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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Johann George - Johanna.

stigung der katholischen Religion bewogen, trat 1580 förmlich, aber insgeheim zu derselben über und ließ in ihr auch seinen Thronfolger Siegmund erziehen. Dadurch erlangte J. zwar dessen Wahl zum König von Polen 1587, fand aber im übrigen so große Schwierigkeiten, daß er aus Furcht, die Krone zu verlieren, seinem Bruder Karl, einem eifrigen Lutheraner, großen Anteil an der Regierung einräumen mußte. Auch gab er seit seiner zweiten Heirat mit der lutherisch gesinnten Gunnila Bielke (1585) die Absicht des öffentlichen Übertritts zur katholischen Kirche auf. Er begnügte sich, manche katholische Zeremonien in Schweden wieder einzuführen. J. starb 17. Nov. 1592.

Johann George, Chevalier de Saxe, natürlicher Sohn Augusts des Starken von Sachsen und Polen, von der zur Fürstin von Teschen erhobenen Fürstin Lubomirska, geb. 21. Aug. 1704, Malteserritter, trat in sächsische Dienste, befehligte im ersten und zweiten Schlesischen Krieg die sächsische Kavallerie, mußte wie das ganze sächsische Heer 15. Okt. 1756 am Lilienstein kapitulieren, leitete nach Beendigung des Siebenjährigen Kriegs die Reorganisation des sächsischen Heers und starb als der letzte sächsische Feldmarschall 25. Febr. 1774. Vgl. O-Byrn, J., Chevalier de Saxe (Dresd. 1776).

Johann von Brabant, Herzog, als Minnesänger bekannt, brachte durch den Sieg bei Woringen 1288 das Herzogtum Limburg an Brabant und starb 1294 an einer im Turnier empfangenen Wunde. Er galt für den besten Lanzenbrecher seiner Zeit und hatte an mehr als 70 großen Turnieren in Frankreich, Deutschland und England teilgenommen. Lieder von ihm sind in v. d. Hagens "Minnesängern" etc. abgedruckt.

Johann von Brienne (Jean de Brienne le Châtelet), geb. 1149, ward als Gemahl der Jolantha, Tochter König Amalrichs, nach dessen Tod (1205) König von Jerusalem, war aber ohnmächtig und führte seit 1229, wo Kaiser Friedrich II. sich die Krone von Jerusalem aufsetzte, bloß noch den Titel, wurde 1229 zum Kaiser des lateinischen Reichs in Konstantinopel erwählt, schlug 1235 die Bulgaren zurück und starb im März 1237, fast 90 Jahre alt.

Johann von Gott, s. Barmherzige Brüder.

Johann von Leiden (Jan van Leyden), eigentlich Jan Beuckelszoon oder Beuckels, geb. 1509, Schneider, dann Kaufmann und Schenkwirt zu Leiden, wo er sich als Mitglied der Rederijker- (Rhetoriker-) Zunft hervorthat, kam als Wanderprophet der Wiedertäufer mit Jan Matthys Anfang 1534 nach Münster und ward nach dessen Tod sein Nachfolger als Prophet. Schön, beredt und schwärmerisch, gewann er das Volk für sich, setzte gegen den Widerstand der Prediger die Einführung einer neuen Staats- und Sittenordnung durch, errichtete als Vorbereitung für die Herrschaft Christi selbst ein Königreich Zion, kündigte sich als den apokalyptischen König des neuen Israel an, führte die Vielweiberei und Gütergemeinschaft ein, schwelgte in Üppigkeit und königlicher Pracht und regierte mit grausamer Willkür. Sein Scharfrichter Knipperdolling war stets in seiner Begleitung; einer seiner Frauen schlug er selbst das Haupt ab. Er ward nach Eroberung der Stadt (24. Juni 1535) durch den Bischof gefangen genommen und 22. Jan. 1536 grausam hingerichtet. Vgl. Wiedertäufer.

Johann von Nepomuk, s. Nepomuk.

