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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Jonzac; Joppe; Joram; Jorat; Jörd; Jordaens

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Jonzac - Jordaens.

all seinen harmlosen Volkslustbarkeiten vor uns entrollt, denen der fanatische Puritaner, zumal in Gestalt des "Rabbi Landes-Eifer", den Untergang geschworen hat, und bei aller Breite und vielen ordinären Zügen zeigt das lebenswahre Volksstück den Dichter als treuen Beobachter und wuchtigen Kämpfer gegen die Puritaner. Dieser Kampf tritt im "Jahrmarkt" ungleich gestalt- und gehaltvoller hervor als in dem leblosen "Alchemist" (1610), weicht aber bei der zunehmenden Aussichtslosigkeit dieser Bestrebungen allmählich einer elegischen Resignation, die in "The sad shepherd" ihren Ausdruck findet: J. sieht hier die Schließung der Theater durch die Puritaner mit voller Deutlichkeit voraus. War aber J. im ganzen nur wenig vom Beifall des Publikums begünstigt, das er deswegen als "ungelehrt und possenergeben" verspottet, so gewann er anderseits und mit vollem Rechte den Beifall des Hofs durch seine unter dem Namen der "Masques" bekannten, zum Teil allegorischen Gelegenheitsgedichte. Gerade hier zeigt sich J. von seiner anmutigsten Seite; sein lyrisches Talent, das in frühern Werken nur gelegentlich durchblitzt, gelangt hier zur vollsten Entfaltung. Allerdings geht die Schmeichelei gegen König Karl I., der den Jahrgehalt des bereits von König Jakob zum Hofpoeten ernannten Dichters auf 100 Pfd. Sterl. erhöht hatte, bis ins Maßlose, zumal in der Maske "Verwandelte Zigeuner", die aber gleichwohl als ein ebenso kunstreiches wie treues Spiegelbild vom Hof der absoluten Stuarts betrachtet werden muß. J. starb 16. Aug. 1637 in dürftigen Verhältnissen. Sein Grabstein in Westminster Abbey trägt die Inschrift: "O rare Ben J." Gute Ausgaben seiner Werke besorgten W. Gifford (Lond. 1816, 9 Bde., mit Noten und Biographie; neue Ausg. 1872, 3 Bde., und 1875, 9 Bde.), Barry Cornwall (das. 1838, neue Aufl. 1853), Cunningham (1870, 3 Bde.). Vgl. "Notes of B. Jonson's conversation With W. Drummond" (Lond. 1842); Graf Baudissin, Ben J. und seine Schule (Leipz. 1836, 2 Bde., mit der Übersetzung einiger Stücke); Mézières, Contemporains et successeurs de Shakespeare (2. Ausg., Par. 1864), worin besonders die kulturhistorische Bedeutung des Dichters berücksichtigt ist, und Symonds, Ben J. (Lond. 1886).

Jonzac (spr. schongsack), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Niedercharente, an der Seugne und der Eisenbahn von Nantes nach Bordeaux, hat eine romanische Kirche, einen Schloßturm, (1881) 2392 Einw., Branntweinbrennerei und Handel mit Wein, Branntwein und Geflügel.

Joppe, alter Name der Stadt Jafa (s. d.).

Joram (hebr. Jehoram), 1) König von Israel (851-843 v. Chr.), zweiter Sohn Ahabs, folgte seinem Bruder Ahasja auf dem Thron, schaffte den Baalskult wieder ab und stellte den Bilderdienst Jehovahs wieder her. Ein im Bund mit Juda unternommener Krieg gegen die Moabiter schlug fehl, da deren König seinen Sohn opferte. Der König Ben Hadad von Damaskus fiel darauf in Israel ein und bedrängte Samaria aufs äußerste, bis er durch einen feindlichen Angriff auf sein Land zum Rückzug gezwungen wurde. In einem Rachefeldzug gegen Damaskus ward J. gefährlich verwundet und bald darauf durch seinen bisherigen Feldherrn Jehu, den Elisa heimlich zum König von Israel gesalbt hatte, zu Jesreel ermordet. Derselbe Usurpator räumte auch alle übrigen Glieder der Familie Ahabs aus dem Weg.

