill. hl, wovon sehr viel zur Ausfuhr kommt; die Agrumenernte beträgt 2600 Mill. Stück Früchte. Über ganz I. ausgedehnt ist der Weinbau, der aber auch erst in wenigen Gegenden, namentlich in Sizilien, so rationell betrieben wird, daß von den jährlich gewonnenen 22-28 Mill. hl Wein ein beträchtliches Quantum zur Ausfuhr gelangen kann. An Waldungen ist I. nicht so arm, wie man nach dem Pogebiet schließen möchte; die Apenninen sind noch reich an Wäldern von Edelkastanien, welche bei der Ernährung der Bevölkerung ins Gewicht fallen (496,000 Hektar Bepflanzung, Jahresertrag 5,8 Mill. metr. Ztr. Früchte), an Eichen, Buchen, Tannen und Kiefern; der niedrige, wild und kultiviert vorkommende Sumachbaum liefert große Mengen von Gerbstoff, auch geben die edlen Fruchtbäume wertvolles Tischlerholz. Die Korkeiche liefert ihre Rinde, die herrliche Pinie, namentlich in dem Wald von Ravenna, ihre Nüsse, die Zwergpalme Siziliens Fasern zu Flechtwerk jeder Art, die Esche in den südlichen Provinzen den im Sommer ausquellenden verdickten Saft, die Manna. Sehr reich an Wald ist namentlich auch die Insel Sardinien. Man rechnet 4,6 Mill. Hektar Wälder, die aber in ihrem Bestand wenig geschätzt werden, da von Forstwirtschaft in I. kaum die Rede sein kann. Auch an Wild sind die Wälder sehr arm, da die Jagd frei ist, was namentlich auch den Sing- und Zugvögeln Mitteleuropas verhängnisvoll wird, die zu Millionen beim Durchzug geschossen und gefangen werden.

Viehzucht und Fischerei.

Die Viehzucht steht in I. sehr tief, nur Ziegen gedeihen allenthalben; rationelle Rindviehzucht ist auf einzelne Gegenden der mittlern Po-Ebene beschränkt, wo auch die Käsegewinnung (Parmesankäse) von großer Bedeutung ist. Schafzucht wird allenthalben getrieben, bringt aber nur jährlich 10 Mill. kg mittelmäßige Wolle. Die Geflügelzucht liefert namentlich große Mengen von Eiern für den Export (für 37 Mill. Lire). Der Viehstand betrug nach der Erhebung vom Jahr 1881: 4,783,232 Rinder, 8,596,408 Schafe, 2,016,307 Ziegen, 674,246 Maultiere und Esel und 1,163,916 Schweine. Hierzu kommen (nach der Zählung vom Jahr 1876) 657,544 Pferde. Von nicht geringer Wichtigkeit ist die Seefischerei, welche ca. 14,000 Schiffe und Boote von 50,000 Ton. beschäftigt, sowie die Korallenfischerei, welcher 1884: 549 Schiffe mit 4276 T. Gehalt dienten. Die dabei beschäftigte Mannschaft belief sich auf ca. 40,000. Die Fischerei erstreckt sich bis an die französische und afrikanische Küste. Am bedeutendsten ist die Thunfischerei (näheres s. Fischerei, S. 311). Von großer Bedeutung ist auch die Lagunenfischerei, namentlich in den Lagunen von Comacchio. Die Korallenfischerei wird hauptsächlich von den Häfen von Torre del Greco und Mazzara aus an der sizilischen Küste betrieben. Aus der Verarbeitung der zur Ausfuhr gelangenden Korallen erwächst dem Land ein Gewinn von jährlich 25-60 Mill. Lire. Zur Schwammfischerei liefen 1884: 66 Schiffe mit 1167 T., hauptsächlich von Trapani nach der tunesischen Küste, aus.

Bergbau.

Schon daraus, daß I. ein Land jüngerer Entstehung ist, läßt sich auf eine gewisse Armut an Mineralschätzen, wie dieselbe in der That vorhanden ist, schließen. Nur wo der Boden aus älterm geschichteten, kristallinischen oder eruptiven Gestein besteht, in den Alpen, dem Ligurischen Apennin, dem Toscanischen Subapennin wie auf Elba und Sardinien, finden sich wertvolle Mineralien, zu denen noch im Tertiär Siziliens Schwefel u. Steinsalz kommen. Bedeutungsvoll für die Verwertung der Bergbauprodukte sowie für die Entwickelung der Industrie ist das fast gänzliche Fehlen von Stein- und Braunkohlen (1884 wurden nur 230,000 Ton. Braunkohle, größtenteils in Toscana, gefördert). Die Bergwerke sind vielfach in den Händen fremder, besonders englischer, Gesellschaften. Die Goldbergwerke von Piemont und die Silberbergwerke auf der Insel Sardinien (Iglesias) sind von mäßiger Bedeutung, ebenso die Quecksilberminen im südlichen Toscana und in der Provinz Belluno. Bedeutender ist die Gewinnung von Blei- und Zinkerzen auf Sardinien (Iglesias), erstere auch in der Lombardei und Toscana. Die Erze werden größtenteils exportiert; an Metall werden nur 10,000 T. Blei und Glätte produziert. Alt und höchst bedeutungsvoll ist der die trefflichsten Erze liefernde Eisenbergbau auf Elba und in den Provinzen Bergamo, Brescia, welcher ebenfalls hauptsächlich für den Export arbeitet. An Roheisen wurden 1884 nur 120,129 T. gewonnen, da es der einheimischen Verhüttung und Eisenindustrie, die wenig Fortschritte macht, an Brennmaterial fehlt. Ebenfalls von den Etruskern her datiert der Kupferbergbau in Toscana, welcher jährlich ca. 250,000 metr. Ztr. Erz und 4000 metr. Ztr. metallisches Kupfer liefert. Das wichtigste Objekt des italienischen Bergbaues ist der Schwefel, welcher auf der Insel Sizilien in sehr mächtigen Lagern auftritt, und dessen noch sehr primitive Gewinnung in 300 Gruben vielen Arbeitskräften einen allerdings dürftigen Erwerb bietet. Außer Sizilien, wo er insbesondere in den Provinzen Girgenti und Caltanissetta vorkommt, gibt es noch Schwefelminen in den Provinzen Forli, Pesaro-Urbino, Avellino und Rom. Die Schwefelproduktion betrug 1880 im ganzen 359,540 T., wovon 312,862 auf Sizilien entfallen und der größte Teil (1880: 287,149 T.) exportiert wird. Die Gewinnung von Steinsalz, an dem das innere Sizilien und Kalabrien sehr reich sind, ist unbedeutend (1880: 16,000 T.), da der Transport zu teuer ist und die Salinen an der Küste Siziliens,