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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Jüdische Religion; Judith; Judiz; Juel; Jufteln; Juften

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Jüdische Religion - Juften.

Nöldeke, P. Lagarde, Fleischer u. a.) beweisen. Die bedeutenden Sammlungen hebräischer Bücher, welche der Rabbiner David Oppenheim (s. oben) in Prag und der Hamburger Kaufmann H. Michael (gest. 1846) zusammengebracht hatten, befinden sich jetzt zu Oxford. Der Katalog der Oxforder Druckwerke ist von Steinschneider, derjenige der dortigen Handschriften von Neubauer herausgegeben. Auch Paris, Parma, Rom, London, Cambridge, Leiden, München, Berlin, Hamburg u. a. O. besitzen reiche Schätze rabbinischer Bücher, die bereits wissenschaftlich katalogisiert sind. Die erste vollständige Übersicht über die Geschichte der jüdischen Litteratur gibt Steinschneider in Ersch und Grubers Encyklopädie, Bd. 27 (Leipz. 1850), die auch ins Englische ("History of Jewish literature", Lond. 1858) übersetzt wurde. Vgl. außer den Schriften von Zunz (s. d.) und Grätz (s. d.) besonders: D. Cassel, Geschichte der jüdischen Litteratur (Berl. 1872-73, die biblische Litteratur enthaltend); Derselbe, Lehrbuch der jüdischen Geschichte und Litteratur (Leipz. 1879); Karpeles, Geschichte der jüdischen Litteratur (Berl. 1886).

Jüdische Religion, s. v. w. Judentum.

Judith, 1) jüd. Heldin, Witwe eines gewissen Manasse in Bethulia, rettete ihre von Holofernes, dem Feldherrn des Königs Nebukadnezar, belagerte (sonst unbekannte) Vaterstadt, indem sie ins feindliche Lager ging, den Feldherrn durch ihre Schönheit bethörte und ihm, als er trunken gemacht und eingeschlafen war, den Kopf abhieb, worauf die Einwohner das feindliche Heer in die Flucht schlugen. Diese Begebenheit macht den Inhalt des apokryphischen Buches J. aus, fraglos einer Fiktion mit teils politisch-nationalem, teils moralisch-asketischem Zweck. Bezüglich der Abfassungszeit des Buches J. schwanken die Kritiker zwischen der Makkabäischen Zeit und der Zeit des zweiten jüdischen Kriegs unter Hadrian. Vgl. Fritzsche, Das Buch J. (Leipz. 1853); Volkmar, Handbuch der Einleitung in die Apokryphen (Tübing. 1863). Die That der J. ist oft zum Gegenstand künstlerischer Darstellung gemacht worden, z. B. Erzgruppe von Donatello in der Loggia dei Lanzi zu Florenz; Bilder von Luk. Cranach, Horace Vernet, Riedel etc.); auch dichterisch, besonders in dramatischer Form, wurde sie häufig behandelt, z. B. von Hans Sachs (1551), Martin Opitz (1635), Friedr. Hebbel (1840) u. a.

2) Gemahlin Kaiser Ludwigs des Frommen, Tochter des bayrischen Grafen Welf, ward 819, vier Monate nach dem Tod von Ludwigs erster Gemahlin, Irmengard, mit dem Kaiser vermählt und gebar ihm 823 Karl den Kahlen. Schön und gebildet, erlangte sie bald eine völlige Herrschaft über ihren Gemahl und erregte dadurch den Neid und den Argwohn ihrer Stiefsöhne, welche sie des Ehebruchs mit ihrem Günstling, dem Markgrafen Bernhard von Barcelona, beschuldigten und den Kaiser 830 zwangen, J. in ein Kloster zu schicken. Bald wieder befreit, rief sie durch ihren Übermut und die parteiische Bevorzugung ihres Sohns Karl 832 einen neuen Aufstand der Söhne hervor und wurde nach dem Verrat der letztern auf dem Lügenfeld bei Thann im Elsaß 833 nach Tortona in Italien in Gewahrsam gebracht, von wo sie 834 nach ihres Gemahls Wiedereinsetzung nach Aachen zurückkehrte. Durch vorsichtige Mäßigung behauptete sie sich nun auf dem Thron und starb drei Jahre nach Ludwig dem Frommen, 19. April 843, in Tours.

