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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kachektik; Kacheln

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Kachektik - Kacheln.

1867) herausgab. Unter den verschiedenen Stämmen der K. existiert eine Art von traditionellem Bündnis (Solf), welches in Fällen großer gemeinschaftlicher Gefahr ins Leben tritt. Ihre Verfassung ist rein demokratisch. Jeder Stamm (Artsch) teilt sich in so viel Bezirke (Charuba), wie er Thäler oder Berge besetzt hält; der Amine ist der Anführer im Krieg, der Richter im Frieden. Die wahre und permanente Macht ruht in der Sawia oder kirchlichen Gemeinde, die von Marabuts gebildet wird. Die Gesetzgebung geht von der Dschemma oder allgemeinen Versammlung des Ortes aus, in der jeder zu erscheinen berechtigt ist, der sich im Besitz einer Flinte befindet. Die Steuern, welche die Sawia erhebt, dienen dazu, die Armen zu ernähren, Mittel der Gastfreundschaft für Reisende zu gewähren und den den Marabuts übergebenen Kindern Unterhalt zu verschaffen. In jeder Sawia befinden sich eine Moschee oder Kubba (Kapelle), die sich über dem Grab eines heiligen Marabut erhebt, ein wissenschaftlichen Studien gewidmetes Lokal und Wohnungen für Schüler und Gelehrte, Bettler und Reisende. Das von den K. bewohnte Land (Kabylien) zerfällt in Großkabylien, das in Dreiecksgestalt zwischen den Küstenplätzen Dellis und Dschidschelli und dem Setif im S. sich ausdehnt, und in Kleinkabylien, das östlich an das vorige grenzt und von Dschidschelli bis Philippeville reicht. Vgl. Hanoteau und Letourneur, La Kabylie et les coutumes kabyles (Algier 1873, 3 Bde.); Farine, Kabyles et Kroumirs (Par. 1881).

Kachektik, s. Kachexie.

Kacheln, vierkantige glasierte Platten aus gebranntem Thon, aus welchen die Kachelöfen (s. Zimmeröfen) zusammengesetzt werden. Jede Kachel besteht aus dem Blatt und einem aufstehenden Rande, der Zarge. Man bildet die K., indem man aus einem Thonklotz von genügender Größe mit Hilfe eines Drahts Platten schneidet, die Zarge auf der Scheibe als kreisrunden Ring dreht, dann ins Viereck biegt und auf die Platte klebt. Besser und schneller werden die K. aber im ganzen aus dicken Thonplatten gepreßt, wobei die flache Außenseite der K. durch eine ebene Preßplatte, die innere Vertiefung durch einen entsprechend gestalteten Preßkern oder Stempel und die Aushöhlung der äußern Randfläche durch einen am Scharnier zu öffnenden Rahmen gebildet wird. Die Ränder der K. geben denselben mehr Festigkeit beim Aufstellen und gestatten, daß die Öfen inwendig stark mit Lehm überzogen werden können. Die gebrannten K. werden bisweilen auf einer eisernen Platte mit Sand abgeschliffen und dann glasiert. Die weiße Glasur besteht aus Mennige, Zinnasche, Quarzsand, Thon, kohlensaurem Kalk, kohlensaurer Magnesia und Soda. K. zur Herstellung von Kachelöfen wurden schon im 9. Jahrh. gefertigt, um welche Zeit sich bereits in St. Gallen Kachelöfen befanden. Seit dem 13. und 14. Jahrh. wurden letztere überall in Mittel- und Süddeutschland, besonders in Nürnberg und der Schweiz, fabriziert. Die ältesten, mit figürlichen, ornamentalen und Wappenreliefs verzierten Ofenkacheln aus gebranntem und glasiertem Thon gehören der gotischen Zeit, dem 14. und 15. Jahrh., an. Heilige und profane Figuren, Darstellungen aus der heiligen Geschichte, Wappen und Allegorien bildeten schon frühzeitig den Schmuck der Ofenkacheln (s. Tafel "Keramik", Fig. 1 u. 16), der sich im Lauf der Renaissance zu einem den ganzen Ofen überziehenden Bildercyklus erweiterte. Schon die Gotik hatte dem Kachelofen durch Scheidung in Auf- und Untersatz mit Gesims und Fuß eine architektonische Gliederung gegeben, welche von der Renaissance nach antiken Architekturformen noch reicher ausgebildet wurde. In der Keramik des 16. und 17. Jahrh. spielte der Kachelofen eine hervorragende Rolle. Süddeutschland und die Schweiz waren die Fabrikationsorte glasierter Kachelöfen, die, oft durch Seiten- und Hintersitze erweitert, ein Hauptstück der Zimmerausstattung bildeten und von oben bis unten mit Figuren, Reliefs, Sprüchen und allerlei Zierat versehen wurden. Reich an solchen Öfen sind das Germanische Museum und die Burg in Nürnberg, die Burg Traus-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 1. Kachelofen von Adam Vogt (Rathaus in Augsburg).]

^[Abb.: Fig. 2. Gemalter Fayenceofen (Zürich).]