Johann von Salisbury (spr. ssahlsböri, Johannes Saresberiensis), engl. Geschichtschreiber des Mittelalters, geboren um 1110 zu Salisbury, studierte in Paris und Chartres unter Abälard und Bernhard von Clairvaux und besuchte im Auftrag König Heinrichs II. Italien, wo er mit Papst Hadrian IV. Freundschaft schloß. Nach seiner Rückkehr nach England wurde er Freund und Ratgeber Thomas Beckets, flüchtete vor dem Zorn des ihm früher wohlgeneigten Königs Heinrich II. nach Frankreich und kehrte erst 1170 mit Becket zurück, um nach dessen baldiger Ermordung von neuem in die Verbannung zu gehen. König Ludwig von Frankreich ernannte ihn 1176 zum Bischof von Chartres; er starb 1180. J. war ein liebenswürdiger, fein gebildeter Prälat, kenntnisreich und aufgeklärt, als Philosoph und Theolog, als Jurist und Historiker von den Zeitgenossen gleich sehr gefeiert. Sein "Metalogicus", in dem er den toten Formalismus der Scholastik scharf rügt, und sein "Polycraticus", eine kirchlich-politische Ethik, bezeugen seine auf dem Studium des klassischen Altertums begründete hohe Geistesbildung. Sein "Leben des Thomas Becket" und namentlich seine in reinem Stil geschriebenen Briefe sind eine wichtige Quelle für die Geschichte seiner Zeit. Auch die neuerdings aufgefundene "Historia pontificalis" (hrsg. von W. Arndt in "Monumenta Germaniae historica", Bd. 20), eine Geschichte Papst Eugens III. bis 1152, 1162 abgefaßt, wird ihm von Giesebrecht zugeschrieben. Seine Werke sind herausgegeben von Giles (Oxf. 1847-1848, 5 Bde.). Vgl. Reuter, J. (Berl. 1842); Schaarschmidt, Joh. Saresberiensis nach Leben und Studien, Schriften und Philosophie (Leipz. 1862).

Johann von Soest, Dichter, geb. 1448 zu Unna in Westfalen, hieß eigentlich Johann Grumelkut, nannte sich aber nach der Stadt Soest, wo er seine Jugend verbracht hatte. 1471 wurde er Singmeister am kurfürstlichen Hof in Heidelberg. Später praktizierte er als Arzt; er starb 1506 in Frankfurt a. M. Außer kleinern Sachen und einer in Reimen abgefaßten Autobiographie besitzen wir von ihm eine Bearbeitung des niederländischen, von Heinrich van Aken verfaßten poetischen Romans "Die Kinder von Limburg", die er für den Kurfürsten Philipp von der Pfalz wahrscheinlich 1470 verfaßte.

Johann von Viktring (Johannes Victoriensis), mittelalterlicher Geschichtschreiber, Abt des Cistercienserklosters Viktring bei Klagenfurt 1307-47, vertrauter Kaplan des Herzogs Heinrich von Kärnten und der Tochter desselben, Margarete Maultasch, dann des Herzogs Albrecht II. von Österreich, verfaßte 1341-47 eine wertvolle Chronik in 6 Büchern: "Liber certarum historiarum", welche die Zeit von 1217 bis 1343 auf Grund originaler Quellen und in einer wohlüberlegten Anordnung sowie ziemlich guten Sprache behandelt; denn J. war wohlunterrichtet und namentlich in der klassischen Litteratur sehr belesen. Herausgegeben ist es in Böhmers "Fontes rerum germanicarum", Bd. 1. Vgl. Fournier, Abt J. (Berl. 1875); Mahrenholtz, J. als Historiker ("Forschungen zur deutschen Geschichte", Bd. 13); Derselbe, Zur Kritik von J. von Victrings Liber certarum historiarum (Halle 1878).

Johanna, eine der Comoroinseln (s. d.).

Johanna, 1) Königin von Frankreich, Erbtochter Heinrichs I. von Navarra, geb. 1270, ward, in früher Jugend mit ihrer Mutter Blanka von Artois wegen Parteibewegungen aus Navarra geflohen, am Hofe Philipps III. von Frankreich erzogen und vermählte sich 1284 mit dessen Sohn Philipp IV. (dem Schönen), wodurch Navarra mit Frankreich vereinigt wurde. Als 1297 Graf Heinrich III. von Bar, während ihr Gemahl gegen Flandern zog, ihr