3) Tochter des Herzogs Arnulf von Bayern, eine Frau von seltener Schönheit und großem Verstand, wurde 937 mit Ottos I. Bruder Heinrich vermählt, der 948 auch Bayern erhielt, und führte nach ihres Gemahls Tod 955 für ihren unmündigen Sohn Heinrich den Zänker die vormundschaftliche Regierung mit solchem Geschick, daß sie dem Herzogtum eine mächtige und einflußreiche Stellung verschaffte. Als die Empörung ihres Sohns Heinrich gegen Kaiser Otto II. 974 mißlang, nahm sie den Schleier im Marienkloster zu Regensburg, wo sie starb. Die Herzogin Hadwig von Schwaben, die Freundin Ekkehards, war ihre Tochter.

Judiz (lat. judicium), Urteil, Urteilsvermögen; Urteilsspruch, Gericht; judizial, gerichtlich; judiziär, auf das Gericht bezüglich, von der Beurteilung abhängig; judizieren, urteilen, aburteilen; judiziös, urteilsfähig, scharfsinnig, sinnreich.

Juel (spr. juhl), 1) Niels, dän. Seeheld, geb. 8. Mai 1629 zu Kopenhagen, begab sich, nachdem er studiert hatte, nach Frankreich und Holland, um das Seewesen kennen zu lernen, kämpfte unter Tromp und de Ruyter gegen die Engländer und die Barbaresken, trat 1656 in den dänischen Marinedienst, zeichnete sich 1659-60 im Kriege gegen Schweden aus, eroberte als Admiral der dänischen Flotte 1676 Gotland, besiegte die Schweden in mehreren Seetreffen und errang namentlich 1. Juli 1677 den glänzenden Sieg in der Kjögebucht. Er starb 8. April 1697.

2) Jens, dän. Maler, geb. 1745 im Dorf Gamborg auf Fünen, ward Schüler Germans in Hamburg, dann der Akademie zu Kopenhagen, wo er, nachdem er zu seiner weitern künstlerischen Ausbildung sechs Jahre in Italien und der Schweiz zugebracht, Hofmaler, Mitglied, dann Professor und zuletzt Direktor der Akademie wurde und 1802 starb. Er malte charakteristisch aufgefaßte und angenehm kolorierte Porträte, unter denen die halblebensgroßen Kniestücke des Kupferstechers Clemens, Klopstocks und Christians VII. von Dänemark hervorzuheben sind, ferner zierliche Landschaften und Genrebilder.

Jufteln, s. Wein.

Juften (russ., fälschlich Juchten), lohgares Leder, welches früher ausschließlich in Rußland dargestellt wurde und sich durch Stärke, Geschmeidigkeit, einen eigentümlichen Geruch, durch die Eigenschaft, von den Insekten nicht angegriffen zu werden und dem Wasser einen großen Widerstand zu bieten, auszeichnet. Man stellt es aus guten Häuten von jungem Rindvieh dar, welche enthaart, gereinigt, in einem Sauerbad geschwellt und mit Weiden- oder Pappelrinde gegerbt werden. Nach dem Gerben legt man die Häute, um sie geschmeidiger zu machen, zwei Tage in einen Brei aus Roggenmehl, Salz und lauem Wasser, wäscht sie dann und trocknet. Die besten Häute werden zu weißem J. bestimmt und nur noch auf der Narbenseite mit Birkenteeröl oder Seehundsthran eingerieben und dann getrocknet, die übrigen werden rot oder schwarz gefärbt und dann ebenfalls eingefettet. Teerleder erhält doppelt so viel Fett wie der übrige J. Nach dem Trocknen wird das Leder gewalkt, gefalzt, gekrispelt und auf der Narbenseite nochmals mit Seehundsthran und Talg eingerieben. Je nach der Verwendung wird das J. schließlich geglättet oder chagriniert. Das weiße Leder dient zu Armeezwecken, rotes namentlich zu Portefeuille arbeiten, schwarzes zu Pferdegeschirren und Schuhwerk. Den Geruch verdankt das J. dem Birkenteeröl. Stiefel aus J. müssen fleißig mit Thran bestrichen werden. Das beste J. kommt aus der Gegend von Nowgorod und aus Südrußland, aber auch außerhalb Rußlands wird die Ware in vortrefflicher Qualität hergestellt, und häufig wird gewöhnliches rotes Leder parfümiert, so daß es wie J. riecht.