2) König von Juda, Sohn und Nachfolger des Josaphat (848-844 v. Chr.), ward durch seine Gemahlin Athalia, Tochter des israelitischen Königs Ahab und der berüchtigten Isebel, zur Begünstigung des Götzendienstes verleitet. Dabei waren die äußern Schicksale des Staats keine glücklichen: die Edomiter machten sich unabhängig, die Grenzstadt Libna fiel ab, und arabische Hirtenvölker überfielen Jerusalem und entführten die Söhne und Weiber des Königs, welcher an einer Unterleibskrankheit starb.

Jorat (spr. schorá, deutsch Jurten), eine der Hügelmassen der schweizer. Hochebene (928 m), bildet ein nach N. allmählich abgedachtes Plateau, während der Südrand in steilen Hängen zum Genfer See abfällt. Diese Halden sind bis hoch hinauf mit Weinbergen bepflanzt und bilden das Uferland La Vaux. Über das Plateau führt die Bahnlinie Lausanne-Oron-Freiburg mit einer Steigung bis zu 27 pro Mille.

Jörd, in der nordischen Mythologie die Gottheit der mütterlichen Erde, Tochter der Riesin Fiorgyn und erste Gattin Odins, der mit ihr den gewaltigen Thor zeugte.

Jordaens (spr. jórdans), Jacob, niederländ. Maler, geb. 19. Mai 1593 zu Antwerpen, lernte seit 1607 bei seinem spätern Schwiegervater A. van Noort und wurde 1615 als Meister in die Lukasgilde zu Antwerpen aufgenommen. Nächst Rubens war J. der bedeutendste Maler Antwerpens und wurde nach dem Tode des erstern auch ausdrücklich als solcher anerkannt. Wenn er auch im Kolorit und hinsichtlich der Wahl der Stoffe manche Einflüsse von Rubens empfangen hat, bewahrte er doch getreuer als jener die national-vlämische Eigenart, welche sich vornehmlich in einer breitern, oft bis zur Übertreibung und Verzerrung gesteigerten Formenbehandlung und in einem derben, ausgelassenen Humor äußert. Sein Stil ist durch italienische Muster nicht geläutert worden, und deshalb sind seine religiösen Bilder durch ihre gemeine Auffassung den Rubensschen Schöpfungen weit unterlegen. Seine Stärke liegt in humoristischen Darstellungen aus dem Volksleben, namentlich von Familienfesten und Gelagen, welche für die ungebändigte Lustigkeit des vlämischen Volkes charakteristisch sind. Diese letztern lassen sich in zwei Gruppen teilen, deren eine das Bohnenkönigsfest am Dreikönigstag darstellt, während die andre eine realistische Versinnlichung des Sprichwortes: "Wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen" in figurenreichen Szenen bildet. Solche Darstellungen findet man in den Galerien zu Paris (Louvre), Wien (Belvedere), Kassel, Braunschweig, Antwerpen (Baron de Pret), Berlin, München und Dresden. Von seinen religiösen Gemälden sind hervorzuheben: das letzte Abendmahl (Museum zu Antwerpen), Martyrium der heil. Apollonia (Antwerpen, Augustinerkirche), der heil. Karl Borromeus für die Pestkranken betend (ebendaselbst, Jakobskirche), der heil. Martin einen Besessenen heilend (Brüssel, Museum), die Opferung im Tempel (Dresden) und die Anbetung der Hirten (Antwerpen, Braunschweig, Frankfurt a. M.). J. hat auch zahlreiche mythologische Bilder gemalt, namentlich Bacchanalien, Satyrn, Diana und ihre Nymphen, den Satyr und den Bauer (nach der Fabel Lafontaines) und eine Anzahl trefflicher Porträte. In dem Huis ten Bosch ("Schloß im Busch") bei dem Haag malte J. zwei große Allegorien: den Tod, der den Neid besiegt, und den Triumph Friedrich Heinrichs von Oranien über Feinde aller Art. J. starb 18. Okt. 1678 in Antwerpen, mußte aber, weil er Calvinist war, in dem dicht an der Grenze gelegenen holländischen Dorf Putte begraben werden, wo ihm 1877 ein Denkmal errichtet wurde.